Die Sicherheit hat für die Forstleute erste Priorität. Trotzdem können Unfälle geschehen. Was ist dann zu tun? Im Staatswald Kyburg wurde während einer Übung das Notfallszenario mit Rettungssanitätern und der Rega geprobt.
Der Forstwartlehrling Severin Merletti aus Effretikon liegt auf dem feuchtkalten Waldboden. Sein rechtsseitig eingedrückter Helm liegt daneben, ein Holzstück über ihm. Er hat eine Buche während seiner Holzhauerei-Arbeit falsch eingeschätzt. Sie hat während des Falls weitere Bäume umgerissen. Der Stamm spaltete sich dabei, ein Holzstück löste sich und prallte mit voller Wucht gegen Severins Helm. Ein tragischer Unfall, der während der Holzhauerei-Saison geschehen kann.
Wichtige Zusammenarbeit
Zum Glück ist dieser Unfall nur gestellt und gehört zu einer Rettungsübung. Das Forstteam des Staatswaldes Kyburg, die Höhere Fachschule für Rettungsberufe von Schutz & Rettung Zürich und die Rega haben gemeinsam die Aktion lanciert. «Es ist für uns sehr wertvoll, mit den Rettungsdiensten solche Übung durchzuführen. Denn im Notfall sind diese Erfahrungen für uns alle lebensrettend», erklärt Christian Zollinger, Sicherheitsfachmann EKAS und Sicherheitsbeauftragter des Staatswaldes des Kanton Zürichs. Der 19-jährige Severin ist nach dem Aufprall des Holzstückes in Ohnmacht gefallen.
Ruhe bewahren
Thomas Meier, sein Ausbildner, überblickt zuerst den Unfallort und stellt sicher, dass er sich selber nicht in Gefahr durch herunterfallende Äste begibt. Er spricht seinen Lehrling an und bringt den Verletzten als Erste-Hilfe-Massnahme in die Seitenlage. Danach wählt er auf seinem Telefon ruhig und überlegt die Nummer 1414, die Einsatzzentrale der Rega. Während des Telefonates hat er die Notfallkarte zur Hand, welche das Forstpersonal auf sich tragen muss und worauf vom Betriebsleiter die nützlichen Koordinaten des Arbeitsplatzes notiert sind. «Bei schweren Unfällen rufen oder funken wir direkt die Rega an.
Können diese aus Gründen wie zum Beispiel Nebel nicht fliegen, wird von ihnen die bodengebundene Rettung 144 aufgeboten», erklärt der Spezialist Zollinger. Da es sich in diesem Fall um eine Übung handelt, treffen zuerst drei Rettungssanitäter ein. Sie sind noch in der Ausbildung an der Höheren Fachschule für Rettungsberufe und absolvieren im Februar ihre Abschlussprüfung als dipl. Rettungssanitäter/-in HF.
Schonender Transport
Für die Studenten ist der Unfall von Severin eine gute Möglichkeit ihr Können im rutschigen, steilen Waldgebiet zu überprüfen. Der Winterthurer Fabian Widmer übernimmt den Lead bei der Betreuung des Verunfallten. Schnell ist ihm klar, dass aufgrund der diagnostizierten Verletzung und des unzugänglichen Geländes die Luftrettung aufgeboten werde muss. «Der Lehrling hat ein Schädel-Hirn-Trauma. und es ist wichtig, dass er so schnell wie möglich ins Spital transportiert werden kann. Mit unserem Rettungsfahrzeug gelangen wir nicht an die Unfallstelle», erklärt der 25-jährige angehende Rettungssanitäter.
Die Dreier-Gruppe kümmert sich routiniert und mit ruhigen Bewegungen um den Verletzten. Der Kopf des jungen Forstmannes wird festgehalten. «Es ist sehr wichtig, dass er nicht erbricht und die Atemwege freigehalten werden.» Das typische Knattern des Helikopters ist schon bald zu hören. Zielstrebig nähert sich das rote Flugobjekt der Unfallstelle. Der Notfall-Arzt segelt an der Rettungswinde zwischen den Bäumen zu Boden. Gemeinsam mit den Rettungssanitätern bereitet er Severin für den Abtransport vor. Sorgfältig wird der junge Forstmann auf eine Bahre gelegt und festgeschnallt. Auf die Anforderung des Notarztes kommt der Heli an den Unfall-Ort zurückgeflogen. Das Seil wird heruntergelassen, alles ist bereit für den Abtransport.
Lehrreiches Miteinander
Severin Merletti wird aber von der Bahre weggebunden und von den Schläuchen befreit. Eine mit Sand gefüllte 80 Kilogramm schwere Puppe fliegt an seiner Stelle mit dem Notarzt davon. «Schade, ich wäre gerne mitgeflogen», meint der Forstwart-Lehrling. Ihm hat das Szenario trotzdem gut gefallen.
Sicherheit
Die Holzernte darf nie alleine ausgeführt werden. Christian Zollinger, Sicherheitsbeauftragter des Staatswaldes des Kantons Zürich, informiert und berät Landwirte und Privatpersonen. Im Privatwald ereignen sich drei- bis viermal mehr Todesfälle als in öffentlichen Forstbetrieben. «Für die Häufung der Unfälle in Privatwäldern ist unter anderem die geringe Mechanisierung, ungenügende Ausrüstung und fehlende Ausbildung verantwortlich», erklärt der Fachmann. Zur persönlichen Schutzausrüstung bei der Arbeit mit Motorsägen (gemäss Suva) gehören Helm, Gehör- und Gesichtsschutz, signalfarbene Arbeitsbluse, Arbeitshandschuhe, Schnittschutzhosen und stabiles Schuhwerk. Führen Missachtungen von Sicherheitsregeln zu einem Unfall, kann es zu Kürzungen von Versicherungsleistungen kommen, z.B. wegen Grobfahrlässigkeit.
Mehr Infos unter www.holzerkurse.ch oder www.wald.kanton.zh.ch.