/fileadmin/images/logo.svg

Artikel werden durchsucht.

Ein trügerischer Entscheid

Nach der Nationalrats- kommission hat sich auch die Ständeratskommission dafür ausgesprochen, Lebensmittel wieder aus dem Cassis-de- Dijon-Prinzip (CdD) auszunehmen. Doch die gleiche Mehrheit hofft auf Verwässerung.

Samuel Krähenbühl |

 

 

Nach der Nationalrats- kommission hat sich auch die Ständeratskommission dafür ausgesprochen, Lebensmittel wieder aus dem Cassis-de- Dijon-Prinzip (CdD) auszunehmen. Doch die gleiche Mehrheit hofft auf Verwässerung.

Wässriger Schinken, mit Stärke versetzter Reibkäse, Vollrahm mit wenig Rahm, Fruchtsirup fast ohne Früchte: Die Liste von qualitativ minderwertigen Lebensmitteln, die nach dem einseitigen CdD-Prinzip aus der EU importiert oder hierzulande produziert werden, wird länger und länger. Deshalb verlangt Jacques Bourgeois, Nationalrat (FDP, FR) und Direktor des Schweizerischen Bauernverbandes, in einer parlamentarischen Initiative die Abschaffung des CdD-Prinzips für Lebensmittel.

WAK-S sagt «Ja, aber...»

Die Wirtschaftskommission des Ständerates (WAK-S) nahm am Freitag mit 6  zu 5 Stimmen die Initiative an, welcher die WAK des Nationalrat (WAK-N) bereits zugestimmt hatte.

Doch der Entscheid ist gemäss Medienmitteilung widersprüchlich: «Die Kommissionsmehrheit wies darauf hin, dass die Initiative nicht in dieser Form umgesetzt werden kann.» Warum stimmt aber eine Mehrheit der Initiative zu, wenn gleichzeitig eine Mehrheit die Initiative gar nicht umsetzen will?  WAK-S-Präsident Konrad Graber (CVP, LU) sagt, dass er selber der Initiative zugestimmt  habe, weil  grundsätzlich Handlungsbedarf bestehe.

Doch er und eine Mehrheit der WAK-S seien gegen eine Eins-zu-eins-Umsetzung. Diese würde nämlich bedeuten, dass die Lebensmittel total aus dem CdD ausgenommen würden. «Eine parlamentarische Initiative bedeutet, dass das Geschäft im Parlament ist. Stattgeben heisst demnach nur, dass die parlamentarische Arbeit in der WAK aufgenommen wird», meint Graber dazu. Die WAK-S gebe  die Initiative in die WAK-N zurück mit dem Signal, dass es im Ständerat keine vorbehaltlose Zustimmung  geben werde.

«Lösungsweg nicht ideal»

«Die Debatte zeigte, dass die Initiative ein berechtigtes Anliegen aufgreift, dass aber der Lösungsweg nicht der ideale ist», meint auch WAK-Vizepräsident Roberto Zanetti (SP, SO). Er habe gegen die Initiative gestimmt: «Das CdD-Prinzip ist ein Zeichen gegen die Hochpreisinsel Schweiz und kein Widerspruch zur Qualitätsstrategie.»

Ständerat Hannes Germann (SVP, SH) sieht das anders: «Ich habe aus Überzeugung für die Abschaffung des CdD-Prinzips gestimmt.» Die einseitige Anerkennung der EU-Vorschriften sei  eine Fehlkonstruktion. Er könne auch nichts mit der Interpretation anfangen, dass das Ja eigentlich gar kein Ja sei: «Ich stimme über einen Vorstoss ab und meine dann auch das, was ich abgestimmt habe.»

Kommentar

Kommission sagt Ja, meint aber Nein

«Was interessiert mich mein Geschwätz von gestern?», soll einst der ehemalige deutsche Bundeskanzler Konrad Adenauer gesagt haben, als er für die deutsche Wiederbewaffnung eintrat, nachdem er diese ein Jahr zuvor kategorisch abgelehnt hatte.

Adenauer hätte seine Freude am schlitzohrigen Entscheid der zuständigen Ständeratskommission von letztem Freitag gehabt. Eine knappe Mehrheit hat zwar eine parlamentarische Initiative von Bauernverbandsdirektor Jacques Bourgeois zum Cassis-de-Dijon-Prinzip (CdD) angenommen. Damit wäre der Weg frei, damit das fast  nur für Ärger sorgende CdD-Prinzip zumindest für Lebensmittel wieder abgeschafft werden kann.
Doch die gelehrigen Schüler Adenauers  beweisen, dass ein Ja nicht immer ein Ja, sondern manchmal sogar eher ein Nein bedeuten kann. Die Zustimmung einiger Kommissionsmitglieder, namentlich von Präsident Konrad Graber, war offenbar reine Taktik. Denn hätte die Kommission des Ständerats die Initiative abgelehnt, dann wäre diese unverändert in das Plenum des Nationalrats gekommen. Hätte der Nationalrat zugestimmt, dann wäre sie im Plenum des Ständerats zur Abstimmung gelangt. Dann hätten die Ständeräte die Karten auf den Tisch legen müssen.

Als das Parlament sich 2009 für die einseitige Einführung des Cassis-de-Dijon-Prinzips  entschied, versprach es sich davon Grosses.  Das Brutto-Inland-Produkt (BIP) werde um zusätzliche 0,5% wachsen, versprach auch Bundesrätin Doris Leuthard.  Doch die Ernüchterung kam bald. Weder wuchs das BIP spürbar, noch waren sonst positive Auswirkungen zu vermerken, ausser dass jetzt  minderwertige Produkte in den Schweizer Geschäften verkauft werden. Sogar der Bauernverband, welcher das gescheiterte Referendum gegen das CdD-Prinzip damals nicht unterstützt hatte, erwachte endlich. Der Initiativtext von Direktor Bourgeois ist denkbar kurz und klar: «Das Bundesgesetz über die technischen Handelshemmnisse (THG) ist so zu ändern, dass die Lebensmittel vom Geltungsbereich des CdD-Prinzips ausgenommen sind.»

Nein wollten die Ständeräte zu dieser klaren  Forderung  nicht sagen. Doch mit ihrem «Ja, aber eigentlich Nein»-Entscheid schieben sie  die Initiative elegant an die Nationalratskommission zurück. Dies in der Hoffnung, dass der Nationalrat einen verwässerten Gegenvorschlag präsentiert, dem die Ständeräte dann zustimmen.

Samuel Krähenbühl
[email protected]

    Das Wetter heute in

    Umfrage

    Wer macht die Büroarbeiten für den Hof?

    • Hauptsächlich der Mann:
      54.45%
    • Hauptsächlich die Frau:
      31.41%
    • Beide zusammen:
      6.81%
    • Ist nicht klar geregelt:
      7.33%

    Teilnehmer insgesamt: 382

    Zur Aktuellen Umfrage

    Bekanntschaften

    Suchen Sie Kollegen und Kolleginnen für Freizeit und Hobbies? Oder eine Lebenspartnerin oder einen Lebenspartner?