Die Ernüchterung war gross, die Überraschung weniger. Verbandspräsident Marc Brodbeck hatte bereits an der Generalversammlung 2023 von dunkeln Wolken gesprochen, die sich über dem Finanzhimmel des Bauernverbandes beider Basel zusammenziehen.
Geschäftsführer geht
Sie haben sich im Laufe des letzten Jahres zu einem anhaltenden Starkregen entleert, der zwar nicht gerade nach einer Arche Noah ruft, das Verbandsschiff jedoch ohne Gegenmassnahmen zum Kentern bringen könnte. So sieht es auf jeden Fall der Verbandsvorstand, der die rund hundert Teilnehmenden in der Aula des Ebenrain offen und transparent über die prekäre finanzielle Situation ihrer Organisation informierte.
Um Kosten zu sparen, trennen sich der Verband und der Geschäftsführer Peter Saner per Ende Mai. In einer sachlich geführten Diskussion beschlossen die Mitglieder zudem eine Erhöhung der Flächenbeiträge, die ebenfalls dazu beitragen sollen, den Verband ab 2025 wieder in die schwarze Zahlen zu führen.
Fehlende Liquidität
«Was ich präsentieren muss, ist gelinde gesagt eine Katastrophe» sprach Stephan Plattner Klartext. Die Rechnung 2023 schliesst mit einem Minus von rund 165’000 Franken ab, was das verfügbare Eigenkapital des Verbandes auf magere rund 20’000 Franken schrumpfen lässt. Dazu beigetragen haben laut dem Finanzchef eine Umsatzeinbusse im Versicherungsgeschäft – der Verband führt in eigener Regie die Regionalstelle der Agrisano-Versicherung – von rund einem Drittel und die Tatsache, dass die Personalkosten nicht im gleichen Rahmen zurückgegangen sind.
Plattner begründete den Rückgang bei den Versicherungserträgen mit steigender Konkurrenz in der Region Basel sowie den personellen Turbulenzen im Versicherungsressort. Eine ganz neue Crew habe sich erst ausbilden und einarbeiten müssen. Zu schaffen macht dem Verband vor allem auch die fehlende Liquidität. Man hinke bei der Begleichung von offenen Rechnungen massiv hinterher. «Ohne Gegenmassnahmen ist die Liquidität kurzfristig gefährdet und in einem zweiten Schritt der ganze Verband», mahnte der Finanzchef.
Kann sich lohn nicht mehr leisten
Mit einer Dreisäulenstrategie will der Vorstand die Finanzen ins Lot bringen. Er rechnet mit einem künftig wieder höheren Deckungsbeitrag aus dem Versicherungsgeschäft, mit tieferen Personalkosten und einer Erhöhung der Mitgliederbeiträge. 2022 wurde ein Geschäftsführer erstmals mit einem 100 %-Pensum angestellt.
Da dessen Geschäftsfelder nicht wie erhofft hätten erweitert werden können, könne sich der Verband den Lohn schlichtweg nicht mehr leisten. Plattner geht davon aus, dass die Stelle künftig wieder mit dem früheren Teilpensum von 50 bis 60 Prozent ausgestattet wird. (Mehr dazu im Interview weiter unten)
Beiträge steigen massiv

«Die Baselbieter Landwirtschaft ist stolz auf Agnes Hügli», so Marc Brodbeck (links) zur Siegerin der Landfrauenküche 2023, neben ihr ihr Mann Albert.
Elmar Gächter
Eine längere Diskussion entwickelte sich zu den künftigen Mitgliederbeiträgen. Der Vorstand machte beliebt, die Grundbeiträge sowie die Beiträge pro Hektare landwirtschaftlich genutzter Fläche um insgesamt rund einen Viertel zu erhöhen. Aufgrund von Anträgen aus der Versammlungsmitte beschlossen die Mitglieder mit grossem Mehr noch leicht höhere Beiträge. Sie werden die Verbandskasse insgesamt um mehr als 40’000 Franken jährlich entlasten. Der Finanzchef zeigte sich hoffnungsvoll, dass mit allen beschlossenen Massnahmen die Zahlen sich wieder langsam in den positiven Bereich bewegen.
Dass der Verband nicht «nur» Probleme wälzt, sondern auch mit Freude auf das vergangene Jahr zurückblicken kann, zeigte sich bei der Ehrung der Siegerin der Landfrauenküche 2023. «Ich bin stolz, dass Agnes Hügli die Baselbieter Landwirtschaft von der besten Seite präsentieren konnte» hielt Marc Brodbeck fest.
Verständnis für Bauernproteste
Michel Darbellay überbrachte die Grüsse des Schweizerischen Bauernverbands. Der Leiter Departement Produktion, Märkte und Ökologie sprach die laufenden Bauernproteste an und bezeichnete sie als «völlig gerechtfertigt». Sie brächten Rückenwind in die Forderungen der Landwirtschaft und hätten nicht zuletzt Verständnis beim Detailhandel erwirkt. Er schwor die Landwirtinnen und Landwirte zudem gegen die Biodiversitätsinitiative ein, welche mit massiven Einschränkungen für die Landwirtschaft verbunden sei.
«Ein grosser Kampf erwartet uns, aber wir können mobilisieren und überzeugen und wir müssen vor allem für ein grosses Vertrauen der Bevölkerung für unsere Anliegen schaffen», so Darbellay bei seinem Ausblick auf die Abstimmung im kommenden September.
Mutationen
Neu in den Vorstand gewählt wurde Stephanie Spycher-Gass aus Oltingen. Sie ersetzt Evelyne Gasser, die als Präsidentin der Bäuerinnen- und Landfrauen beider Basel anstelle von Stephanie Spycher-Gass in den Landwirtschaftsrat übertritt. Susanne Strub, Marcel Strub und Christian Schürch verlassen den Landwirtschaftsrat und werden ersetzt durch Evelyne Gasser und Raphael Giossi, der den Fachbereich Bienen vertreten wird.
«Neuer Geschäftsführer sollte aus Bauernstand kommen»
Marc Brodbeck, Präsident des Bauernverbands BL/BS, hat Fragen von «Schweizer Bauer» beantwortet.
Die Wege zwischen dem Verband und dem Geschäftsführer trennen sich Ende Mai. Wie schwer fällt Ihnen diese Massnahme?
Marc Brodbeck: Ich muss klar festhalten, dass wir unsere Zusammenarbeit einvernehmlich und ohne jegliche Konfrontation beenden. Peter Saner hat von sich aus signalisiert, dass es ihm bewusst sei, dass der Verband seinen Lohn nicht mehr zahlen könne. Es ist für uns auch menschlich nicht einfach, uns von ihm zu trennen.
Nun soll die Leitung der Geschäftsstelle wieder auf ein früheres Teilpensum von 50 bis 60 Prozent reduziert werden.
Genügt dieser Anteil, um alle Aufgaben wahr zu nehmen?
Wir hatten bei der Aufstockung der Stelle auf 100 Prozent gehofft, neue Geschäftsfelder wie zusätzliche Beratungen akquirieren zu können, was uns aber nicht gelungen ist. Wie die Stelle künftig ausgestaltet wird, müssen wir im Vorstand besprechen. Prioritär steht nun jedoch die Verbesserung der finanziellen Situation unseres Verbands an. Deshalb werden wir noch etwas zuwarten mit der Wiederbesetzung. Der Vorstand ist sich bewusst, dass mit diesem Entscheid vorübergehend zusätzliche Arbeit auf ihn zukommt. Ein Dauerzustand darf dies selbstverständlich nicht werden.
Wie schwierig ist es aus Ihrer Sicht, einen geeignete Person für die Geschäftsführung zu finden?
Es wird nicht einfach sein, all die Bedürfnisse, die ein Verband wie der unsere mit sich bringt, abzudecken. Vorteilhaft wäre es aus meiner Sicht, wenn der neue Geschäftsführer oder die neue Geschäftsführerin aus dem Bauernstand kommt. Auf jeden Fall muss er oder sie die Anliegen der Landwirtschaft verstehen, sich voll mit ihnen identifizieren und für sie einsetzen können.


