«Geht nicht, gibts nicht!», sagte sich Aebi, als sie für den Umbau eines Terratrac von Wisi Zgraggen angefragt wurden. Zgraggen verlor bei einem Arbeitsunfall beide Arme. Trotzdem möchte er seinen Betrieb weiterführen.
Stellen Sie sich vor, Sie haben nur einen Arm. Und stellen Sie sich vor, dass Sie mit nur diesem Arm einen ganzen Landwirtschaftsbetrieb bewirtschaften sollen. Vor 12 Jahren geriet Wisi Zgraggen bei einem Arbeitsunfall in eine Rundballenpresse. Die Ärzte retteten ihm zwar das Leben, die Arme aber konnten sie nicht wiederherstellen.
Nun steht ihm nur noch sein linker Arm bis zum Ellbogen zur Verfügung. Doch statt zu resignieren und den Rat der Ärzte und Behörden zu befolgen, sich in den frühzeitigen Ruhestand zu begeben, ging der Bauer aus Erstfeld (UR) einen anderen Weg: er begann, sein Umfeld an die neue Situation anzupassen. Mit grossem Erfolg: So bewirtschaftet er nach wie vor seinen Betrieb.
Für die Strasse tauglich
Wer selber jeden Tag auf einem Traktor oder Zweiachsmäher sitzt, weiss, dass man bei einem hektischen Wendemanöver selbst mit zwei gesunden Armen einen zu wenig hat. Umso schwieriger ist es für Wisi Zgraggen, mit diesen Fahrzeugen zu arbeiten. Aus diesem Grund hat sich Zgraggen im März 2014 mit der Firma Aebi aus Burgdorf BE in Verbindung gesetzt.
Bei einem Treffen mit der Konstruktionsabteilung wurde abgemacht, welche Änderungen das neue Fahrzeug erhalten soll. Dennoch war von Anfang an auch klar, dass trotz aller Änderungen der Terratrac TT280 auch nach dem Umbau die Vorschriften für eine Strassenzulassung erfüllen sollte.
Fusslenkung hilft
Da für Zgraggen vor allem das Lenken mit einem konventionellen Lenkrad am Feldende sehr aufwendig ist, war eine der massgeblichsten Änderungen die Lenkung. Unter den besagten Vorgaben konstruierte der für dieses Projekt leitende Konstrukteur Christoph Wegmüller quasi einen zweiten Lenkkreis, der über ein Proportionalventil, das im Fussraum des Fahrzeugs platziert wurde, angesteuert wird. Somit kann nun über eine Schaltwippe, die direkt auf dem Ventil sitzt, mit dem Fuss gelenkt werden.
Zusätzlich hat es Aebi auch geschafft, dass die Lenkung mit dem konventionellen Lenkrad unter allen Umständen die erste Priorität behalten hat und nötigenfalls auch die Fusslenkung übersteuern kann. Neben dem Lenkkreis haben die Aebi-Ingenieure den Lenkstock verändert. So musste sich Wisi Zgraggen beim Fahren immer sehr weit nach vorne beugen, um das Lenkrad bedienen zu können. Abhilfe schafft nun ein in Höhe und Neigung verstellbares Lenkrad. Dieses wurde aus der Transporterserie TP adaptiert.
Bedienung links
Die zweite massgebliche Veränderung am Terratrac war die Bedienung selbst. Da Zgraggen seinen rechten Arm komplett verloren hat, musste die Bedienung auf die linke Kabinenseite verlegt werden. Dies beinhaltete einerseits den bekannten Joystick mit sämtlichen Funktionen. Da die Knöpfe auf dem Joystick aber zu klein sind, kann ihn Zgraggen nur zur Geschwindigkeitsvorwahl nutzen.
Die Bedienung der einzelnen Funktionen wie Zapfwelle oder Hydraulik erfolgt über einen zusätzlich für ihn angefertigten Bedienkasten. In diesem sind sämtliche Funktionen des Joysticks untergebracht. Ausserdem kann über ihn auch das Fahrzeug gestartet oder das Licht u.v.m. eingeschaltet werden. Da die Verkabelung praktisch doppelt gelegt werden musste, nahm sie sehr viel Zeit in Anspruch. Darum kümmerten sich gleich zwei Elektriker von Aebi.
Gibt Selbstständigkeit zurück
In diesem Zusammenhang verlegten sie auch noch die Shift-Taste zum Wechseln in ein Untermenü auf eine Fusstaste im Fussraum. Ebenso wanderte der Blinker als zwei Tasten in die A-Säule, wo er mit dem Knie betätigt werden kann. Apropos Kniebetätigung: dies gilt auch für das Handgas. So wurde der bekannte Drehknopf des TT280 mit einem Handhebel ersetzt. Ausserdem rüstete Zgraggen seinen TT280 mit dem Gangl-Docking-System aus. Dieses System erlaubt ihm das Koppeln aller Maschinen inklusive Zapfwelle und Hydraulik ohne abzusteigen.
In Franken beziffert, liegt der Aufwand für einen solchen Umbau bei rund 35000 Fr., ohne Gangl-System. In Anbetracht dessen, dass nun Zgraggen seinen Betrieb weiter bewirtschaften kann und so nicht der IV zur Last fällt, fast ein Schnäppchen. Nicht die Kosten, sondern die Freude daran, Zgraggens Arbeitsalltag zu erleichtern, stand für Aebi bei diesem Projekt im Vordergrund, denn dieser Terratrac gibt ihm ein grosses Stück Selbstständigkeit zurück.