Priska Zellweger hat einen beeindruckenden Ausbildungsweg hinter sich. Ohne Disziplin, Durchhaltevermögen und die Unterstützung ihrer Liebsten hätte sie das nicht geschafft.
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Es ist nicht zu übersehen. Da steht kein kleines Dorfgeschäft, in dem Kundinnen kaum mehr Platz finden, sobald drei Leute vor dem Theke stehen. Steigt man bei der Bushaltestelle «Zentrum» in Gossau ZH aus, steht das stattliche Gebäude mit den zwei grossen Schiebetüren direkt vor einem. «Zellweger» steht drauf.
Wer sich in der Gegend auskennt, weiss, dass sich dahinter eine Metzgerei verbirgt. Eine, in der sowohl die dörfliche Stammkundschaft als auch die Juristinnen und Banker von der Zürcher Goldküste einkaufen oder ihre Bestellungen aufgeben.
Fleisch von Bauern der Gemeinde
Die Schiebetür öffnet sich, und vor einem steht die Riesentheke. Es riecht nach einer Mischung aus Paprika und Pfeffer. Priska Zellweger steht im Laden. Gerade bedient sie keine Kundschaft. Sie haben an diesem Tag offiziell geschlossen. Ansonsten liegen vor ihr klassische Fleischstücke, Charcuterie-Platten, Würste, und andere Fleischprodukte.
Priska Zellweger, ihr Mann Stefan, dessen Vater und ein Metzger produzieren alles selbst. Die Tiere kaufen sie Bauern aus der Gemeinde Gossau direkt ab und lassen sie in Hinwil ZH im Lohn schlachten und bekommen die Hälften und Viertel zurück. Sie beinen sie aus, schneiden die Stücke, machen Würste, im Kamin räuchern sie diese nach altem Familienrezept mit Buchenholz.
Für ihre Würste und die Charcuterie verwenden sie nur Reingewürze ohne Zusatzstoffe. Trockenfleisch trocknen sie nach traditionellem Verfahren, das Zeit braucht, aber auch die Qualität sichert.
Metzgerei in 3. Generation
Die 33-Jährige Priska Zellweger führt das Geschäft mit ihrem Mann. Seit neun Jahren. Es ist der Betrieb, den sein Grossvater vor 70 Jahren gegründet hat und den sie nun in der dritten Generation führen. Priska Zellweger scheint prädestiniert, um mit ihm, dem Metzgermeister, das Unternehmen zu führen. Sie steht nun dort, als hätte sie jahrelang genau auf diese Aufgabe hingearbeitet. Dabei wusste sie zunächst nichts von Stefan Zellweger und seinem Familienunternehmen.
Sie ist auf einem Bauernhof in Ennetbürgen NW aufgewachsen. Hatte Freude an den Tieren, brachte sie auf die Alp, begleitete als Mädchen in der Tracht Alpabzüge und war gern draussen. Von Anfang an war aber klar, dass ihr Bruder den Betrieb übernehmen würde. «Darüber habe ich mir gar nie Gedanken gemacht», sagt sie. Sie sitzt nun im kleinen Aufenthaltsraum zwischen dem Ort der Fleischverarbeitung und dem Laden. Vor ihr eine kleine Platte mit «Zellami», eine Salami nach ihrem Rezept, Schinken, Rohschinken.
Priska Zellweger lernte Metzgerin und Köchin, ohne zu wissen, wo es sie hinverschlagen würde. Als sie ihren Platz gefunden hatte, machte sie zudem die Betriebsleiter- und die Bäuerinnenschule mit Meisterprüfung
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«Es hat alles gepasst»
Gedanken machte sie sich aber zur Berufslehre. Sie entschied, Metzgerin zu werden. Bei der Firma Stutzer und Flüeler in Stans NW. Gelegentlich ging sie mit dem Chef Vieh einkaufen und lernte es zu verarbeiten bis zur Pfanne. Dort hörte ihr Wissen aber auf. Das störte sie. Also lernte sie Koch. Im «Kreuz» Egerkingen SO bei Bischofbergers, damals ein 15-Punkte-Betrieb. An einem Anlass im Metzgerausbildungszentrum lernte sie den Metzgermeister Stefan Zellweger kennen. «Wir hatten es gut zusammen», sagt sie.
Schnell war klar, dass sie zu ihm gehen würde. Die Berge der Innerschweiz austauschen gegen den Dorfkern in Gossau ZH. «Er hatte den Betrieb. Ich eine passende Ausbildung zum Miteinsteigen. Es war nie eine Frage, ob ich zu ihm gehen würde. Es hat alles gepasst. Wir ergänzen uns sehr gut. Ich habe mir nie andere Gedanken gemacht.» Bevor sie den Betrieb 2014 übernahmen, gingen sie zusammen nach Irland und bauerten ein paar Monate auf einer Farm, dann konnte sie zu Anton Mosimann, dem Koch von Queen Elizabeth II in London, um in der Küche mitzuhelfen.
Traum der Selbständigkeit
Zurück in der Schweiz begannen sie «den Traum der Selbständigkeit zu leben. Mit allen Hochs und Tiefs», wie sie sagt. Der Gedanke ans Bauern, an eigene Tiere liess Priska Zellweger aber nie richtig los. Ohne Aussicht auf einen landwirtschaftlichen Betrieb und mit viel Arbeit in der Metzgerei machte sie die Ausbildung zur Bäuerin mit Fachausweis und die Betriebsleiterschule 1 und 2. Nun hat sie die Meisterprüfung als Landwirtin mit der Note 5,9 abgeschlossen.
An der Abschlussfeier hat Priska Zellweger (Mitte) auch einen Preis der Agrarmedien überreicht bekommen. Aufgrund ihrer Note 5,9 wurde sie an der Feier für einen Moment ins Zentrum gestellt.
Daniel Salzmann
«Sie hat unglaublichen Biss»
Wie ist das möglich? Wie kann sie die Metzgerei «Zellweger» führen mit Direktverkauf, Engros-Kundschaft und Catering und vier Jahre lang regelmässig zur Schule gehen, arbeiten und Prüfungen schreiben und so abschliessen? Sie habe Unterstützung bekommen von ihrem Mann und den Schwiegereltern. «Und sie hat unglaublichen Biss», sagt ihr Mann, der während des Gesprächs neben ihr sitzt.
Sie sei immer um vier Uhr morgens aufgestanden, habe in der Metzgerei gearbeitet, bevor sie zur Schule ging, und am Abend die liegen gebliebene Arbeit erledigt. Am Sonntag sei sie auch immer um sechs auf, um an der Diplomarbeit zu schreiben.
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— Metzgerei Zellweger (@metzger_zelli) December 6, 2021
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Vom Traum über die Vision bis ans Ziel
«Wir haben eine Vision.» Die beiden wünschen sich einen kleinen Bauernbetrieb mit Mutterkuhhaltung. Sie wollen die Metzgerei mit ihrem eigenen Fleisch beliefern und der Kundschaft mit kleinen Events die Viehhaltung näherbringen.
Bisher sei das ein Traum. Einen entsprechenden Betrieb in der Region zu finden, sei nicht ganz einfach. Wer weiss, was ihre Zukunft bringt. Bis jetzt haben sich für sie Türen geöffnet und sie an einen Ort geführt, an dem sie glücklich ist, wie sie sagt.