Am übernächsten Mittwoch wird im Nationalrat die Agrarpolitik 2014– 2017 (AP 2017) debattiert. Diverse Minderheitsanträge wollen die Vorlage zugunsten, aber auch zuungunsten der Bauern verändern.
Die AP 2017 kommt nun definitiv in die heisse Phase. Doch bevor im Nationalrat die Detailberatung beginnt, wird zunächst über einen Rückweisungsantrag aus der vorberatenden Kommission für Wirtschaft und Abgaben (WAK-N) abgestimmt. Die SVP-Vertreter Albert Rösti, Caspar Baader, Sylvia Flückiger, Markus Hausammann und Jean-François Rime beantragen in einem Minderheitsantrag, die Vorlage an den Bundesrat zurückzuweisen «mit dem Auftrag, dem Ziel der Versorgungssicherheit und damit der produzierenden Landwirtschaft eine höhere Bedeutung beizumessen».
Mengensteuerung?
Weiter begründen Rösti und Co. ihren Rückweisungsantrag damit, dass sie Verbesserungen im Bereich der Selbsthilfemassnahmen durch Produzenten- und Branchenorganisationen zur Anpassung von Angebot und Nachfrage auf den Märkten wollen. Aber auch in den Minderheitsanträgen zuhanden des Plenums fordern die SVP-Vertreter zusammen mit Hansjörg Hassler (BDP, GR) und Markus Ritter (CVP, SG) im Artikel 9 des Landwirtschaftsgesetzes (LWG), dass in Zukunft der Bundesrat die Allgemeinverbindlichkeit für Selbsthilfemassnahmen von Produzenten- oder Branchenorganisation bei ausgewiesener Repräsentativität der Organisation erteilen muss.
Zudem verlangt dieser Minderheitsantrag auch die Streichung des Absatzes 3. Dort ist vorgesehen, dass der Bundesrat nur dann Gesuche zu Selbsthilfemassnahmen allgemein verbindlich erklären darf, wenn sie nicht mit «strukturellen Problemen», sondern mit «ausserordentlichen Entwicklungen» begründet werden. Sollte dieser Minderheitsantrag angenommen werden, dann müsste der Bundesrat beispielsweise zwingend eine Mengensteuerung in Hand der Schweizer Milchproduzenten allgemein verbindlich erklären. Bisher lehnte er das mehrfach ab, weil die Überproduktion im Milchmarkt eben aufgrund struktureller Probleme bestehe und nicht aufgrund ausserordentlicher Entwicklungen zustande gekommen sei.
Auf CVP kommt es an
Sollte dieser Antrag eine Mehrheit im National- und danach im Ständerat finden, dann würde inhaltlich quasi die Motion Aebi erfüllt. Diese ist im Dornröschenschlaf in der WAK des Ständerats, und im Moment ist dort kein Prinz in Sicht, der sie wachküsst. Doch zumindest im Nationalrat wurde sie einst mit den Stimmen der SVP, der Grünen zu grossen Teilen der CVP angenommen. Es bleibt deshalb abzuwarten, ob CVP und Grüne ihre damalige Zustimmung für eine Mengensteuerung in Produzentenhand beibehalten.
Auch bei zwei anderen Anliegen des Schweizerischen Bauernverbandes wird es auf die Unterstützung der geschlossenen CVP ankommen. Die SVP-Vertreter wollen zusammen mit CVP-Mann Markus Ritter auch die Landschaftsqualitätsbeiträge aus dem Artikel 70 des LWG streichen.
Die gleichen Vertreter, verstärkt durch CVP-Präsident Christophe Darbellay, fordern überdies, dass Versorgungssicherheitsbeiträge für das Grünland nach dem Tierbesatz erhöht werden sollen.
FDP für Freihandel
In eine ganz andere Richtung geht ein Antrag der drei FDP-Vertreter Ruedi Noser, Philipp Müller und Fulvio Pelli zum Artikel 1 des LWG. Sie verlangen, dass die Agrarpolitik Voraussetzungen schaffen müsse, welche Freihandelsabkommen mit China, Indien und Russland ermöglichen würden. Noser will weiter im Artikel 2 zusammen mit Kathrin Bertschy (GLP, BE), Prisca Birrer-Heimo (SP, LU), Hildegard Fässler (SP, SG), Beat Jans (SP, BS), Susanne Leutenegger-Oberholzer (SP, BL), Thomas Maier (GLP, ZH), Ada Marra (SP, VD), Corrado Pardini (SP, BE) und Louis Schelbert (Grüne, LU) den Grundsatz der Ernährungssouveränität aus dem Gesetz streichen.
Eine ähnliche Allianz aus Noser, Müller (beide FDP), Bertschy und Maier (beide GLP) will auch den Artikel 5 zuungunsten der Bauern verändern. So wollen sie im Absatz 1 den Anspruch der Landwirte auf das sogenannte Paritätseinkommen streichen. Damit gemeint ist der zwar nicht eingehaltene, aber bisher immerhin im Gesetz verankerte Anspruch auf ein Einkommen, welches mit dem der übrigen erwerbstätigen Bevölkerung vergleichbar ist.