Das Lötschental liegt abseits der Handelsströme. Mit viel Engagement und Ideenreichtum bringen Ritlers Wertschöpfung ins Tal.
Mächtig und ein wenig erdrückend wirken die Berge südlich des Lötschbergtunnels. Seit der Eröffnung des Basistunnels wurde es im Lötschental merklich ruhiger. Das seit dem Jahre 2001 zum Gebiet des Unesco-Welterbes Jungfrau-Aletsch gehörende Walliser Seitental wurde mehrmals von schweren Unwettern getroffen, doch die Menschen helfen einander und suchen nach Lösungen, um in ihrem Tal eine Existenz aufzubauen. So auch Dani Ritler, der mit der Vermarktung seiner Schafe und Lämmer neue Wertschöpfung für das Tal generiert.
Schafe zuerst als Hobby
«Wir müssen uns selbst organisieren, damit wir in unserem Tal zusätzliche Einkommen erzielen können», macht Daniel Ritler deutlich. Dies war aber ein hartes Unterfangen. Der 44-Jährige erlernte den Beruf des Dachdeckers und Spenglers. Um auch eine andere Welt als jene des Wallis zu erleben, arbeitete Ritler von 1990 bis 1992 in Bern. Die Sehnsucht nach dem Lötschental war aber nach zwei Jahren zu gross, er kehrte ins Wallis zurück.
Die ersten Schafe kaufte er sich 1992 von einem Kollegen. «Eigentlich sollte es nur ein Hobby werden», fährt er fort. Seine Herde wuchs aber kontinuierlich auf 40 Stück an. 1994 konnte er einen Schafstall mit einer Kapazität von 16 GVE bauen und mehr Land pachten. Doch die Arbeitsbelastung für die Betreuung der Schafe wurde immer grösser. Er reduzierte im Laufe der Zeit sein Arbeitspensum als Dachdecker in Gampel.
2002 auf Bio umgestellt
Der verheerende Lawinenwinter 1999 brachte auch für den Walliser einige Veränderungen. Die Schneemassen zerstörten einen Stall bei Ried. Der Besitzer baute den Stall wieder auf, verpachtete diesen und das Land Daniel Ritler. Seine Herde wuchs auf 80 Muttertiere an.
Den Beruf des Dachdeckers gab er auf, im Winter arbeitet er als Skilehrer. Die Schlachttiere verkaufte er zu jener Zeit noch einem Händler. 2002 stellte er seinen Betrieb auf Bio um, zudem besuchte er den Weiterbildungskurs zur Erlangung der Direktzahlungsberechtigung.
Hotelier als Partner
Mit der Vermarktung begann er 2004. Zusammen mit Kollegen, die selber innovative Ideen verfolgen, heckte er verschiedene Ideen aus. Er fand in Schäferkollege und Metzger Ulrich Müller aus Thun BE einen Metzgermeister, der ihm seine geräucherten Wurst- und Fleischspezialitäten kreierte und mit welchem er heute noch geschäftlich eng verbunden ist.
Dani Ritler hatte bereits die nächsten Schritte vorbereitet. «Wir müssen den Tourismus und im Speziellen die Hoteliers einbinden. Landwirtschaft und Tourismus gehören zusammen», macht der braun gebrannte Walliser deutlich. Und auch die Gastronomen fanden Gefallen an den Produkten von Ritler. «Wichtig ist aber, dass man das ganze Lamm vermarkten kann», fährt er fort.
Alles Regionalprodukte
Das Direktvermarktungskonzept lief gut an. 2006 wurden die ersten Schritte in der Gastronomie und die Genuss-Küche gestartet. Gemeinsam mit vier Lötschentaler Gastronomen bietet Ritler jährlich ein Waldculinarium in Blatten an. Hier kam nun das Wissen von Karin Ritler zum Tragen. Für zwei Stationen waren die beiden verantwortlich. Karin kochte unter anderem Brennnesselsuppe mit Heuschaum und Daniel ein Lammgigot aus «Danis Feuerkiste». Die ausgebildete Köchin und Kellnerin, welche auch Molekularkochkurse belegte, wusste mit ihren Kreationen zu überzeugen.
Ein Jahr darauf folgte der nächste grosse Schritt. In Ried bei Blatten konnten sie das Wohngebäude von jenem Bauern mieten, von welchem sie seit 1999 das Land gepachtet hatten. Dank der Unterstützung durch die Coop-Patenschaft für Berggebiete sowie eigenen Mitteln bauten die beiden den Kuhstall in einen Laden um. 2008 ergänzten sie das Angebot mit Fleisch von einem Galloway-Bauern, mit Käse, Wein und Teigwaren – alle Produkte stammen aus der Region.
Die Waren von «Danis Lamm» gibt es auch in einigen Geschäften im Tal und in Restaurants in der Stadt Bern und im Berner Oberland zu kaufen und zu geniessen. Auch online können die Köstlichkeiten bestellt werden. Und finanziell entwickelte sich das Geschäft sehr erfolgreich, der Umsatz konnte markant gesteigert werden. Der Umsatzsprung gelang ohne Werbekampagne – der Name «Danis Lamm» verbreitete sich durch Mund-Propaganda. Aber ohne Direktzahlungen wäre der Betrieb nicht überlebensfähig, hält Ritler fest.
Genuss-Küche
Auf den 40 Hektaren Land hält Ritler heute 100 bis 120 Muttertiere und 80 Jungtiere. Um genügend Produkte liefern zu können, kauft er von Biobauern aus der Region Tiere zu. «So kann ich die Wertschöpfung weitergeben», hält er fest. 2012 konnten die beiden das Haus mit dem Laden kaufen. Nun wird auch die Genuss-Küche ausgebaut. In Zukunft wird der Fokus auf den Laden und das Catering gelegt. Aber nicht nur.
«Ich möchte mir ein mobiles Schlachthaus kaufen. Das bleibt vorläufig noch eine Vision», sinniert er. «Wir wollen mit unserem Betrieb eine Existenz für einen Nachfolger aufbauen», blickt Ritler in die Zukunft. Da gibt es bereits Hoffnung. Nathanael (14), der Sohn von Karin, führt seit einem Jahr eine «Hühnerfarm» mit 50 Hennen und einem Hahn. Die Bioeier werden an private Hühneraktienbesitzer, an Hotels und Geschäfte geliefert und im Hofladen verkauft.


