Wegen der anhaltenden Kälte erwachen viele Fledermäuse aus dem Winterschlaf, da sie sonst erfrieren würden. Sie flüchten in warme Schlafzimmer oder bleiben geschwächt am Boden liegen. Im Grossraum Zürich wurden bisher 80, in Genf 13 der geschützten Tiere bei Spezialisten abgegeben.
«In den letzten zehn Tage sind bei uns zwölf Fledermäuse abgegeben worden, davon die Hälfte am Montag», sagt Corinne Charvet vom Koordinationszentrum West zum Schutz der Fledermäuse in Genf. Eine dreizehnte Fledermaus wurde am Montagnachmittag von einer Privatperson vorbeigebracht - in einer mit kleinen Löchern versehenen Schuhschachtel.
Die Frau, welche die Fledermaus gefunden hat, wohnt im Genfer Stadtquartier Pâquis. In der Nacht auf Freitag bemerkte sie, dass etwas in ihrem Schlafzimmer herumflog. Es einzufangen, gelang ihr jedoch nicht. Erst am Sonntag fand sie schliesslich eine kleine Fledermaus, versteckt hinter einem Karton.
«Zurzeit sind es vor allem Rauhautfledermäuse und Weissrandfledermäuse, die wegen der Kälte aus ihrem Winterschlaf aufwachen», sagte Hans-Peter Stutz, Geschäftsführer der Stiftung Fledermausschutz in Zürich.
Rauhautfledermaus überwintert in der Schweiz
Diese beiden Fledermausarten übernachten oftmals in Fassadenspalten oder Rollladenkästen. Die Rauhautfledermaus hat zudem noch einen anderen bevorzugten Überwinterungsort: Holzstösse. An all diesen Orten sind die Tiere jedoch bei extremer, lang anhaltender Kälte wie in diesen Tagen nicht genügend geschützt. Sie drohen zu erfrieren.
Daher müssen sie sich innert nützlicher Frist eine neue Unterkunft suchen und geraten dabei oft in Wohnungen oder bleiben geschwächt am Boden liegen.
Besser haben es laut Stutz jene Fledermäuse, die bevorzugt in Höhlen und Felsspalten den Winter verbringen, «denn dort wird es kaum unter null Grad».
Bei der kleinen Fledermaus, die sich in die Wohnung der Genferin verirrte, handelt es sich um eine ausgewachsene männliche Rauhautfledermaus. Sie hat die Grösse eines Fünffrankenstücks. «Diese Fledermausart kommt aus dem Norden und dem Nordosten, um bei uns zu überwintern», sagte Corinne Charvet vom Fledermauszentrum. «Sie kann bis zu 900 Kilometer weit fliegen.»
Auch in anderen Regionen der Schweiz häuft sich die Zahl der Tiere, die in die Obhut der Fledermausschützer gebracht werden. Im Grossraum Zürich sind es bis anhin rund 80 Fledermäuse, «die Hälfte davon wurde in der letzten Woche bei uns abgegeben», sagte Hans- Peter Stutz aus Zürich. In der Region Basel sind es 30 Tiere, im Kanton Luzern zurzeit 25 und in Bern rund 17 Fledermäuse.
Abgemagerte Fledermäuse werden aufgepäppelt
Die frisch abgegebenen Fledermäuse werden zuerst auf ihr Sollgewicht aufgepäppelt. «Die ganz Schwachen füttere ich mit verdünnter Welpenmilch, die anderen mit Mehlwürmer», sagt Patrick Rinderknecht vom Verein für Fledermausschutz in der Region Basel.
Denn das Aufwachen mitten im Winterschlaf ist anstrengend für die kleinen Tiere, da sie plötzlich viel mehr Energie verbrauchen. «Während des Winterschlafs schlägt ihr Herz nur alle 30 Sekunden, und die Atmungspausen können bis 90 Minuten dauern», erklärte Pascal Moeschler vom Koordinationszentrum West in Genf.
Zudem passe sich die Körpertemperatur der Umgebung an. Bei weniger als drei Grad werde es jedoch gefährlich für die Fledermäuse. Jene Tiere, die nicht unterernährt sind, werden sofort eingewintert. Optimal ist laut Moeschler eine Temperatur von rund fünf Grad. Im Frühling dann werden die Fledermäuse in die Freiheit entlassen.
In der Schweiz gibt es rund 30 Fledermausarten. Die Tiere können mehr als 20 Jahre alt werden und haben lediglich ein Junges pro Jahr. Die Fledermäuse gehöre zu den Säugetieren und sind in der Schweiz seit 1966 geschützt.