Der Ausschuss der Kantone (AdK) ist in Sachen Atom-Endlager anderer Meinung als die Nagra: Der AdK will, dass Nördlich Lägern im Zürcher Unterland und im aargauischen Zurzibiet als möglicher Standort weiterverfolgt wird.
Die Nationale Genossenschaft zur Lagerung radioaktiver Abfälle (Nagra) hatte dieses Gebiet im Januar 2015 aus dem Rennen genommen. Sie entschied, dass sich entweder Jura Ost oder Zürich Nordost am besten für die Lagerung von Atomabfällen eignen. Nur noch diese beiden Gebiete sollten in der dritten Etappe des Auswahlverfahrens vertieft untersucht werden. Aus dem Rennen nahm die Nagra damals die Standorte Jura Südfuss (SO/AG), Nördlich Lägern (ZH/AG), Südranden (SH) und Wellenberg (NW/OW).
Zürich Nordost und Jura Ost mit grösseren Schwächen
Die Experten des Kantonsausschusses haben für das Ausscheiden von Nördlich Lägern allerdings wenig Verständnis. Die Gründe für das Ausscheiden von Nördlich Lägern «vermögen einer kritischen Überprüfung nicht standzuhalten», teilte der AdK am Montag mit.
Die Modellvorstellungen seien unzutreffend, die Datenlage unsicher. Ein tiefer gelegenes Lager sei möglich.
Zudem könne auch bedeutend mehr Platz zur Verfügung stehen, als die Nagra erwarte. Gleichzeitig hätten Zürich Nordost und Jura Ost grössere Schwächen als von der Nagra angenommen. Sie seien der Erosion durch Gletscher und Durchbruchsrinnen stärker ausgesetzt als Nördlich Lägern. «Es müssen zwingend alle drei weiter untersucht werden», schreiben die Fachleute. Nur so sei gewährleistet, dass der sicherste Standort übrig bleibe.
Der sicherste Standort soll übrig bleiben
Der Fachbericht der Kantons-Experten wird nun dem Bundesamt für Energie zugestellt. Ob Nördlich Lägern wieder in die engere Auswahl aufgenommen wird, ist noch unklar. Der Bundesrat will bis Ende 2018 über die Standortvorschläge entscheiden.
Bei der Regionalkonferenz Nördlich Lägern nimmt man zur Kenntnis, dass die Kantonsexperten zu einem anderen Schluss kommen als die Nagra. «Wir hoffen, dass wir nun nicht in einen Streit der Experten hineingezogen werden,» wird Hanspeter Lienhart, Präsident der Regionalkonferenz, in einer Mitteilung zitiert. Es dürfe auf keinen Fall der Verdacht aufkommen, dass bei der Beurteilung der Standortregionen politische Überlegungen eine Rolle spielten. Gemäss Lienhart ist klar, dass die Sicherheit im Vordergrund stehen muss.
Seismische Messungen im Zürcher Weinland
Eine weitere Etappe auf der Suche nach dem Endlager wird am Montag im Zürcherischen Weinland (Standort Nordost) in Angriff genommen: Im Auftrag der Nagra werden dort ergänzende seismische Messungen durchgeführt. Auf einer Fläche von 20 Quadratkilometern werden die Gesteinsschichten in der Tiefe untersucht.
Vibrationsfahrzeuge schicken Schwingungen in den Untergrund, wo sie von den verschiedenen Gesteinsschichten reflektiert werden. Innerhalb weniger Sekunden erreichen die Schwingungen als «Echos» wieder die Erdoberfläche und werden aufgezeichnet. So entsteht ein dreidimensionales Bild des Untergrundes.
Das Eidgenössische Nuklearsicherheitsinspektorat (ENSI) hatte im September 2015 bemängelt, dass die Nagra «ungenügende und nicht nachvollziehbare Daten» zur maximalen Tiefenlage der Standortgebiete geliefert hatte. Die Nagra muss die Daten nun nachliefern.