Kraftwerke, Strom und Gasnetze sollen nicht ins Ausland verkauft werden dürfen. Das wollen SP und SVP. Wirtschaft, FDP und GLP wehren sich mit Händen und Füssen: 90 Prozent der Strominfrastruktur würden bereits der Öffentlichkeit gehören, führen sie ins Feld.
Auslöser für den umstrittenen Gesetzesentwurf der Nationalratskommission für Umwelt, Raumplanung und Energie (Urek-N) war eine im Jahr 2016 eingereichte parlamentarische Initiative der Zürcher SP-Nationalrätin Jacqueline Badran.
Beide Parlamentskommissionen geben der Initiative Folge. Hintergrund des Vorstosses ist die schwierige wirtschaftliche Situation einiger Stromkonzerne und die Pläne, Teile der Infrastruktur ins Ausland zu verkaufen. Die Vernehmlassung für den Urek-Entwurf endete am Donnerstag. Die Urek will die Energieinfrastrukturen dem Gesetz über den Erwerb von Grundstücken durch Personen im Ausland (Lex Koller) unterstellen. Damit würde ihr Verkauf bewilligungspflichtig.
Versorgungssicherheit zentral
Die SP hält den Vorschlag aus ordnungspolitischen Gründen für nötig. Der Verkauf von wesentlichen Infrastrukturen an Ausländer müsse grundsätzlich ausgeschlossen sein. Die Produktion und Durchleitung von Strom sei Sache der öffentlichen Hand.
Bereits die schon begonnene Teilprivatisierung sei ein ordnungspolitischer Sündenfall, was die EU mit ihrem dysfunktionalen Markt samt Preiserhöhungen und mangelnder Versorgungssicherheit beweise. Die Grünen beteiligten sich nicht an der Vernehmlassung, unterstützen die Vorlage aber in ihrer strengeren Form, wonach auch Minderheitsbeteiligungen bewilligungspflichtig sein sollen.
Die SVP stellt sich hinter die Stossrichtung der Urek-N. Gerade angesichts des absehbaren Strommangels seien diese Infrastrukturen bestmöglich zu schützen. Überhaupt müsse in allen strategischen Bereichen alles unternommen werden, um die Versorgungssicherheit zu gewährleisten.
Überflüssige Vorlage
Die FDP unterstützt zwar den Grundgedanken. Den Weg über die Lex Koller lehnt sie aber ab. Investitionskontrollen gehen der Partei als protektionistische Massnahmen gegen den Strich.
Überhaupt ist die Vorlage in ihren Augen überflüssig, da knapp 90 Prozent der Strominfrastruktur im Besitz der öffentlichen Hand sind. Für den grössten Teil der Produktionsanlagen sind öffentliche Konzessionen nötig. Handlungsbedarf sieht die FDP deshalb nicht. Auch der Eingriff in die Wirtschaftsfreiheit ist für sie allzu gravierend.
Für GLP schädlich
Für die Grünliberalen (GLP) ist die Vorlage nicht nur unnötig, sondern schädlich. Die Regulierungsfolgenabschätzung zeige, dass die Anliegen bereits durch die bestehenden Regeln erfüllt sind. Auch könnten die vorgeschlagenen Regeln gemäss der Schätzung leicht umgangen werden.
Der Verband Schweizerischer Elektrizitätsunternehmen (VSE) erklärt, auch er wolle kritische Infrastrukturen schützen. Der Vorschlag sei dazu aber der falsche Weg. Dass die Anlagen in Schweizer Händen seien, sei vom geltenden Recht bereits genügend garantiert. Neben dem Eingriff in Wirtschaftsfreiheit und Eigentumsgarantie würden Investitionen unnötig erschwert. Die Energiebranche würde einseitig benachteiligt.
Gegen Investitionskontrollen
Der Wirtschaftsdachverband Economiesuisse hält nichts von Investitionskontrollen. Die Schweiz würde mit der Vorlage ohne sachlichen Grund auf einen protektionistischen Zug aufspringen. Angesichts der Übernahmen durch chinesische Unternehmen und Staatsfonds sei auch in der Schweiz der Ruf nach Investitionskontrollen laut geworden. Sachliche Hinweise oder Fakten chinesischer Übernahmegelüste im Schweizer Energiesektor gebe es indessen nicht.
Der Schweizerische Gewerbeverband (SGB) lehnt die Revision der Lex Koller ebenfalls ab. Der Urek-Entwurf gehe weit über den Schutz der Infrastrukturen hinaus und sei nicht zielführend. Der schwere Eingriff in die Wirtschaftsfreiheit widerspreche internationalen Verpflichtungen. Zudem seien die Forderungen der parlamentarischen Initiative, die der Vorlage zugrunde liegen, durch bestehende Regulierungen erfüllt.
Die Lex Koller regelt in erster Linie den Verkauf von Grundeigentum – insbesondere von Wohneigentum – an Personen im Ausland. Künftig soll auch der Erwerb von Energie-Infrastrukturen durch Personen im Ausland bewilligungspflichtig werden. Als «strategische Infrastrukturen der Energiewirtschaft» definiert die Urek-N Wasserkraftwerke, Rohrleitungen zur Beförderung von gasförmigen Brenn- oder Treibstoffen, das Stromnetz sowie Kernkraftwerke.


