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Entwicklungshilfe ohne Schweizer Milch

Bisher stammte das Milchpulver der Schweizer Entwicklungshilfe aus der Schweiz. Nun hat die Direktion für Entwicklung und Zusammenarbeit (Deza) trotz Entgegenkommen der Branche die Zusammenarbeit gekündigt.

Samuel Krähenbühl |

 

 

Bisher stammte das Milchpulver der Schweizer Entwicklungshilfe aus der Schweiz. Nun hat die Direktion für Entwicklung und Zusammenarbeit (Deza) trotz Entgegenkommen der Branche die Zusammenarbeit gekündigt.

Rund 3 Milliarden Franken will der Bund 2017 für Entwicklungshilfe ausgeben. 20 Millionen davon sind für Milchpulver eingeplant. Bisher stammte die Milch dafür aus der Schweiz. «Mit dem Einsatz von schweizerischen Milchprodukten in der Nahrungsmittelhilfe leistet die Humanitäre Hilfe des Bundes einen Beitrag zur Vorbeugung und Behandlung von Fehl-/Unterernährung und Krankheiten. Der vom Parlament gesprochene Kredit von 20 Millionen Franken für den Kauf von schweizerischen Milchprodukten und deren Einsatz zugunsten Bedürftiger wird von der Humanitären Hilfe verwaltet.» Das schreibt die Deza auf ihrer Website.

Kündigung des Deals

Doch nun hat sie die Zusammenarbeit mit der Schweizer Milchbranche aufgekündigt. In einem Brief vom 15. Dezember schreibt die Deza, dass sie entschieden habe, die Mittel aus dem vom Parlament gesprochenen Kredit «Milch» ab 2018 vollumfänglich an das UNO-Welternährungsprogramm zu vergeben. Das bedeutet im Umkehrschluss das Ende der bisherigen Zusammenarbeit mit der Schweizer Milchbranche. 

Im Rahmen der internationalen WTO-Ausschreibungen könnten allerdings auch in Zukunft Schweizer Milchverarbeiter Offerten einreichen, heisst es. Das EDA betont zudem auf Anfrage, dass sich die Deza nicht komplett aus diesem Bereich zurückziehe. «Sie wird 2017 weiterhin eine gewisse Menge an Milchpulver zum Inlandspreis einkaufen, um es via Schweizer Nichtregierungsorganisationen (NGO) oder in ihren eigenen Kooperationsbüros im Ausland zu verwenden.»

Enttäuschung bei BOM

Stefan Kohler, Geschäftsführer der Branchenorganisation Milch (BOM), ist enttäuscht über den Entscheid: «Nur   ein Jahr, nachdem wir eine neue Vereinbarung mit der Deza getroffen haben, wird diese schon gekündigt.» Denn erst vor einem Jahr hatte man sich für das Jahr 2016 im Rahmen einer Übereinkunft auf eine Verbilligung des Milchpulvers auf einen Preis zwischen A- und B-Preis geeinigt.  Die Bauern erhielten einen tieferen Milchpreis. Und die Milchverarbeiter verrechneten 15% tiefere Kosten für die Verarbeitung.

Auch Nationalrat Markus Hausammann (SVP, TG), der als Mitglied der Finanzkommission die Thematik verfolgt, ist konsterniert: «Wir haben schon länger festgestellt, dass die Nahrungsmittelhilfe mit Schweizer Produkten rückläufig ist. Nun müssen wir feststellen, dass die Hilfe im Bereich Milchpulver gar international ausgeschrieben werden soll. Da kommen wir mit unseren Schweizer Produkten nicht mehr in die Kränze.»  Nun könnten wohl andere Staaten das Milchpulver liefern. «Wir werden das Thema wahrscheinlich in der Frühlingssession aufgreifen», so Hausammann. Zwar habe man bei der multilateralen Hilfe wenig Einfluss, weil anderswo über den Kauf von Lebensmitteln entschieden werde: «Wir werden aber versuchen, vor allem bei den bilateralen Hilfe anzusetzen.»

Retourkutsche?

In der Branche hört man hinter vorgehaltener Hand munkeln, dass es sich bei der Aktion auch um eine Retourkutsche gegen die angestrebte Kürzung der Mittel für die Entwicklungshilfe sowie vor allem auch für die vom Parlament effektiv beschlossene Kürzung bei den Personalausgaben handeln könnte. Denn der Entscheid der Deza sei ja ziemlich direkt im Anschluss an die Budgetdebatte verschickt worden.

Und tatsächlich argumentiert das Eidgenössische Departement des Äusseren (EDA) von Bundesrat Didier Burkhalter (FDP) auf Anfrage finanzpolitisch: «Der weltweite Bedarf an humanitärer Hilfe (insbesondere Nahrungsmitteln) hat in den letzten Jahren zugenommen, während die Mittel der Deza zuletzt stagnierten oder sogar gekürzt wurden. Um ihre Aufgabe, nämlich den Bedürftigsten zu helfen, weiterhin erfüllen zu können, muss die Deza die Verwendung der Mittel, die ihr von Schweizer Steuerzahlern zur Verfügung gestellt werden, optimieren. Kurz gesagt: Die Deza muss mehr machen mit weniger Mitteln.» Nationalrat Hausammann hingegen verweist darauf, dass bei der Humanitären Hilfe der Kredit gar nicht gekürzt wurde.

Brief der Deza an Milchbranche vom 15. Dezemter 2016

 



GLP-Motion

Am 16. Dezember, also genau einen Tag, nachdem die Deza  die Zusammenarbeit gekündigt hatte, reichte Nationalrätin Kathrin Bertschy (GLP, BE) eine Motion ein mit der Forderung, das Nahrungsmittelhilfeprogramm mit schweizerischen Milchprodukten einzustellen.  «Die Deza hatte in dieser Sache keinen Kontakt mit Nationalrätin Kathrin Bertschy und erlangte erst nach der Einreichung ihrer Motion Kenntnis von derselben», sagt das EDA auf Nachfrage.

 

 


Die Deza nimmt Stellung zu den Fragen des "Schweizer Bauer"

"Schweizer Bauer": Warum will die Deza die jahrzehntelange Zusammenarbeit mit der Schweizer Milchbranche einstellen?
Der weltweite Bedarf an humanitärer Hilfe (insbesondere Nahrungsmittel) hat in den letzten Jahren zugenommen, während die Mittel der DEZA zuletzt stagnierten oder sogar gekürzt wurden. Um Ihre Aufgabe, nämlich den Bedürftigsten zu helfen, weiterhin erfüllen zu können, muss die DEZA die Verwendung der Mittel, die ihr von Schweizer Steuerzahlern zur Verfügung gestellt werden, optimieren. Kurz gesagt: die DEZA muss mehr machen mit weniger Mitteln.

Bisher hat die bei der DEZA angesiedelte Humanitäre Hilfe (HH) das (Mager-)Milchpulver zu CH-Inlandpreisen (A-Preis) eingekauft und an das Welternährungsprogramm der UNO (World Food Programme, WFP) geliefert. Neu wurde mit dem WFP mit Standort in Rom vereinbart, dass dieses das CH-Magermilchpulver zu Exportpreisen (B-Preis) einkauft. Es kann von den tieferen Export-Preisen profitieren (Beispiel 4.05 CHF für 1kg Magermilchpulver im A-Preis gegenüber 2.32 CHF pro kg Magermilchpulver bei B-Preis (Export)). Mit demselben Beitrag aus der Schweiz kann das WFP also in Zukunft wesentlich mehr Milchpulver kaufen.

Das Programm „Nahrungsmittelhilfe der Schweiz mit Schweizer Milchprodukten“ wurde im Jahr 1959 lanciert und in den Jahren 2010-2013 in (je nach Jahr) 28 bis 56 Ländern umgesetzt. Seit 2010 kam es zu einer stetigen Fokussierung und Reduktion der Länder (von 41 in 2010 auf 22 Länder im 2016). Die von der DEZA beauftragte Evaluation hat ergeben, dass bis zu 1.2 Mio. Menschen pro Jahr (für eine Behandlungsperiode von 3 Monaten) erreicht werden konnten. Davon waren 56% Kinder von 0 bis 15 Jahre.

Bevor sich die DEZA entschied, das bisherige Modell anzupassen, erteilte sie der Hochschule für Agrar-, Forst- und Lebensmittelwissenschaften HAFEL ein Studienmandat. Die HAFEL hat im Jahr 2015 die Nahrungsmittelprogramme der Schweiz mit Schweizer Milchprodukten evaluiert und Optimierungspotential identifiziert. Insbesondere wurde empfohlen, eine Harmonisierung mit internationalen Standards herbeizuführen (die Schweiz ist seit 2012 Vertragspartei des internationalen Ernährungshilfe-Übereinkommens - Food Assistance Convention). Die nun vorgenommenen Programmanpassungen tragen diesen Empfehlungen Rechnung.

Im Frühjahr 2016 wurde von der DEZA ein Vorgehen pilotiert, bei dem das Welternährungsprogramm direkt in der Schweiz Milchpulver (Magermilchpulver) beschafft. Auf diese Weise können wesentlich mehr hungernde Menschen erreicht werden. In Absprache mit allen relevanten Akteuren (Branchenorganisation der Schweizer Milchwirtschaft, Schweizer Milchproduzenten, Verarbeitungsindustrie und Bundesamt für Landwirtschaft) wurde für das Jahr 2016 die Beschaffung des Schweizer Magermilchpulvers durch das WFP ein Preis vereinbart, der zwischen dem A-Preis und dem B-Preis liegt.

Es ist im Übrigen darauf hinzuweisen, dass sich die DEZA nicht komplett aus diesem Bereich zurückzieht. Sie wird 2017 weiterhin eine gewisse Menge an Milchpulver zum Inlandpreis einkaufen, um es via Schweizer Nichtregierungsorganisationen (NGO) oder in ihren eigenen Kooperationsbüros im Ausland zu verwenden. Siehe Antwort unten.

"Schweizer Bauer": Offenbar werden Sie 2017 noch einen Teil der Milchprodukte im Rahmen der bisherigen Regelung in der Schweiz einkaufen. Um welchen Anteil (in Mio. Franken) handelt es sich?
Im Rahmen der Nahrungsmittelhilfe des Bundes mit Schweizer Milchprodukten wurde jeweils darauf geachtet, dass Programmanpassungen mit genügend Vorlaufzeit kommuniziert werden, so dass den Projektpartnern genügend Zeit bleibt, sich neu zu orientieren, sprich eine Unterstützung über andere Modalitäten oder Partner aufzugleisen. Dieser Praxis folgend profitieren die derzeitigen NGO-Partner 2017 von einer letztmaligen Milchpulverzuteilung, zusammen mit einem engen Austausch über Möglichkeiten der Überführung ihrer Projekte in andere Modalitäten, wie etwa die Beschaffung von Gütern und/oder Nahrungsmittel auf lokalen oder regionalen Märkten. Der Anteil dieser einmaligen Fortschreibung beläuft sich auf etwa 7 Mio CHF. Auch wurde eine Flexibilisierung eingeleitet, bei der Partner aufzeigen können, dass sie mit anderen Modalitäten effizienter agieren können bei gleichzeitig gleichbleibender oder erhöhter Qualität und Nachhaltigkeit. Die DEZA trägt nach eingehender Prüfung, solchen Anträgen auch 2017 Rechnung. So gibt es gewisse NGOs, welche auf lokale oder regionale Produktion bei gleichen Qualitätsansprüchen zurückgreifen wollen.

"Schweizer Bauer": Sie erwähnen im Brief an die Milchbranche, dass sich die Schweiz auch im Rahmen der WFP-Programme an Ausschreibung für Milchpulver beteiligen könne. Welche Kriterien werden bei diesen Ausschreibungen angewandt? Konkret: Gibt es noch andere als reine Preiskriterien, etwa Qualität oder Label?
Die Kriterien für WFP-Ausschreibungen werden vom WFP im jeweiligen Ausschreibungstext spezifiziert. Generell kann gesagt werden, dass sich WFP-Ausschreibungen an allgemeine, internationale Standards (einschliesslich WTO) anlehnen. Dies schliesst das allgemeine Beschaffungs-Prinzip „value for money“ (Preis-Leistungsverhältnis) mit ein, bei dem der Preis nicht das alleinige Kriterium für eine Selektion ist. Die Verantwortung für WFP Ausschreibungen liegt beim WFP selber. Die Schweiz (DEZA) engagiert sich dabei für die Sicherstellung der effizienten und zweckgebundenen Verwendung der DEZA-Mittel durch das WFP, namentlich die Versorgung von möglichst vielen Bedürftigen in einer verantwortlichen und qualitativ hochstehenden (internationalen Standards folgenden) Art und Weise.

"Schweizer Bauer": Hatten Sie von der Deza  im Zusammenhang mit der Einreichung ihres Vorstosses in der Thematik Kontakt mit Nationalrätin Kathrin Bertschy?Die DEZA hatte in dieser Sache keinen Kontakt mit Nationalrätin Kathrin Bertschy und erlangte erst nach der Einreichung ihrer Motion Kenntnis von derselben.

 

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