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Ernährungsinitiative zustande gekommen

Die Ernährungsinitiative ist formell zustande gekommen. Dies teilte die Bundeskanzlei am Dienstag mit. Die Initiative verlangt, die Lebensmittelproduktion in der Schweiz vermehrt auf pflanzliche Kost auszurichten, für eine höhere Selbstversorgung und sauberes Trinkwasser.

Gemäss Bundeskanzlei sind von den insgesamt 113’060 eingereichten Unterschriften 112’736 gültig. Hinter der Initiative stehen Franziska Herren vom Verein «Sauberes Wasser für alle» sowie sechs weitere Personen. Herren war bereits treibende Kraft der im Juni 2021 an der Urne abgelehnten Trinkwasserinitiative.

Die Initiative heisst im vollen Wortlaut «Für eine sichere Ernährung – durch Stärkung einer nachhaltigen inländischen Produktion, mehr pflanzliche Lebensmittel und sauberes Trinkwasser». Sie war am 16. August 2024 eingereicht worden. Die Initiative hätte vor allem für das Talgebiet und Betriebe, die auf Mast setzten, grosse Auswirkungen.

Netto- Selbstversorgungsgrad auf 70% erhöhen

Um die Auslandsabhängigkeit zu reduzieren, verlangt die Initiative, dass der Bund eine Erhöhung des Netto- Selbstversorgungsgrads von heute unter 50% auf mindestens 70% anstrebt. Für die Initianten ist dies eine direkte Folge der «hoch subventionierten Produktion von tierischen Lebensmitteln». Es sei nicht auf zu wenig Landwirtschaftsland zurückzuführen. «82% der Subventionen fliessen in die Produktion von tierischen Lebensmitteln, nur 18% in die Produktion von pflanzlichen Lebensmitteln», heisst es im Argumentarium.  

Derzeit gibt es auf pflanzlichen Lebensmitteln wie Hülsenfrüchte keine Grenzschutz. Eine solchen wollen die Initianten für Pflanzenproteine wie Hülsenfrüchte und Nüsse einführen. «So kann die inländische Produktion konkurrenzfähig gemacht werden», schreiben sie im Argumentarium. Die Initiative verlangt, dass die Biodiversität und die Bodenfruchtbarkeit als Produktionsgrundlagen der Landwirtschaft sichergestellt werden.

Hülsenfrüchte statt Futtermais

Ein Dorn im Auge ist den Initianten vor allem die Schweine-, Muni- und Geflügelmast. Auf 60 Prozent der Ackerflächen würden Futtermittel für Nutztiere wie Getreide und Mais angebaut. «Mit dem Anbau von pflanzlichen Lebensmitteln wie Hülsenfrüchte, Gemüse, Getreide, Kartoffeln könnte pro Hektare das Zehnfache an Kalorien für die Menschen produziert werden», halten die Initianten fest. Der Anbau von Futtermitteln statt pflanzlichen Lebensmitteln auf Ackerflächen sei der Hauptgrund, dass die Versorgung mit Lebensmitteln zu 50% vom Ausland abhängig sei.

Damit der Viehbestand sinkt, wollen die Initianten im Artikel 74 der Verfassung einen neuen Passus einbauen. «Zum Schutz der Trinkwasserversorgung, der Biodiversität und der Bodenfruchtbarkeit muss nebst einer nachhaltigen Lebensmittelproduktion auch dafür gesorgt werden, dass die Höchstwerte für Dünger – d.h. für Stickstoffverbindungen und Phosphat – nicht mehr überschritten werden.»

Zu viel Gülle wegen Importfutter

Durch das Importfutter produziere die Schweizer Nutztierhaltung massiv mehr Gülle und Mist als die Schweizer Landwirtschaftsflächen auf nehmen könnten, schreiben die Initianten weiter. Im Ausland müsse dieser Dünger durch Kunstdünger ersetzt werden. «Zu viel Gülle und Mist, verursacht durch das Importfutter, überdüngen unsere Böden, Wälder und Gewässer, zerstören die Biodiversität und die Bodenfruchtbarkeit und führen zu Schliessungen von Trinkwasserfassungen wegen überhöhter Nitratwerte», heisst es weiter.

Im Hügel- und Berggebiet will die Initiative weiterhin auf die Tierhaltung setzen. «Im Gegensatz zu den Ackerflächen eignen sich die Wiesen und Weiden der Schweiz als Futtergrundlage für die graslandbasierte Fleisch- und Milchproduktion», halten die Initianten fest.

Durch die Forderungen der Initiative «Für eine sichere Ernährung – durch Stärkung einer nachhaltigen inländischen Produktion, mehr pflanzliche Lebensmittel und sauberes Trinkwasser» werde die Land- und Ernährungswirtschaft neu ausgerichtet. Es soll keine Ernährungsform ausgeschlossen werden. «Zugunsten unserer Umwelt und unserer Ernährungssicherheit wird eine neue, ausgewogene Balance zwischen der Produktion von tierischen und pflanzlichen Lebensmitteln hergestellt», heisst es im Argumentarium.

Auch Inhalte der Trinkwasserinitiative finden sich in der Ernährungsinitiative wieder. So heisst es auf der Website der Initianten: «Die Initiative verlangt nebst genügend Nahrungsmitteln auch genügend sauberes Trinkwasser und dafür die Sicherstellung der Grundwasserressourcen für die nachhaltige Trinkwassergewinnung der Schweizer Bevölkerung.»

-> Das Argumentarium gibt es hier

Die Bundesverfassung wird wie folgt ergänzt (fett markiert):

Art. 104a Ernährungssicherheit

1 Zur Sicherstellung der Versorgung der Bevölkerung mit Lebensmitteln  einschliesslich sauberen Trinkwassers  schafft der Bund Voraussetzungen für:

a. die Sicherung der Grundlagen für die landwirtschaftliche Produktion, insbesondere des Kulturlandes,  der Biodiversität und der Bodenfruchtbarkeit sowie die Förderung von natürlichem, samenfestem Saat- und Pflanzgut;

a bis . die Sicherung der Grundwasserressourcen für die nachhaltige Trinkwassergewinnung ;

b. eine standortangepasste und ressourceneffiziente Lebensmittelproduktion;

c. eine auf den Markt ausgerichtete und zugleich nachhaltige, klimabewusste  Land- und Ernährungswirtschaft;

d. grenzüberschreitende Handelsbeziehungen, die zur nachhaltigen Entwicklung der Land- und Ernährungswirtschaft beitragen;

e. einen ressourcenschonenden Umgang mit Lebensmitteln.

Der Bund strebt einen Netto-Selbstversorgungsgrad von mindestens 70 Prozent an. Zu diesem Zweck trifft er insbesondere Massnahmen zur Förderung einer vermehrt auf pflanzlichen Lebensmitteln basierenden Ernährungsweise und einer darauf ausgerichteten Land- und Ernährungswirtschaft.

Bund und Kantone richten ihre Subventionen, die Förderung von Forschung, Beratung und Ausbildung sowie andere staatliche Anreize so aus, dass sie den Bestimmungen nach den Absätzen 1 und 2 nicht zuwiderlaufen.

Art. 74 Umwelt

Art. 74a Erhaltung der Ökosysteme und der Biodiversität

Bund und Kantone sorgen im Rahmen ihrer Zuständigkeiten für die Erhaltung der Ökosysteme und der Biodiversität.

Der Bund lässt namentlich nicht mehr zu, dass die für die Gewässerqualität, die Bodenfruchtbarkeit und die Biodiversität essenziellen, im Jahr 2008 vom Bundesamt für Landwirtschaft und vom Bundesamt für Umwelt als Umweltziele für die Landwirtschaft definierten Höchstwerte für Stickstoffverbindungen und Phosphor überschritten werden.

Art. 197 Ziff. 15 Übergangsbestimmungen zu den Art. 74a und 104a

1 Bund und Kantone erlassen ihre Ausführungsbestimmungen zu den Artikeln 74a und 104a Absatz 1 Einleitungssatz und Buchstaben a, a bis  und c sowie Absätze 2 und 3 innert fünf Jahren nach deren Annahme durch Volk und Stände.

2   Die Ausführungsgesetzgebung des Bundes regelt namentlich die Instrumente, die es ermöglichen, die neuen Vorgaben der Artikel 74a und 104a Absatz 1 Einleitungssatz und Buchstaben a, a bis  und c sowie Absätze 2 und 3 innert zehn Jahren nach deren Annahme zu erfüllen. Bezüglich des angestrebten Netto-Selbstversorgungsgrades legt das Gesetz auch Zwischenziele fest.

3 Die nötigen Anpassungen der landwirtschaftlichen Produktion sind sozialverträglich auszugestalten und werden vom Bund finanziell unterstützt.

Kommentare (3)

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  • Livia Greenvale | 25.09.2024
    Die Ernährungsinitiative, die darauf abzielt, den Selbstversorgungsgrad auf 70 % zu erhöhen, bietet eine Chance, die inländische Produktion zu stärken. Dabei muss jedoch der Wille der Bevölkerung berücksichtigt werden, der in den letzten Abstimmungen klar zum Ausdruck kam. Insbesondere die Ablehnung der Massentierhaltungsinitiative und weiterer ökologischer Vorlagen (Biodivesität-, Pestizid- und Trinkwasserinitiative, BFF auf Ackerfläche, Mitteilungspflicht Digiflux) zeigt deutlich, dass die Schweizerinnen und Schweizer eine starke inländische Produktion bevorzugen und Fleisch aus heimischer Tierhaltung schätzen.

    Die Ernährungsinitiative (im Falle einer Annahme vor dem Volk) darf also nicht zu einer Politik führen, die den Menschen vorschreibt, was sie essen dürfen. Der Fleischkonsum – und insbesondere der Wunsch nach Schweizer Fleisch – bleibt ein wichtiger Teil der Ernährung für viele Menschen in der Schweiz. Dies zeigte sich in der klaren Ablehnung der Massentierhaltungsinitiative, die verdeutlicht hat, dass die Bevölkerung nicht bereit ist, drastische Einschränkungen im Bereich der Tierhaltung hinzunehmen, solange diese nachhaltig und regional betrieben wird.

    In diesem Kontext spielen die kleinen Familienbetriebe mit maximal 10-15 Hektar eine zentrale Rolle. Sie leisten nicht nur einen wichtigen Beitrag zur Selbstversorgung, sondern stehen auch für das Bild einer nachhaltigen, lokal verankerten Landwirtschaft. Diese Betriebe bieten Fleisch und andere tierische Produkte sowie pflanzliche Produkte in hoher Qualität, die von den Konsumenten geschätzt werden.

    Um den Selbstversorgungsgrad zu steigern, sollten die Betriebe nicht durch unnötige bürokratische Hürden oder kapitalintensive, technische Anforderungen (Hackgeräte, Flächenkartierungen, Teilflächenspezifischen Ausbringverfahren, Schleppschlauch, GPS-Steuerungen usw.) übermässig belastet werden. Das würde ihre Existenz gefährden und langfristig auch das Ziel einer starken, inländischen Produktion untergraben. Stattdessen müssen die kleinen Betriebe gezielt gefördert werden, um ihre Rolle in der Landwirtschaft weiter zu stärken. Nur so kann die Ernährungsinitiative eine Balance finden zwischen der gewünschten Erhöhung der Selbstversorgung, einer stärkeren Produktion und dem klaren Wunsch der Bevölkerung nach regionalem Fleisch.

    Die regionale Produktion muss im Mittelpunkt stehen, als Schlüssel zu einer widerstandsfähigen und zukunftsfähigen Ernährungssicherheit.

    Es wäre spannend zu erfahren, wie der Schweizer Bauernverband (SBV) und seine Vertreter, wie Markus Ritter und Martin Rufer, diese Initiative bewerten. Immerhin greift die Ernährungsinitiative wesentliche Grundgedanken der Landwirtschaft auf – eine starke Eigenproduktion, der Schutz von Boden und Wasser, und eine produzierende Landwirtschaft. Eine schnelle und fundierte Stellungnahme des SBV wäre daher wünschenswert.

    Die Ernährungsinitiative hat das Potenzial, eine Brücke zu schlagen zwischen dem Wunsch nach mehr Selbstversorgung und der produktiven Landwirtschaft, die weiterhin hochwertige Lebensmittel produziert. Der angestrebte höhere Selbstversorgungsgrad lässt sich nur mit einer leistungsfähigen und produktiven Landwirtschaft erreichen, die den Bedürfnissen der Bevölkerung gerecht wird. Die vergangenen Abstimmungen, wie die Ablehnung der Massentierhaltungs-, Biodiversitäts-, Trinkwasser- und Pestizidinitiativen, haben deutlich gezeigt, dass die Schweizerinnen und Schweizer eine starke inländische Produktion schätzen und weniger strikte Ökologisierungsmassnahmen wünschen.
  • Gesunder Menschenverstand | 25.09.2024
    Text oben:.....dass die Höchstwerte für Dünger – d.h. für Stickstoffverbindungen und Phosphat – nicht mehr überschritten werden.»
    Das ist heute schon so, wir haben obligatorische
    Nährstoffbilanzen, null Tolleranz!
    Würde Frau Herren sich seriös informieren, wüsste sie das!
  • Fritz Marti | 24.09.2024
    Ich bin seit 45 Jahren Bauer in der Bergzone. Früher haben wir neben Futtergetreide auch Weizen und Kartoffeln angebaut.
    Warum tun wir das nicht mehr? Weil es in Randgebieten schlichtweg nicht rentiert.
    Wenn die Initianten dafür sorgen dass sich der Anbau der von Ihnen geforderten pflanzlichen Lebensmittel auch rechnet, würde sich das ganze von Selbst einpendeln.
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