Einmal mehr rücken die miesen Arbeitsbedingungen der Feldarbeiter in Italien in den Fokus der Öffentlichkeit. Die Erntehelfer schuften für einen kärglichen Lohn. Lieferanten von Schweizer Detailhändler beteuern, nur faire Tomaten einzukaufen. -> Mit Video
Die Reporter der Sendung «Kassensturz» reisten nach Foggia in Süditalien. Dort nahmen sie die Tomatenplantagen unter die Lupe. Und die TV-Macher kehrten mit erschütternden Bildern zurück.
"Behandeln uns wie Tiere"
Rund um Foggia ernten illegale Migranten auf Afrika Tomatenfelder ab. Diese werden für die Pelatiproduktion verwendet. Die Tomaten landen in Dosen und werden europaweit verkauft. Im Akkord reissen sie Stauden aus und schütteln die Tomaten in die Plastikkisten. Die Arbeitszeit pro Tag beträgt zwischen zehn und zwölf Stunden. Erlaubt wäre eigentlich nur 39 Stunden pro Woche. Arbeitsvermittler, sogenannte Caporali, ziehen vom miesen Lohn noch Gebühren ab
«Sie behandeln uns wie Tiere, doch das sind wir nicht», sagt ein Arbeiter aus Ghana. Für die schäbige Unterkunft in einem alten VW-Bus müssen die Helfer noch Miete bezahlen. Das Leben sei die Hölle, erklärt der Mann.
Bauern unter Preisdruck
Der Oberstaatsanwalt von Foggia, Ludovico Vaccaro, weiss um die Problematik. «Niemand arbeitet freiwillig zu solchen Bedingungen. Schuld ist der Preisdruck: Detailhändler wollen billige Ware. Die Bauern müssen anschliessend so billig wie möglich produzieren, so erhalten die Feldarbeiter kaum Lohn», erklärt er. Das Resultat aus dieser Kette seinen Ghettos, wo Menschen unter unwürdigen Verhältnissen leben müssten, sagt der Staatsanwalt.
Kassensturz besuchte eine Farm, die auch Schweizer Detailhändler beliefert. Die Kooperative La Fara Giardino beliefert Coop und Migros. Rund 400 Bauern liefern dort ihre Ware ab. Maschinen ernten die Tomaten, die Arbeiter werden aufs Feld gefahren. Der Chef der Kooperative erklärt, dass es hier keine Caporali gebe.
50 Euro für 12 Stunden
Die TV-Macher befragen einen Erntehelfer: «Ich bekomme 50 Euro pro Tag und arbeite zwischen 10 und 12 Stunden.» Die Verantwortlichen erklären, die lange Arbeitszeit sei den Wetterbedingungen geschuldet und eine Ausnahme.
Die Lieferanten von Coop und Migros beteuern, dass die Regeln streng kontrolliert würden. «Wir besuchen die Felder ohne Ankündigung. Erst wenn wir Gewissheit haben, arbeiten wir mit einer Firma zusammen», sagt der Lieferant von Coop. «Wichtig ist, dass man weiss, wie die Arbeitskräfte behandelt werden», äussert sich der Lieferant von Migros.
Frauen ausgebeutet
Es ist nicht das erste Mal, dass die miesen Arbeitsbedingungen auf Italiens Feldern thematisiert werden. Im Sommer 2017 wurden die Kontrollen verschärft und die Gesetze angepasst. Frauen aus Osteuropa und Afrika wurden wie Sklaven eingesetzt. Der Stundenlohn betrug 2.50 Euro.
Ausbeutung, Vergewaltigungen und Prostitution rund um die Felder Ragusas waren an der Tagesordnung. Hunderte Frauen unterzogen sich Schwangerschaftsabbrüchen. Für die Unterkünfte in Garagen oder Lagerhallen mussten sie zudem Miete bezahlen.