/fileadmin/images/logo.svg

Artikel werden durchsucht.

«Es liess mich manches verarbeiten»

 

Katharina Nimanaj-Wyss ist auf einem Hof im Emmental aufgewachsen. Die 72-Jährige hatte ein bewegtes Leben. Darüber schreibt sie. Neu auch für den «Schweizer Bauer». Viel auf Berndeutsch, obwohl sie heute ostschweizert.

 

«Ja, hier sind Sie richtig», tönt es aus dem Holzhaus. Eine ältere Frau tritt aus der Tür. Über einen von Töpfen gesäumten Weg geht sie durch einen Garten mit Herz- und Engeldekorationen. Unter dem üppigen Efeubogen bleibt sie stehen. Sie bittet den Gast ins Haus. An dem kühlen, verhangenen Morgen wirken die Küche mit dem alten Herd und die mit Holz ausgekleidete Stube besonders einladend. Es riecht nach Kaffee, auf dem Holztisch brennen Kerzen. Die meiste Wärme und das Licht gehen aber von der Frau aus. Sie ist in einen weiten blauen Rock gehüllt, ihr langes, graues Haar trägt sie zusammengebunden. Auf ihrem Gesicht sind ein paar Falten zu sehen. Es sind die der guten Art. Die, die vom Lachen zu kommen scheinen, nicht die vom Schimpfen oder Grübeln.

 

Es ist Katharina Nimanaj-Wyss, die in dem umgebauten Bauernhaus in Oberhallau SH wohnt. In ihrem Dialekt, der für Berner Ohren etwas nach Zürich und noch etwas Ostschweizerischem tönt, bietet sie Gipfeli an. So zufrieden und liebevoll die Frau heute wirkt, lässt vermuten, dass sie auf ein gutes Leben zurückblicken kann.

 

Pferde für den Acker

 

Tatsächlich fing es gut an. Die heute 72-Jährige ist in Roth bei Biglen BE mit vier Geschwistern auf einem kleinen Bauernhof aufgewachsen. Sie hatten zwei Pferde, die sie für den Ackerbau brauchten, molken neun Kühe und hielten ein paar Schweine. «Wir lebten wie zu Gotthelfs Zeiten», sagt sie. Viel hätten sie gearbeitet.

 

Trotzdem scheint es eine gute Kindheit gewesen zu sein, die ihr viel Stoff für Geschichten bot. Diese sind eine wichtige Konstante in Nimanaj-Wyss’ Leben, doch dazu später mehr. Zunächst soll erzählt sein, wie die gute Kindheit ein jähes Ende nahm. Und die Jahre begannen, die man ihrem Gesicht heute nicht mehr ansieht.

 

Die junge Katharina wollte Krankenschwester werden. Der Vater, der sie besonders gern hatte, sie anders behandelte als die anderen, wollte sie in seiner Nähe haben. Am liebsten hätte er gehabt, wenn sie gebauert hätte. Als aber einer ihrer Brüder den Betrieb übernahm, drängte er seine Tochter, eine KV-Lehre zu machen. Er hoffte, sie würde später in der Landi in Biglen arbeiten. Aber es kam alles anders, und es reihten sich schwere Jahre aneinander. Nimanaj-Wyss war zwei Mal verheiratet, gebar fünf Kinder und lebte elf Jahre lang als alleinerziehende Mutter. Ihre eigene Mutter erkrankte an Amyotropher Lateralsklerose (ALS) und erlag mit 51 Jahren ihrer Krankheit. Kurz nach ihr verstarb auch der Vater. Da hielt Nimanaj-Wyss nichts mehr im Emmental. Sie ging. Nach Winterthur. Dort machte sie eine Yoga-Ausbildung. In den frühen 90er-Jahren war das etwas Aussergewöhnliches. «Wenn ich ins Emmental zu Besuch ging, sagte ich allen, ich würde Gymnastik machen, das verstanden sie einigermassen», sagt sie heute und lacht leise. Dem Yoga ist sie treu geblieben. Noch heute unterrichtet sie regelmässig.

 

Geschichten als Heilung

 

Mittlerweile lebt sie seit 22 Jahren in einer glücklichen Beziehung. Mit dem jetzigen Partner hat sie das Haus, in dem sie nun wohnen, umgebaut, sie teilen die Leidenschaft fürs Theater und die Kultur. Ihr Interesse für die Kultur lebt Nimanaj-Wyss seit jeher aber auch durchs Schreiben aus. Die Tätigkeit habe sie durch manch schwierige Zeit begleitet, und «sie liess mich manches verarbeiten». Heute schreibe sie vielleicht auch aus Nostalgie. Viel über die Kindheit auf dem Bauernhof, über den Vater und die anderen Verwandten. Manchmal schreibt sie aber auch über Aktuelles. Über ihre Hühner zum Beispiel. Veröffentlicht werden ihre Texte im «Klettgauer Boten», in der sie eine Kolumne hat. In einem Buch ist eine Sammlung davon herausgekommen.

 

Neu schreibt Nimanaj-Wyss auch für den «Schweizer Bauer». Den ersten Text lesen Sie unten auf dieser Seite. Jeden zweiten Monat wird eine weitere Sonntagsgeschichte zu lesen sein. Wer sie ostschweizerisch reden hört, ist überrascht, wie berndeutsch ihre Geschichten tönen. «Wen i mir ganz fescht Müei gibe, chan i schon o Bärndütsch rede», sagt sie langsam und lacht. Lieber als zu sprechen, schreibe sie aber in der Sprache ihrer Kindheit, sagt sie und lächelt, so dass man ihre Fältchen sieht.

    Das Wetter heute in

    Umfrage

    Habt Ihr euren Mais geerntet?

    • Ja:
      30.95%
    • Nein:
      38.56%
    • Teilweise:
      23.86%
    • Habe keinen Mais:
      6.64%

    Teilnehmer insgesamt: 1551

    Zur Aktuellen Umfrage

    Bekanntschaften

    Suchen Sie Kollegen und Kolleginnen für Freizeit und Hobbies? Oder eine Lebenspartnerin oder einen Lebenspartner?