Landwirt Stephan Stähli aus Russikon im Zürcher Oberland hat ein besonderes Hobby. Er sammelt alte Traktoren. Seine Sammlung zählt 35 Modelle mit Jahrgängen zurück bis in die 1920er-Jahre.
Stefan Stählis Begeisterung für alte Traktoren ist kaum zu übersehen. Auf seinem Hof in Russikon im Zürcher Oberland stehen 35 verschiedene Traktorenmodelle mit Jahrgängen, die bis in die 1920er-Jahre zurückreichen. «Schon während der Schulzeit sammelte ich Motorräder», erinnert sich der Landwirt.
Am Mittwochnachmittag nach der Schule suchte er in den damals offen zugänglichen Altmetallsammlungen regelmässig nach Teilen für Töffs, um zu Hause seine Modelle aufzurüsten. Sachs und DKW waren damals aktuell. Mit Anfang 20, es war etwa im Jahr 1994, schätzt Stähli, kaufte er seinen ersten Oldtimertraktor, einen Hürlimann D80.
Raum musste her
Bei Treffen der Freunde alter Landmaschinen erfuhr Stähli immer wieder, wo es etwas Spezielles zu erwerben gab. «Ich bin eher der Sammler- als der Händlertyp», sagt er und führt durch seine Oldtimertraktoren- und -motorrädersammlung. Für seine Fahrzeuge baute er Anfang der 2000er-Jahre ein Ökonomiegebäude, zu weiten Teilen in Eigenleistung und an Feierabenden. Er verwendete dazu auch Lothar-Holz, wie der gelernte Säger erzählt.

Isabelle Schwander
Bösch-Traktor
«Von Mechanik versteht man im Laufe der Jahre durch konkretes Arbeiten immer mehr», weiss Stähli. Schon in der Schulzeit begeisterte ihn das Fach Werken. Das Flair war also immer schon da. Und die Kenntnisse in Metall- und Holzbearbeitung, die er in seiner ersten Berufslehre als Säger erwarb, kommen ihm bis heute zugute – sowohl auf dem Landwirtschaftsbetrieb wie auch bei seinem Hobby, der Oldtimersammlung.
Stählis Traktorensammlung lässt das Herz jedes Landtechnikliebhabers höher schlagen: Hier stehen Unikate und Modelle aus Kleinserien, teils von bekannten Herstellern, wie auch Modelle, die von Tüftlern und Pionieren erschaffen wurden und die man sonst eher in einem Ortsmuseum findet. Ein Blickfang ist der Bösch-Traktor aus Nürensdorf ZH, der in den Jahren zwischen 1935 bis 1940 aus Ford-Autoteilen gebaut wurde. Stähli ist stolz, ein so seltenes und besonderes Exemplar sein Eigen nennen zu können.
Oldtimer noch im Einsatz
Doch der Platz für Stählis Sammlung ist beschränkt. «Es geht bei mir wirklich ums Ausnützen eines jeden Zentimeters, damit möglichst viele Oldtimer im Gebäude Platz finden», sagt er. Den jüngsten Zugang, einen Allrad-Hürlimann, erwarb der Landwirt vor Weihnachten 2020. Mit seinem Hürlimann D80 arbeitet Stähli sporadisch noch, wie er erzählt. Der Traktor hat Hydraulik und lässt sich mit einer Heckschaufel kombinieren. Gelegentlich setzt Stähli auch den Bührer EO6 ein, für Transporte beispielsweise.

Isabelle Schwander
«Es braucht nicht für jede Arbeit im Feld den neuesten Hochleistungstraktor, manchmal reichen weniger PS völlig aus», ist der Zücher Oberländer überzeugt. Der Zeitaufwand für Stählis Hobby hält sich aber in Grenzen. Das muss es auch, denn schliesslich hat er noch einen Betrieb zu führen. Die Arbeit auf dem Milchwirtschaftsbetrieb mit durchschnittlich 30 Kühen und einigen Rindern erfordert vollen Einsatz.
2014 hat Stähli den Betrieb von seinen Eltern übernommen. Er produziert silofreie Milch für die Käseproduktion. Zum Hof gehören auch 17 Hektaren Wald. Nach wie vor hilft Stählis 71-jähriger Vater bei der Arbeit im Stall. Und bei Bedarf helfen auch seine Mutter und die Freundin.
Empfängt Gäste
Zurück zu den Oldtimertraktoren: Inmitten der Modelle liegt ein Gästebuch auf. Darin finden sich Eintragungen von begeisterten Besuchern. Ein grosses Dankeschön erhält Stähli oft für seine geschichtsgetreuen Schilderungen zur Herkunft der einzelnen Traktoren. «Während der Sommermonate stelle ich eine kleine Hinweistafel an die Strasse, und sofern es die Arbeit in Feld und Stall zeitlich zulässt, empfange ich kleine Besuchergruppen.»
Darunter sind jeweils interessierte Laien oder Personen, die im weitesten Sinne einen beruflichen Hintergrund mit Landtechnik oder Landwirtschaft aufweisen. Stähli weiss vieles über Stückzahlen, ob es sich bei einem bestimmten Modell um die Originalfarbe handelt und wie rasch sich die Landtechnik ab den 1920er-Jahren veränderte – wie diese zunehmend bedürfnisspezifischer und technisch ausgefeilter wurde, um den Ansprüchen der Landwirtschaft zu dienen.

Isabelle Schwander
Bührer E06
«Über Details kann man mit Oldtimertraktorensammlern regelrecht ins Philosophieren kommen.» Einen Wert stellen für Stähli alle Modelle seiner Sammlung dar. Es gehe ihm um das Spezielle, und hierfür sei er von Anbeginn strukturiert vorgegangen. Stähli hofft, dass bald wieder Anlässe und Aktivitäten des Vereins Freunde alter Landmaschinen möglich sind.
Durch die Vereinszugehörigkeit würden sich interessante Reisen und Werksbesichtigungen ergeben. «Wieder einmal im Fahrtwind mit dem Bührer E06 – von dem übrigens nur 12 Stück hergestellt wurden – über eine Passhöhe fahren oder in Begleitung Tagestouren zu unternehmen. Diese Vorfreude kann durch nichts getrübt werden», schwärmt Stähli.





