Der Schweizerische Verband für Landtechnik SVLT ist im Umbruch. Nach Diskussionen zu den Finanzen und der Trennung von Direktor Willi von Atzigen hat Aldo Rui die Geschicke des Verbandes übernommen.
«Schweizer Bauer»: Herr Rui, Sie haben Ihre Arbeit nach Ihrer Wahl zum neuen SVLT-Direktor umgehend aufgenommen. Was steht als Erstes auf ihrer Traktandenliste?
Aldo Rui: Als Erstes muss ich mir ein Bild über die Situation machen. Mein Ziel ist es, Vorschläge auszuarbeiten, wie es mit dem Verband weitergehen soll. Die Proritätensetzung wird dann konkret mit dem Vorstand gemacht.
Wie wollen Sie den Verband in die Zukunft führen?
Es macht kaum Sinn, jetzt einfach alles zu ändern. Das Tagesgeschäft sowie die von uns angebotenen Kurse und die Beratung müssen weiterlaufen wie bisher. Das Problem waren ja nicht die erbrachten Leistungen für die Verbandsmitglieders. Deshalb muss man jetzt beim SVLT nicht alles auf den Kopf stellen.
Ist der SVLT ein Sanierungsfall?
Nein, der SVLT ist kein Sanierungsfall. Natürlich, die Finanzen sind ein Problem. Gesehen hat man das, als an der ordentlichen Delegiertenversammlung 2013 das Budget abgelehnt worden und erst an der darauffolgenden ausserordentlichen Versammlung im Dezember gutgeheissen worden ist.
Das Budget 2015 weist wiederum ein Defizit aus. Das ist doch eine Riesenherausforderung für Sie?
Es geht vor allem darum, die Finanzen in Ordnung zu bringen. Da gibt es ganz klar Handlungsbedarf. Unumgänglich war deshalb, dass der Mitgliederbeitrag für 2016 um 10 Franken erhöht worden ist. Dies wurde an der letzten Delegiertenversammlung auch genehmigt.
Die Sektionen verlangten von ihrem Vorgänger mehr Finanztransparenz. Werden Sie das umsetzen?
Ganz sicher. Die DV ist das höchste Organ des Verbandes, und die Anliegen sind daher umzusetzen.
Zur Person
Der 56-jährige Aldo Rui ist in Langenthal aufgewachsen und war von 1997 bis 2008 Verkaufsleiter der Traktoren von Massey Ferguson. Zuerst bei der Service Company Serco in Oberbipp (der heutigen Serco Landtechnik AG), dann bei der GVS Agrar AG in Schauffhausen. Danach war Rui beim international tätigen Bahntechnikunternehmen Nencki AG in Langenthal tätig. Rui wurde beim SVLT Nachfolger von Willi von Atzigen, der den Verband aufgrund unterschiedlicher Auffassungen mit der Verbandsführung verlassen musste. röt
Aktuell hat der SVLT rund 20'000 Mitglieder. Die Anzahl ist seit Jahren rückläufig. Wie wollen Sie diesem Mitgliederschwund entgegenwirken?
Bei immer weniger Landwirtschaftsbetrieben ist es normal, dass auch bei uns die Mitgliederzahl zurückgeht. Das ist etwas, das man akzeptieren muss. Natürlich gibt es noch Potenzial, denn es sind ja nicht alle Bauern im SVLT Mitglied. Werbung für eine Mitgliedschaft bei uns hat der Verband aber schon immer gemacht. Man könnte die Werbung allenfalls noch intensivieren, damit man den Status quo halten kann. Das wird aber schwierig werden.
Wie kann man junge Bauern überzeugen, beim SVLT Mitglied zu bleiben oder noch zu werden?
Mit der Beratungstätigkeit. Da haben wir ein sehr gutes Dienstleistungsangebot. Bei uns kann man anrufen und Auskunft über viele technische und strassenverkehrsrechtliche Fragen erhalten. Da erbringt der SVLT eine wertvolle Hilfe für die Mitglieder.
Sie sind ein Mann der Wirtschaft, waren lange im Verkauf tätig. Jetzt wechseln Sie die Seiten. Wie werden Sie diese Herausforderung angehen?
Die Verbandstätigkeit ist für mich nicht etwas Neues. Ich bin sei einiger Zeit im Zentralvorstand des Schweizerischen Rollhockey-Verbandes tätig. Da habe ich das Verbandwesen sehr gut kennengelernt, und das hat mich auch dazu gebracht, vollberuflich bei einem Verband tätig zu werden. Übrigens muss man sich auch in der Wirtschaft in einem vorgegebenen Rahmen und im Budget bewegen. Das ist nicht viel anders als in einem Verband.
SVLT
Der Schweizerische Verband für Landtechnik SVTL mit Sitz in Riniken AG hat rund 20000 Mitglieder. Damit gehört der SVLT zu den grössten Verbänden in der Landwirtschaft. Zum Verband gehören schweizweit 22 Sektionen sowie die Vereinigung Lohnunternehmer Schweiz. Am Verbandssitz in Riniken arbeiten acht Personen. Für die verschiedenen Kurse in der Schweiz sind weitere Leute für den SVLT tätig. röt
Sie waren bis 2008 Verkaufsleiter der Traktoren von Massey-Ferguson, wechselten dann in eine andere Branche. Haben Sie noch Einblick in die Landtechnik-Branche?
Auch wenn ich in den letzten Jahren weg war von der Landtechnik-Branche, habe ich diese Branche weiterverfolgt. Da habe ich den Faden nie ganz verloren. Natürlich nicht mehr mit den gleichen Informationen wie zu meiner Zeit als MF-Verkaufsleiter.
Was denken Sie, wie hat sich der Schweizer Traktorenmarkt seither verändert?
Ich denke, es ist noch härter geworden. Der Traktorenmarkt war zwar schon zu meiner Zeit hart umkämpft. Aber heute mit den Grosskonzernen hat der Druck noch einmal zugenommen. Auch gibt es immer weniger Kunden. Das ist wie bei uns. Ein zusätzlicher Druck kommt von den Direktimporten vor allem von Occasionsmaschinen. Da ist für die Bauern vieles einfacher geworden.
Wissen Sie noch, wie viele MF-Traktoren in Ihrer Zeit als Verkaufsleiter in der Schweizer verkauft worden sind?
Durchschnittlich 200 Traktoren pro Jahr. Da gab es aber immer Schwankungen. Der Marktanteil von MF hat sich zwischen 7 und 10 Prozent bewegt. Das Ziel waren 10 Prozent, das ist aber nicht jedesmal gelungen.
Zurück zum SVLT. Der Verband unterstützt seine Mitglieder sehr stark im Bereich Strassenverkehr. Was sind hier die wichtigsten Aufgaben?
Das ist ein wichtiger Teil in unserer Beratungstätigkeit. Denn sich im Gesetzesdschungel zurechtzufinden, ist nicht einfach. Und Unwissenheit schützt bekanntlich nicht vor Strafe. Die Bauern hatten früher quasi so etwas wie Narrenfreiheit auf der Strasse. Das ist längst vorbei. Die grossen Traktoren und Landmaschinen von heute sowie die stetige Verkehrszunahme sind eine grosse Herausforderung. Unsere Aufgabe ist es, dass sich die Bauern im Rahmen der Gesetze zurechtfinden.