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«Essen aus heimischen Boden langfristig sichern»

Bauernverbandspräsident Markus Ritter darüber, wieso die Schweiz eine hohe Selbstversorgung braucht und wieso der Verband deshalb eine Initiative lanciert.

Jonas Ingold, lid |

 

 

Bauernverbandspräsident Markus Ritter darüber, wieso die Schweiz eine hohe Selbstversorgung braucht und wieso der Verband deshalb eine Initiative lanciert.

In Europa zeichnet sich derzeit keine Nahrungsmittelkrise ab, weltweit steigern Staaten ihre Exporte und die Produktion von landwirtschaftlichen Rohstoffen. Weshalb ist der Bauernverband (SBV) dennoch der Meinung, dass die Selbstversorgung in der Schweiz gestärkt werden muss?
Markus Ritter: Weil wir in die Zukunft schauen. Die Weltbevölkerung wächst weiter und könnte nach neuesten Berechnungen im Jahre 2050 zehn Milliarden Menschen erreichen. In den Schwellenländern steigt der Konsum von Milch und Fleisch. Durch die Veredlung erhöht sich der Flächenbedarf, um die gleiche Anzahl Kalorien für die menschliche Ernährung zu produzieren. Genau diese Flächen sind aber begrenzt. Auch andere Ressourcen wie zum Beispiel Süsswasser sind heute schon in vielen Gebieten limitierende Faktoren. Der Klimawandel bringt zusätzliche Produktionsunsicherheit: manchmal bleibt der ersehnte Regen viel zu lange aus oder es schüttet so stark, dass es den fruchtbaren Boden davon schwemmt. Ausreichend gesunde Nahrungsmittel bereit zu stellen, ist die grosse Herausforderung, die auf uns zukommt.

Die Initiativ-Text enthält keine konkreten Forderungen. Bleibt bei Begriffen wie "nachhaltig“ oder "wirksam“ nicht zu viel Spielraum, als dass noch eine Wirkung erzielt werden kann?
Wir sprechen hier von der Verfassung. Eine übergeordnete Grundlage, die über lange Zeit Bestand hat. Es ist nicht sinnvoll, konkrete Massnahmen in die Verfassung zu schreiben. Wir werden begleitend konkrete Massnahmen auf Gesetzesebene auflisten, um aufzuzeigen, wo wir ansetzen wollen. Das ist dann sehr konkret. Zudem haben wir uns zu den gewählten Begriffen einige Gedanken gemacht. So heisst zum Beispiel "stärken“, dass der Bund mehr machen muss als heute, um die Produktion von Nahrungsmitteln in unserem Land attraktiv zu halten.

 

Neuer Verfassungsartikel gefordert

Mit seiner Initiative will der SBV einen neuen Artikel (104a) in die Verfassung schreiben: "Der Bund stärkt die Versorgung der Bevölkerung mit Nahrungsmitteln aus nachhaltiger inländischer Produktion; er trifft wirksame Massnahmen insbesondere gegen den Kulturlandverlust.“ Die Landwirtschaftskammer hat die Lancierung bereits gutgeheissen. Das letzte Wort haben aber die SBV-Delegierten an ihrer Versammlung im November. Ebenfalls eine Initiative zum Thema lancieren will eine Gruppe rund um SVP-Nationalrat Rudolf Joder.

 

Weshalb wird auf ein konkretes Ziel – etwa im Grad der Selbstversorgung – verzichtet?
Weil nur schon die Berechnung des Selbstversorgungsgrads schwierig ist. Zudem hängt er von zahlreichen Faktoren ab, die wir nicht in der Hand haben. Selbst wenn es uns gelingt, unser Kulturland bestmöglich zu erhalten und weiterhin die gleiche Menge Nahrungsmittel zu produzieren, würde der Selbstversorgungsgrad bei weiterhin steigender Bevölkerung sinken.

Mit dem neuen Artikel in der Verfassung soll insbesondere auch das Kulturland geschützt werden. Reicht das revidierte RPG nicht aus?
Nein, das revidierte Raumplanungsgesetz reicht nicht aus. Wir wollen das Kulturland und speziell die Fruchtfolgeflächen stärker schützen als heute. Der Kulturlandverlust soll mindestens halbiert werden. Dazu braucht es zusätzliche Instrumente.

Auf kantonaler Ebene wurde in Zürich bereits eine Kulturlandinitiative gutgeheissen, in Bern plant die Lobag in Zusammenarbeit mit den Grünen auch eine Initiative. Wieso braucht es dennoch eine nationale Regelung?
Die kantonalen Initiativen sind sehr gut und nützlich. Sie sensibilisieren die Bevölkerung für das Problem des enormen Kulturlandverlustes, der heute gang und gäbe ist. Vielleicht erreichen es einzelne Kantone eine kantonale Lösung herbeizuführen, die noch strenger ist, als die nationale Regelung. Entscheidend ist aber die Weichenstellung auf nationaler Ebene.

Könnte auch der SBV mit den Grünen zusammen arbeiten, wie es die Lobag tut? Oder stehen andere Partner im Vordergrund?
Wir suchen mit allen das Gespräch und sind offen für eine Zusammenarbeit mit sämtlichen Kreisen, die unser Vorhaben unterstützen. Es geht nicht um Parteipolitik oder grundsätzliche Gesinnung, sondern um das gemeinsame Anliegen: Wir wollen unser Essen aus dem heimischen Boden langfristig sichern.

Wie stehen die Chancen, dass die Initiative zustande kommt?
Die Chancen sind mehr als gut und ich bin auch überzeugt, dass wir die benötigten Unterschriften in relativ kurzer Zeit beisammen haben. Wenn die Delegierten im November zustimmen, starten wir voraussichtlich im Februar mit der Unterschriftensammlung. Wir wissen folglich in weniger als einem Jahr, wie gross der Rückhalt für unser Anliegen ist. Anschliessend kommen die Beratungen im Parlament und der Abstimmungskampf.

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