Die Abhängigkeit der EU von Ölsaatenmehlen für die Tierfütterung ist besonders gross, insbesondere bei Soja.
Charles Echer
Einmal mehr sind sich die EU-Agrarminister zumindest bei diesem Thema einig: Die Europäische Union muss ihre Abhängigkeit von Import-Eiweissträgern reduzieren. Gleichzeitig sehen viele Ressortchefs ihr jeweils eigenes Land auf einem guten Weg. Ausgangspunkt war eine am Montag, dem 14. Juli, beim EU-Agrarrat von der dänischen Ratspräsidentschaft vorgelegte vierseitige Stellungnahme. Darin heisst es, dass die Erzeugung von pflanzlichen Proteinen für Lebens- und Futtermittel erhöht werden soll.
Anfällig für globale Marktschwankungen
Insgesamt liege die Versorgungslücke zwar «nur» bei rund 25% des Verbrauchs. Die Abhängigkeit von Ölsaatenmehlen für die Tierfütterung sei allerdings besonders gross, insbesondere bei Soja. Ein weiteres Problem sei der hohe Konzentrationsgrad bei den Drittstaat-Lieferanten. Dadurch sei das hiesige Lebensmittelsystem anfällig für globale Marktschwankungen. Die Dänen weisen in diesem Zusammenhang auf die strategische Bedeutung einer zu steigernden Produktion im EU-Binnenmarkt hin.
Von der Kommission wird daher ein umfassender Plan zur Bewältigung dieser Herausforderungen gefordert. Aktivitäten aus Politik, Forschung und von vor Ort müssten besser verknüpft werden. Ziel sei «ein autarkeres und nachhaltigeres EU-Eiweisssystem». Gleichzeitig empfiehlt die dänische Präsidentschaft, die verbleibenden Importe zu diversifizieren. In der Stellungnahme wird jedoch nicht nur schwarzgemalt. So sei es in der EU in den letzten 15 Jahren gelungen, die Produktion eiweisshaltiger Pflanzen um 28% zu steigern.
Immerhin ein positiver Trend
Agrarkommissar Christophe Hansen unterstrich die Bedeutung des dänischen Papiers. Er erinnerte die Mitgliedstaaten an ihren Handlungsspielraum. Beispielsweise gebe es die Möglichkeit, gekoppelte Produktionsbeihilfen anzubieten, sektorale Interventionen einzurichten sowie entsprechende Ökosysteme und Agrarumweltmassnahmen zu konzipieren. Auch könnten Investitionsbeihilfen gewährt werden.
Dem Luxemburger zufolge ist allein die gekoppelte Einkommensstützung für Leguminosen und Eiweisspflanzen in 20 nationalen GAP-Strategieplänen enthalten. Wichtig sei zudem eine pflanzenbaulich sinnvolle Integration in die Fruchtfolge. Der Trend ist laut dem Brüsseler Agrarchef auch weiterhin positiv. So erwartet Hansen, dass die geförderte Fläche von 4,2 Mio. Hektar im Jahr 2022 auf fast 7,1 Mio. Hektar im Jahr 2027 steigen wird.
Zur Einordnung: Insgesamt werden in der Europäischen Union aktuell etwas über 100 Mio. Hektar Ackerland bewirtschaftet. Gut 70 Mio. Hektar sind Grünlandfläche.
Rainer sieht Deutschland auf gutem Weg
Bundeslandwirtschaftsminister Alois Rainer sieht Deutschland bei der Verringerung von Importabhängigkeiten auf einem guten Weg. Deutschland verfolge bereits seit 2012 eine Strategie zur Steigerung der heimischen Proteinproduktion. Frankreichs Agrarministerin Annie Gevenard verweist auf das 2021 gestartete Pendant in ihrem Heimatland.
Irlands Minister Martin Heydon befürwortete einen inklusiven Ansatz, bei dem die Mitgliedstaaten gemeinsam auf den Ausbau der heimischen Produktion pflanzlicher Proteine hinarbeiten sollten. Pflanzliche und tierische Proteine müssten dabei gemeinsam betrachtet werden. Beide leisteten schliesslich einen Beitrag für eine verbesserte Ernährungssicherheit. Seine Kollegin aus Luxemburg, Martine Hansen, verweist auf die besondere Bedeutung von Weideland bei der Versorgung mit Futterprotein. Laut der Christdemokratin sollte daher vor allem der Wert des Grünlands verbessert werden.