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EU: Bauern sollen auf Ökoflächen produzieren

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Um zu verhindern, dass noch mehr Menschen auf der Welt hungern, sollen Bauern in der EU künftig ökologische Ausgleichsfläche in Ackergebieten nutzen dürfen. 

 

Dort sollten künftig Nahrungs- und Futtermittel angebaut werden können, um die Produktion zu steigern, teilte die EU-Kommission am Mittwoch mit. Brachliegende ökologischen Vorrangflächen sollen also für die Weidehaltung oder die Erzeugung von Eiweisspflanzen genutzt werden können, um die Abhängigkeit von Importen aus der Ukraine zu verringern. 

 

Zudem sollen Bäuerinnen und Bauern in der EU mit knapp 500 Millionen Euro unterstützt werden. So soll sichergestellt werden, dass sich steigende Preise etwa für Dünger und Sprit nicht auf die Ernährungssicherheit auswirken. Landwirte, die nachhaltig produzieren, sollen dabei Vorrang haben. 

 

Landwirtschaft widerstandfähiger machen

 

«Was Lebensmittel angeht, so ist es jetzt an der Zeit, dass Europa sich solidarisch zeigt und die Ukraine, ihre Bevölkerung und Landwirtinnen und Landwirte, genauso wie die schwächsten, nahrungsmitteleinführenden Länder unterstützt, in denen die Preise deutlich steigen und Nahrungsmittel knapp werden könnten», lässt sich der Vizepräsident der EU-Kommission, Valdis Dombrovskis, in einer Mitteilung zitieren. 

 

Ausfuhrbeschränkungen müssten verhindert werden, um Nahrungsmittelpreise deckeln zu können. «Auch wenn die Ernährungssicherheit in der EU nicht gefährdet ist, sollten wir dafür sorgen, dass Lebensmittel erschwinglich bleiben, und Schritte unternehmen, um unsere Landwirtschaft und Lebensmittelversorgungsketten widerstandsfähiger und nachhaltiger zu machen und so für künftige Krisen gerüstet zu sein», führt er weiter aus.

 

EU soll zur Ernährungssicherheit beitragen

 

Die EU-Kommission will alle erforderlichen Massnahmen ergreifen, um sicherzustellen, dass die EU als Netto-Lebensmittelexporteur und «führender Agrar- und Lebensmittelerzeuger zur weltweiten Ernährungssicherheit beiträgt», heisst es in der Mitteilung weiter.

 

Die europäische Landwirtschaft sei ein Nettoimporteur bestimmter Produkte, beispielsweise von Eiweissfuttermittel. «Die dadurch bedingte Anfälligkeit und die hohen Betriebsmittelkosten, so für Düngemittel und fossile Energieträger, stellen die Landwirtinnen und Landwirte vor grosse Herausforderungen und bergen die Gefahr steigender Lebensmittelpreise», schreibt die EU-Kommission.

 

Folgende Massnahmen wurden beschlossen:

 

  • Ein Hilfspaket von 500 Mio. Euro (513 Mio. Fr.), das auch die Inanspruchnahme der Krisenreserve einschliesst, um die von den schwerwiegenden Folgen des Krieges in der Ukraine am stärksten betroffenen Produzenten zu unterstützen. Auf dieser Grundlage könnten die Mitgliedstaaten Landwirtinnen und Landwirten zusätzliche finanzielle Unterstützung gewähren, um zur weltweiten Ernährungssicherheit beizutragen oder Marktstörungen aufgrund höherer Betriebsmittelkosten oder Handelsbeschränkungen abzufedern. Der Unterstützung von Landwirtinnen und Landwirten, die nachhaltige Verfahren anwenden, sollte Vorrang eingeräumt werden.
  • Höhere Vorschüsse für Direktzahlungen sowie flächen- und tierbezogene Massnahmen zur Entwicklung des ländlichen Raums an Landwirtinnen und Landwirte ab dem 16. Oktober 2022.
  • Massnahmen zur Marktstützung für den Schweinefleischsektor, der sich in einer besonders schwierigen Lage befindet.
  • Eine aussergewöhnliche und befristete Ausnahmeregelung, um die Produktion von Nahrungs- und Futtermittelpflanzen auf Brachflächen zuzulassen und gleichzeitig die Ökologisierungszahlungen für Landwirtinnen und Landwirte in vollem Umfang beizubehalten.
  • Die besondere vorübergehende Flexibilität bei bestehenden Einfuhrvorschriften für Futtermittel wird dazu beitragen, den Druck auf den Futtermittelmarkt zu verringern.

 

Verheerende Folgen befürchtet

 

Wegen des russischen Krieges gegen die Ukraine dürften grosse Mengen an Getreide aus dem osteuropäischen Land für den Weltmarkt wegfallen. Zudem seien Häfen, aus denen Getreide in die Welt verschifft werde, blockiert, berichtete der ukrainische Agrarminister Roman Leschenko den Abgeordneten des EU-Parlaments.

 

Wegen des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine werden vor allem für ärmere Länder verheerende Folgen befürchtet. Die Ukraine und Russland sind wichtige Produzenten von günstigem Getreide – vor allem Weizen. Die beiden Länder liefern nach Angaben der EU-Kommission zusammen rund 34 Prozent des Weizens für die Weltmärkte. Importeure wie Jemen, Bangladesch, Pakistan, Sudan und Nigeria seien zum Teil bereits stark von Ernährungsunsicherheit betroffen.

 

Die UN-Landwirtschafts- und Ernährungsorganisation FAO mit Sitz in Rom spricht davon, in Asien, im Nahen Osten und in Afrika könnte sich die Zahl unterernährter Menschen 2022/23 zwischen 8 und 13 Mio. erhöhen, und die Preise drohten zwischen 8 und 20% anzusteigen. Analysten sehen darin ein Potenzial für neue Unruhen wie zuletzt im Arabischen Frühling.

 

Debatte um Nutzung

 

In der EU-Staaten gibt es eine Debatte über den richtigen Umgang mit den Kriegsfolgen. Dabei wird etwa darüber gestritten, ob die Ökoflächen für zusätzliche Produktion eingesetzt werden sollen. Der den Grünen nahe stehende Heinrich-Böll-Stiftung zufolge wäre der Effekt davon aber minimal. Mehr Effekt habe es, wenn weniger Flächen für die Futter- und mehr für die Lebensmittelproduktion genutzt würden. Nach Angaben von Greenpeace werden 71 Prozent der Agrarnutzfläche in der EU dazu verwendet, Tiere zu füttern. Gemäss der Stiftung sind Finanzhilfen für ärmere Länder die bessere Lösung.

 

Der Vorsitzende des Agrarausschusses im EU-Parlament, Norbert Lins (CDU), sagte hingegen, so könne immerhin der Weizenimportbedarf für Ägypten, Marokko und Tunesien gedeckt werden. 

 

Österreich: EU muss unabhängiger werden

 

Die Freigabe von Brachflächen wird auch aus Deutschland und Österreich unterstützt. So sagte die österreichische Agrarministerin, Elisabeth Köstinger, am Montag in Brüssel, die Nutzung von Brachflächen sei notwendig, um den Verlust der ukrainischen Ernten auszugleichen.  «Wenn wir die Brachfläche nutzen wollen, dann braucht es jetzt die notwendigen Massnahmen. Allein in Österreich könnten wir dadurch rund 9’000 ha mehr in die Produktion bringen. In Europa gibt es ein Potenzial von 4 Mio. ha», erklärte Köstinger.

 

Zudem sprach sie sich für eine EU-Eiweissstrategie aus. «Wir brauchen endlich eine EU-weite Eiweissstrategie, um bei Futtermitteln unabhängiger von Drittlandimporten zu werden», forderte Köstinger. Der Krieg Russlands gegen die Ukraine zeige einmal mehr die dringende Notwendigkeit, dass sich ein starkes Europa selbst mit Lebens- und Futtermitteln versorgen müsse. 

 

D: Futterbau statt Ökoflächen

 

Auch für Deutschland hat Bundesagrarminister Cem Özdemir (Grüne) angekündigt, dass Landwirt in diesem Jahr ausnahmsweise auf ökologischen Vorrangflächen Futterpflanzen anbauen dürfen. Die Fläche soll insgesamt 1 Millon Hektar betragen. Die Massnahme soll den Preisanstieg bei Futter mildern. Weiter sollen Programme für mehr regional erzeugte Futtermittel und für mehr erneuerbare Energien in der Landwirtschaft vorwärts gebracht werden. 

 

Aufgrund der hohen Düngerpreise forderten die Niederlande eine Ausnahmeregelung für die Ausbringung von Düngemitteln aus Gülle.

Kommentare (4)

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  • Minu | 24.03.2022
    Ich verstehe sowieso nicht, warum man nicht schon lange ein Umdenken gemacht hat. Man wartet zu, bis es fast zu spät ist. Was nützen uns die Öko-Flächen wenn wir Nahrung brauchen! Tragisch, dass es für Öko-Flächen mehr Geld gibt als für Ackerbau! Der Wohlstand in der Schweiz ist zu hoch und wir haben zu viele Theoretiker. Die Gesetze machen uns noch einmal zu Grunde.
    Landwirtschaft aus Liebe zur Natur!
    • Vontobel Max | 24.03.2022
      Bravo!
  • Gesunder Menschenverstand | 24.03.2022
    Bauern sollen auf Ökoflächen produzieren können, auch in der Schweiz! Da wäre gesunder Menschenverstand gefragt.
    • Ideologie | 24.03.2022
      wird das zu verhindern wissen

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