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EU macht mit Schoggi Druck auf die Schweiz

Eine neue EU-Regel verlangt, dass beim Import von Kakao bestimmte Daten in ein EU-System eingeben werden müssen. Schweizer Schokoladen-Hersteller brauchen daher den Zugang zu diesem EU-System. Brüssel macht diesen Zugang jedoch von den Fortschritten der aktuellen Gesprächen zwischen der Schweiz und der EU abhängig. 

Rohstoffe wie Rindfleisch, Kaffee, Holz, Soja, Kautschuk, Palmöl und Kakao sollen nicht mehr in der EU verkauft werden, wenn dafür Wälder gerodet wurden. Mit ihrer Entwaldungsverordnung will die EU die Entwaldung und Waldschädigung auf ein Minimum reduzieren.

Die Export-Länder, wie Ecuador oder Ghana, äussern aber Bedenken an der Wirksamkeit dieser Massnahme. Sie fürchten gar nachteilige Effekte, wie zunehmende Armut. 

Neues EU-Informationssystem

Damit dies kontrolliert werden kann, müssen ab dem 1. Januar 2025 alle Unternehmen, die diese Rohstoffe und daraus hergestellte Produkte in die EU importieren, Informationen zur Standortbestimmung in ein eigens dafür geschaffenes EU-Informationssystem eingeben. Das soll auch für Produzenten aus Drittstaaten wie der Schweiz gelten.

Aktuell sei jedoch noch unklar, «ob und wie Schweizer Exporteure von Schokolade und Kaffee sich an das EU-Informationssystem andocken können», sagte Urs Furrer, Direktor des Verbands der Schweizer Schokolade-Produzenten Chocosuisse, zur Nachrichtenagentur Keystone-SDA. Der Zugang zum EU-System sei jedoch «dringend nötig».

Die EU ist für die Schweizer Schokoladen-Produzenten nämlich ein wichtiger Absatzmarkt. Jährlich exportieren sie rund 150’000 Tonnen Schokolade ins Ausland. Rund die Hälfte davon geht in die EU. Laut Aussenhandelsstatistik waren es 2022 53,1 Prozent.

Administrativer Aufwand droht

«Die Zeit drängt», sagte Furrer mit Blick auf 2025. Die Daten müssen laut dem Chocosuisse-Direktor unbedingt bereits beim Import der Kakaobohnen in die Schweiz in das EU-System eingegeben werden können. Je nach Fall können es nämlich Tausende von Daten zur Bestimmung eines Standortes zu den einzelnen Kakaofarmen sein, die pro Container angegeben werden müssen.

Hätten die Schweizer Produzenten erst nach der Verarbeitung Zugang zum EU-System, wäre es nochmals viel komplizierter, die verlangten Daten ins System einzugeben, da beispielsweise der für die Herstellung einer Schokolade verwendete Kakaobutter aus verschiedenen Ländern stammt.

Ohne vorgängigen Zugang zum EU-Informationssystem drohe den Schweizer Herstellern «ein erheblicher administrativer Aufwand», warnt der Chocosuisse-Direktor. Wie dieser bewältigt werden könnte, sei derzeit noch weitgehend unklar.

Chocosuisse arbeitet an Plan B

Daher müsse bis Ende 2024 eine Vereinbarung zwischen der Schweiz und der EU abgeschlossen werden, die einerseits die «gegenseitige Anerkennung analoger Regeln» sowie den Zugang zum EU-Informationssystem gewährleiste, forderte Furrer.

Das Ganze sei sehr technisch. «Deshalb müssen wir uns auf eine Situation vorbereiten, in welcher Ende 2024 noch keine solche Vereinbarung vorliegt», so der Chocosuisse-Direktor weiter.

Hinzu kommt, dass unklar ist, ob die EU überhaupt bereit ist, mit der Schweiz eine solche Vereinbarung zu unterzeichnen. Zwar hat sich die Bundesverwaltung mit der EU-Kommission über die Entwaldungsverordnung ausgetauscht, wie das Staatssekretariat für Wirtschaft (Seco) auf Anfrage bestätigt.

Doch auch hier zeigt Brüssel seine Muskeln. «Der Abschluss einer solchen Vereinbarung zwischen der Schweiz und der EU dürfte vom politischen Kontext abhängen», schreibt das Seco. Der Bundesrat werde noch in diesem Jahr über das weitere Vorgehen befinden.

KMU besonders belastet

Chocosuisse kämpft noch mit weiteren neuen Regulierungen aus der EU – etwa mit einer Richtlinie zur Reduktion von Verpackungen. «Das Ziel ist unterstützenswert, aber gewisse Vorgaben wären problematisch», sagt Furrer. Je nach Ausgestaltung der EU-Verpackungsrichtlinie könnten gewisse Verpackungen für Geschenke oder für Saisonartikel wie Adventskalendern verboten werden.

Probleme könnten auch die Vorgaben zur Reduktion von Leerräumen in Verpackungen wie bei Osterhasen bereiten. Zudem wird ein Verbot von Multipackungen wie etwa 3er-Packs mit einzeln verpackten Riegeln diskutiert. Der europäische Schokoladen- und Süsswarenverband CAOBISCO intervenierte deshalb bei der EU-Kommission.

Auch das EU-Lieferkettengesetz, das noch im Gesetzgebungsverfahren ist, und weltweit die Einhaltung von Menschenrechtsstandards und des Umweltschutzes zum Ziel hat, dürfte einen administrativen Mehraufwand für die Unternehmen mit sich bringen.

All dies «belastet insbesondere die KMU, welche die Mehrheit der Schweizer Schokoladehersteller ausmachen, stark», sagte Furrer. Rund ein Drittel der Schweizer Schokolade-Hersteller sind grosse Unternehmen wie Nestlé, Delica oder Mondelez, rund zwei Drittel KMU.

Kritik von Exportländern an EU

Die neue EU-Entwaldungsrichtlinie zum Schutz des Waldes kommt bei den Export-Ländern von Kakao, Kaffee und anderen Rohstoffen nicht gut an: 17 Staaten haben ihre Kritik kürzlich in einem gemeinsamen Brief an hochrangige EU-Politikerinnen und Politiker gerichtet. Für sie sind die neuen EU-Regeln «diskriminierend» und verstossen möglicherweise gegen WTO-Recht.

Trotz mehrfach geäusserten Bedenken würden die neuen EU-Regeln in «weniger als 18 Monaten in Kraft treten», kritisieren die 17 Botschafter in einem Brief, der der Nachrichtenagentur Keystone-SDA vorliegt. Sie befürchten, dass sie die von der EU verlangte flächendeckende Geo-Lokalisation der Anbauflächen bis Ende 2024 nicht abgeschlossen haben.

Während die Mehrkosten sicher seien, sei es absolut nicht sicher, dass die neuen EU-Regeln die Entwaldung verringern könnten. Auch andere «nachteilige Effekte» wie etwa vermehrte Armut, könnten nicht ausgeschlossen werden, schreiben sie. Besonders betroffen dürften vor allem kleine Unternehmen sein, welche die von der EU verlangten administrativen Bedingungen nicht erfüllen könnten.

Der Brief vom 7. September wurde von den Botschaftern von Argentinien, Bolivien, Brasilien, der Dominikanischen Republik, Ecuador, Elfenbeinküste, Ghana, Guatemala, Honduras, Indonesien, Kolumbien, Malaysia, Mexiko, Nigeria, Paraguay, Peru sowie Thailand unterzeichnet.

Kommentare (1)

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  • Das Geld | 25.09.2023
    für die armen Schoggibarone könnten die Milchbauern über einen höheren Rohstoffabzug bringen. Und alles wäre wieder in Butter.
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