Das Freihandelsabkommen zwischen der EU und Kanada (CETA) hat zu einem Anstieg der Produktion von rotem Fleisch und Milcherzeugnissen in der EU geführt – und umgekehrt zu einem Rückgang der kanadischen Produktion. Das geht aus einem kürzlich von der EU-Kommission veröffentlichten Berichtsentwurf hervor, in dem die Brüsseler Behörde das Abkommen evaluiert.
Die Studie kommt zum Ergebnis, dass durch das Handelsabkommen die Produktion von rotem Fleisch in der EU rechnerisch um jährlich 72'000 Tonnen angestiegen ist, während in Kanada aufgrund von CETA 25'088 Tonnen weniger produziert wurden. Zwar habe die EU im Rahmen des Freihandelsabkommens auch Kanada eine Reihe von Quoten für rotes Fleisch eingeräumt, die grundsätzlich einen einfacheren Marktzugang ermöglichen sollen. Diese werden von kanadischen Exporteuren bislang jedoch nur in sehr geringem Masse ausgeschöpft. So soll beispielsweise zwischen 2021 und 2023 die Ausnutzung der Zollkontingente für Rind- und Kalbfleisch bei lediglich 3 % gelegen haben.
Hormonfleisch unerwünscht
Ein wesentlicher Grund für die geringe Nutzung dieser Quoten sind laut EU-Kommission die strengen veterinär- und lebensmittelrechtlichen Vorschriften der EU, die sich erheblich von den kanadischen Regelungen unterscheiden.
So verbietet die EU etwa die Einfuhr von Fleisch von Rindern, die mit Wachstumshormonen behandelt wurden. Kanadische Produzenten müssten daher spezielle, hormonfreie Produktions- und Lieferketten aufbauen, was mit erheblichen Zusatzkosten verbunden sei.
Milch ja, Getreide nein
Auch bei Milchprodukten sollen europäische Produzenten profitiert haben. Aufgrund des Abkommens seien in der EU jährlich 48'525 Tonnen mehr Rohmilch gemolken worden; gleichzeitig sei laut dem Bericht in Kanada die Milchproduktion um 100'690 Tonnen zurückgegangen. Verantwortlich dafür seien unter anderem zwei Quoten für Käse, die der EU im Rahmen von CETA eingeräumt wurden.
Anders sehe es bei Getreide aus: Hier profitiere Kanada. Das Handelsabkommen soll dafür gesorgt haben, dass dort pro Jahr rechnerisch 137'339 Tonnen mehr Getreide angebaut wurden. In Europa sei die Produktion dagegen um 109'696 Tonnen zurückgegangen.
Wein und Soja als Spitzenprodukte
Berücksichtige man jedoch den Wert der drei Produktgruppen, so ergebe sich für die EU ein deutlich positiver Effekt.
EU-Exportschlager Richtung Kanada sind jedoch Wein und frische Trauben. Sie hatten 2023 einen Anteil von 18,8 % an allen landwirtschaftlichen Ausfuhren in das nordamerikanische Land. Wein und Trauben sind auch die Produktkategorie mit den grössten Zuwächsen beim Exportwert unter den EU-Agrarprodukten. Branchenkenner geben jedoch zu bedenken, dass die Zuwächse beim Absatz in Kanada möglicherweise nicht nur auf niedrigere Zölle, sondern auch auf veränderte Vorlieben kanadischer Konsumentinnen und Konsumenten zurückzuführen sind.
Wichtigstes landwirtschaftliches Importgut der EU aus Kanada waren im Gegenzug Sojabohnen mit einem Anteil von 17,8 %.
Ratifikation noch nicht abgeschlossen
Das Handelsabkommen CETA ist seit dem 21. September 2017 vorläufig in Kraft. Es wird nur für diejenigen Bereiche angewendet, die unstreitig in der Zuständigkeit der EU liegen. Damit es vollständig in Kraft treten kann, muss es von den Parlamenten aller 27 EU-Mitgliedstaaten ratifiziert werden.
Bislang sind 17 Mitgliedstaaten diesen Schritt gegangen; neben Frankreich fehlen unter anderem noch Italien, Griechenland und Belgien. In Deutschland ist der Ratifikationsprozess abgeschlossen, das Gesetz zur Ratifizierung trat am 20. Januar 2023 in Kraft. Kanada hat die Ratifizierung ebenfalls bereits abgeschlossen.