Für den reibungslosen Waren- und Personenverkehr auf dem Rhein sorgt die Zentralkommission für die Rheinschifffahrt (ZKR), an der auch die Schweiz beteiligt ist. Doch nun will Brüssel die Binnenschifffahrt in Europa harmonisieren und die Kompetenzen in Brüssel zentralisieren. Dies könnte die Schweizerischen Rheinhäfen vor Probleme stellen.
«Der Warenverkehr auf dem Rhein funktioniert aktuell sehr gut», sagt Florian Röthlingshöfer, Direktor der Schweizerischen Rheinhäfen, zur Nachrichtenagentur Keystone-SDA. Dies sei für die Schweizer Wirtschaft wichtig.
Ein Blick auf die Zahlen bestätigt: «Über zehn Prozent des gesamten schweizerischen Aussenhandels» werde über den Rhein abgewickelt, schreibt das Bundesamt für Verkehr (BAV) auf seiner Webseite. Laut Schweizerischen Rheinhäfen werden jährlich etwa sechs Millionen Tonnen Güter und rund 125›000 Container umgeschlagen.
Um die gute Zusammenarbeit auf dem Rhein weiter zu stärken, wird Röthlingshöfer am kommenden Mittwoch in den Niederlanden ein Abkommen – ein so genanntes «Memorandum of Understanding» – mit dem Hafen Rotterdam unterzeichnen. Auch Bundesrätin Simonetta Sommaruga wird anwesend sein.
Doch schon bald könnte die Situation für die Schweizer Rheinhäfen schwieriger werden. Denn mit der fortschreitenden Integration des EU-Binnenmarktes ist die EU-Kommission daran, auch die Binnenschifffahrt zu harmonisieren.
Unsicherheiten für die Schweiz
Für sich gesehen, sei dies ein richtiger und positiver Schritt für das Gewerbe, sagt Röthlingshöfer. «Doch wir haben festgestellt, dass die EU-Kommission im Zuge dieser Harmonisierung gerne Kompetenzen der ZKR bei sich ansiedeln würde.»
Diese Tendenz verstärken dürfte ausserdem der «Green Deal», die Wachstumsstrategie der EU hin zu einer klimaneutralen Gesellschaft. Mit Blick auf die Reduktion des CO2-Ausstosses strebt Brüssel nämlich den Ausbau der Binnenschifffahrt an. Gemäss EU-Verkehrskommissarin Adriana Valean hat die Binnenschifffahrt «das Potential, eine zentrale Rolle bei der Dekarbonisierung unseres Transportsystems zu spielen».
Dieses Ziel sei für die Binnenhäfen grundsätzlich positiv, so Röthlingshöfer. Jedoch könnte diese Entwicklung die Schweiz früher oder später vor konkrete Probleme stellen.
Der Direktor erklärt dies anhand von Schiffs-Führerausweisen. Aktuell seien diese in einer zentralen Datenbank gespeichert, auf die die ZKR-Staaten Zugriff hätten. Bei einer Kompetenzverschiebung würde sich dann für die Schweiz die Frage des Zugriffs auf die Datenbanken stellen.
An Zentralkommission festhalten
Bis anhin hat sich jedoch die Zusammenarbeit der an der Rheinschifffahrt beteiligten Staaten in der ZKR bewährt. Deren Rechtliche Grundlage ist die «Mannheimer Akte», ein Abkommen aus dem Jahre 1868. Dank diesem wurde die Rheinschifffahrt harmonisiert, und es existieren heute auf dem Rhein einheitliche Vorschriften. Aufgabe der Zentralkommission ist es, sich weiter für die «freie Schifffahrt auf dem Rhein» einzusetzen, wie es auf ihrer Webseite heisst.
ZKR Mitglieder sind Deutschland, Frankreich, die Niederlande, Belgien und die Schweiz. «Als einziges Nicht-EU-Land ist dieses Gremium für uns äusserst wichtig», sagt Röthlingshöfer. Denn anders als in der EU sei hier die Schweiz gleichberechtigtes Mitglied.
Käme es jedoch tatsächlich zu einer Kompetenzverschiebung nach Brüssel, dürfte der Schweiz am Ende nicht mehr viel anders übrig bleiben, als die EU-Regelungen im Bereich der Binnenschifffahrt zu übernehmen. Zudem könnte die Schweizer Rheinschifffahrt zum Spielball der Politik werden, so wie es die Schweizer Börse SIX oder die Medizintechnikbranche erfahren musste.
Die Handelskammer beider Basel ist sich dieser Problematik bewusst und entsprechend besorgt. Daher fordert deren Präsidentin und Mitte-Nationalrätin Elisabeth Schneider-Schneiter (BL) den Bundesrat dazu auf, die institutionellen Fragen mit der EU nun zügig zu klären. «Denn nur so kann die für die Rheinhäfen in Basel und alle anderen Schweizer Unternehmen so wichtige Rechtssicherheit gewährleistet werden.»
Unterstützung in der Kompetenzfrage der ZKR kommt laut Röthlingshöfer von Seite der Mitgliedstaaten der Zentralkommission selbst. «Denn die Zusammenarbeit innerhalb des Gremiums ist unkompliziert und funktioniert hervorragend.» Das wolle man beibehalten, aber gleichzeitig auch eine konstruktive Zusammenarbeit mit der EU suchen.


