Der Euro hat nach fünfmonatigem Kleben nahe am Mindestkurs der Schweizerischen Nationalbank (SNB) spürbar an Stärke gewonnen. Am Freitag notierte die Gemeinschaftswährung sogar erstmals seit Mitte März wieder über 1,21 Franken.
Am Morgen setzte der Euro zum Sprung an, um 9 Uhr stieg er über die Marke von 1,21 Fr. und erreichte in den Minuten danach einen Kurs von bis zu 1,213 Franken. Zum Dollar legte der Euro von 1,263 auf 1,268 zu.
EZB will entschlossen gegen Krise ankämpfen
Grund ist die Ankündigung der Europäischen Zentralbank (EZB), sie sei bereit, im Kampf gegen die Euro-Krise an den Finanzmärkten unbegrenzt Anleihen der Euro-Krisenstaaten zu kaufen. Dies soll deren Zinslast reduzieren.
In Erwartung dieses Schrittes hatte sich der Euro bereits am Mittwoch erstmals seit Ostern spürbar von der Marke des SNB-Mindestkurses von 1,20 Fr. gelöst.
SNB-Devisenbestände gestiegen
Zuvor war die SNB zu umfangreichen Interventionen am Devisenmarkt gezwungen gewesen, um den Mindestkurs zu verteidigen. Im August stiegen ihre Devisenanlagen gegenüber Juli um 9,8 Mrd. Fr. auf den Rekordwert 418,4 Mrd. Franken, wie aus einer am Freitag publizierten Meldung der SNB an den Internationalen Währungsfonds (IWF) hervorgeht.
Ein Grossteil des Anstiegs im August sei auf Devisenkäufe im Zusammenhang mit dem Euro-Mindestkurs zurückzuführen, sagte ein SNB- precher auf Anfrage der Nachrichtenagentur sda. Der Bestand per Ende Juli wurde minimal nach oben revidiert auf von 406,5 Mrd. auf 408,6 Mrd. Franken.
Verglichen mit den Vormonaten hat sich der Anstieg der Devisenreserven deutlich verlangsamt. Steigt nun der Euro, kann die SNB möglicherweise sogar Kursgewinne auf Euro-Anlagen verbuchen.
Historisches am 6. September
Den Euro-Mindestkurs hatte die SNB am 6. September 2011 proklamiert. Genau ein Jahr später am 6. September 2012 folgte die EZB mit ihrem historischen Schritt, der den Euro um jeden Preis retten soll. Für den Kauf von Staatsanleihen sollen allerdings strenge Voraussetzung gelten. So müssen notleidende Staaten zuvor einen Hilfsantrag beim Euro-Rettungsfonds EFSF/ESM stellen. Widerstand hatte alleine der Präsident der deutschen Bundesbank, Jens Weidmann, angekündigt. Er sieht einen Verstoss gegen das Verbot einer Staatsfinanzierung durch die unabhängige EZB.
EZB-Chef Mario Draghi argumentierte dagegen, die Entscheidung werde die Währungshüter «in die Lage versetzen, Verzerrungen auf den Staatsanleihenmärkten zu bekämpfen». Die Wirkung der herkömmlichen EZB-Geldpolitik sei wegen des Misstrauens in den Euro gestört. «Zerstörerische Szenarien können verhindert werden, die die Preisstabilität in der Eurozone nachhaltig beeinflussen könnten.»
Die in Bedrängnis geratenen Euro-Schwergewichte Spanien und Italien drängen darauf, sich günstiger frisches Geld am Markt zu besorgen. Die EZB kauft dabei allerdings nur auf dem Sekundärmarkt, also etwa von Banken, nicht direkt von den Staaten. Und Griechenland muss sich entscheiden, die Sparvorgaben umzusetzen, oder aus dem Euro auszutreten.