In Frankreich hat ein Gerichtsverfahren im Zusammenhang mit dem im Jahr 2013 bekanntgewordenen Skandal um nicht deklariertes Pferdefleisch in Fertiggerichten begonnen.
Wie die Verbraucherschutzorganisation „UFC-Que Choisir“, die in dem Verfahren als Nebenkläger auftritt, berichtete, müssen sich seit Montag vergangener Woche vier Personen wegen gewerbsmässigem Betrug und Warenbetrug vor dem erstinstanzlichen Zivilgericht in Paris verantworten.
Auf der Anklagebank sitzen zwei damalige Angestellte des Fleischverarbeiters Spanghero sowie zwei niederländische Fleischhändler. Medienberichten zufolge schieben sich die Beschuldigten gegenseitig die Verantwortung zu; es zeichnet sich ab, dass ihre Verteidigungsstrategie auf einem „Missverständnis“ aufbauen soll.
So bestreitet der ehemalige Leiter des betroffenen Produktionsstandorts, dass wissentlich Pferdefleisch verarbeitet wurde. Es habe lediglich Fahrlässigkeit bei der Kennzeichnung gegeben; visuell sei die gelieferte Ware unauffällig gewesen. Geliefert worden sei Ware mit der Kennzeichnung „BF“, was er als „boeuf“, also Rindfleisch aufgefasst habe.
Keine Verträge
Der Verkäufer gab dagegen an, die Abkürzung stehe für „boneless fore“ - knochenloses Vorderteil. Die Staatsanwaltschaft verweist allerdings darauf, dass der Angeklagte bereits beim Preis hätte stutzig werden müssen. Indes existieren von Geschäften der Beschuldigten offenbar keinerlei schriftliche Aufzeichnungen; auch Verträge habe es nicht gegeben.
Spangheros niederländischer Lieferant steht auf dem Standpunkt, nur den Wünschen seines Kunden nachgekommen zu sein. Das Unternehmen habe Pferdefleisch bestellt, man habe wie gewünscht geliefert. Der Händler ist allerdings kein unbeschriebenes Blatt. Er wurde 2012 in den Niederlanden verurteilt - wegen des Verkaufs von Pferdefleisch als Halal-Rindfleisch, und zwar insbesondere nach Frankreich. Spangheros ehemalige Angestellte wollen davon allerdings nichts gewusst haben.
Pferdefleisch aus Rumänien
Anfang 2013 war zuerst in Grossbritannien und Irland nicht deklariertes Pferdefleisch in Fertiggerichten nachgewiesen worden. In den darauffolgenden Wochen hatte der Skandal immer weitere Kreise gezogen; in ganz Europa wurden Fertigmahlzeiten wie Lasagne, Tortelloni oder Gulasch entdeckt, die entgegen ihrer Kennzeichnung Pferdefleisch enthielten.
Betroffen waren in Deutschland beispielsweise die Discounter Lidl und Aldi, ausserdem die Handelsketten Edeka, Rewe, Real, Kaiser’s Tengelmann und Kaufland. Auch beim Schweizer Lebensmittelkonzern Nestlé wurden nicht deklarierte Anteile von Pferdefleisch in zwei Nudelgerichten gefunden, die in Italien und Spanien angeboten wurden.
Nach Angaben von „UFC-Que Choisir“ stammte das Pferdefleisch aus Rumänien und wurde in die Niederlande an einen der Angeklagten verkauft. Dort habe die Ware in den Besitz des anderen Beschuldigten gewechselt und sei schließlich an Spanghero geliefert worden. Auf dem Weg dahin seien offenbar einfach die Etiketten ausgetauscht worden und die „rumänischen Pferde damit zu französischen Rindern geworden“.
Laut den Verbraucherschützern wechselten zwischen Februar 2012 und Februar 2013 mehr als 750 t Fleisch zwischen Schlachtung und Verarbeitung auf diese Weise die Art. Insgesamt seien ungefähr 4,5 Millionen Fertiggerichte in dreizehn Länder geliefert worden.