In Frankreich hat die Kontroverse um die Distanzregelungen für die Anwendung von Pflanzenschutzmitteln in der Nachbarschaft von Wohnsiedlungen einen neuen Höhepunkt erreicht.
Das oberste Verwaltungsgericht, der Staatsrat, erklärte Teile der entsprechenden Verordnung für unzureichend und machte der Regierung einen besseren Schutz der Bevölkerung zur Auflage.
Gestritten wird vor allem um die Vorgaben für Flächen ohne Pflanzenschutzeinsatz (ZNT), die je nach Kultur und Wirkstoff zwischen 3 m und 20 m Abstand zu Wohngebieten herstellen sollen.
Vorgaben überarbeiten
Die Richter wiesen die Regierung an, die gesetzlichen Vorgaben innerhalb von sechs Monaten zu überarbeiten. Insbesondere müssen die Abstände für Wirkstoffe vergrössert werden, die im Verdacht stehen, krebserregend, erbgutverändert oder reproduktionstoxisch zu sein.
Die Regierung muss bei ihren Schutzbemühungen zudem auch in der Nähe arbeitende Personen einbeziehen; diese sind bislang nicht berücksichtigt worden. Hieraus könnten sich neue Auflagen für die Landwirte ergeben, da nun möglicherweise neben Wohnsiedlungen auch Büros, Gewerbegebiete und Lagerhallen durch ZNT geschützt werden müssen.
Vor dem Spritzen informieren
Nach Ansicht des Staatsrats haben die betroffenen Personen ausserdem Anspruch darauf, vor dem Pflanzenschutzmitteleinsatz informiert zu werden. Laut dem französischen Bauernverband (FNSEA) könnten von der Ausweitung der Vorgaben für Wirkstoffe, bei denen bereits der Verdacht auf eine schädliche Wirkung besteht, mehr als 500 Produkte betroffen sein.
Dies könne bei bestimmten Kulturen „schwerwiegende“ Folgen haben. Die Distanzregelungen waren zum 1. Januar 2020 in Kraft getreten und schon davor Gegenstand hitziger Diskussionen gewesen. Zahlreiche Bauern- und vor allem auch Winzerverbände hatten vor den Konsequenzen gewarnt. Im Jahr 2019 hatte es in diesem Zusammenhang auch landesweite Proteste gegeben, die schliesslich ein Entgegenkommen der Regierung bewirkt hatten.
Die in der Folge eingeführten Ausnahmemöglichkeiten hatten indes wiederum Kritik von Umweltorganisationen und Verbraucherschützern zur Folge. Am Ende wurden die Regelungen von Nichtregierungsorganisationen, Gemeinden und Biolandwirten auf der einen sowie Bauernverbänden und einer Landwirtschaftskammer auf der anderen Seite angefochten.
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