Der von landwirtschaftlichen Genossenschaften getragene Agrarkonzern Fenaco hat 2020 bei knapp gleichbleibendem Nettoerlös einen rekordhohen Gewinn gemacht. Grund dafür sind auch die Hamsterkäufe der Bevölkerung während der Coronapandemie.
Der Nettoerlös blieb mit 6,98 Milliarden Franken praktisch auf dem Niveau des Vorjahres (7 Mrd.), wie Fenaco am Dienstag mitteilte. Dabei sei das Unternehmen aus eigener Kraft um 2,4 Prozent gewachsen und Zukäufe hätten 0,5 Prozent zum Wachstum beigetragen. Gleichzeitig drückten aber Preiseffekte den Nettoerlös, was insgesamt zu einem Rückgang um 0,3 Prozent führte.
Bestes Ergebnis der Geschichte
Der Betriebsgewinn (EBIT) nahm derweil um 37,6 Prozent auf 166,4 Millionen Franken zu und unter dem Strich resultierte ein Unternehmensergebnis von 135,5 Millionen, was einer Steigerung gegenüber dem Vorjahr um 23,1 Prozent entspricht.
Das sei das beste Ergebnis in der Geschichte der Fenaco und in erster Linie den besonderen Marktbedingungen im Detailhandel wegen der Coronapandemie zu verdanken, heisst es. Dass sich der Gewinn trotz knapp gehaltenem Umsatz so stark nach oben entwickelt hat, ist laut Fenaco-Chef Martin Keller auf die veränderte Umsatzzusammensetzung zurückzuführen: «Der Detailhandel hat etwas höhere Margen als der Energiehandel.»
Laut Philipp Zgraggen, Leiter der Division Detailhandel bei Fenaco, haben aber primär die sinkenden Allgemeinkosten für den hohen Gewinn gesorgt. Diese seien wegen der Coronapandemie deutlich tiefer gewesen als in einem «normalen» Jahr, etwa weil Reisekosten wegfielen. Aber auch die Logistikkosten hätten sich in Relation zum Umsatz deutlich verbessert: «Die LKWs waren voll beladen, es gab wenig Stau- und tiefe Standzeiten», ergänzte er.
Detailhandel legte massiv zu
So ist denn auch die Sparte Detailhandel, wozu etwa die Volg- und Landi-Geschäfte gehören, die grösste Gewinnerin unter den vier Geschäftsfeldern (Agrar, Lebensmittelindustrie, Detailhandel und Energie) von Fenaco. Die Schweizerinnen und Schweizer hätten öfter bei Volg und Landi eingekauft, weil sie im eigenen Land Ferien machten und von zu Hause aus arbeiteten.
So hat etwa die Volg Gruppe bereits im Januar gemeldet, dass sie im Pandemiejahr um 16 Prozent gewachsen ist. Und auch in den Landi-Läden wurde der Umsatz laut einer früheren Meldung um 5,5 Prozent gesteigert. Der Detailhandel steigerte seinen Nettoerlös um 14,4 Prozent auf 2,33 Mrd. Fr.
Lebensmittelindustrie mit Ergebnisrückgang
Im Geschäftsfeld Agrar stieg der Nettoerlös um 1,4 Prozent auf 1,96 Mrd. Fr. Alle Geschäftsbereiche konnten ihre Marktposition halten oder gar ausbauen, sagte Fenaco-Chef Martin Keller.
Im Geschäftsfeld Lebensmittelindustrie betrug der Nettoerlös 1,33 Mrd. Fr. Mit einem leichten Plus von 0,4 Prozent bewegte er sich trotz der zeitweisen Schliessung der Gastronomie in etwa auf Vorjahresniveau. Möglich war dies laut Fenaco auch dank den Akquisitionen der Walliser Traditionskellerei Provins sowie des Westschweizer Eierhändlers Labeye. Es kam jedoch zu einem massiven Ergebnisrückgang. Das liegt einerseits daran, dass die Gastronomielokale lange Zeit geschlossen waren, andererseits aber auch am Überangebot beim Wein.
Weniger getankt
Negativ entwickelte sich der Nettoerlös dafür im Geschäftsfeld Energie, zu dem etwa die Agrola-Tankstellen gehören: Das hat damit zu tun, dass die Leute viel weniger Auto gefahren sind, weil sie zuhause blieben. Und auch der massive Preiseinbruch im Bereich Treib- und Brennstoffe habe sich hier manifestiert.
Laut Fenaco-Chef Keller blicken die Bäuerinnen und Bauern auf ein insgesamt positives Jahr zurück. Wetterbedingten Extremereignissen blieben grösstenteils aus. «In der Folge fielen die Erträge im Pflanzenbau mehrheitlich gut bis sehr gut aus», so Keller. Bei den Nutztieren blieb die Produktion bei stabilen bis leicht höheren Preisen konstant.
Desinfektionsmittel und Online boomen
Bei den «diversen Geschäftseinheiten», dazu gehört unter anderem das IT-Unternehmen Bison oder die Ufag Laboratorien, stieg der Nettoerlös mit plus 6,2 Prozent ebenfalls deutlich an. Das hat vor allem damit zu tun, dass sich die Desinfektionsmittel und Putzmittel, die bei der in dieser Einheit angegliederten Firma Halag Chemie hergestellt werden, natürlich wie verrückt verkauften.
Auch der Online-Detailhandel machte einen nie dagewesenen Sprung: Laut Martin Keller haben sich die Bestellungen bei den Webshops von Landi teils auf bis zu 10’000 pro Tag vervierzehn- bis verfünfzehnfacht. Und der Onlineverkauf riss nach der Wiederöffnung der Läden nicht ab: «Auch in den Folgemonaten wurde über den Landi-Onlineshop rund 60 Prozent mehr bestellt als im Vorjahr», sagte Keller.
Einkommen der Bauern stiegen
Die Massnahmen zur Eindämmung der Corona-Pandemie wirkten sich auch auf die Landwirtschaft aus. «Die Schliessung der Gastronomie und das enorme Wachstum im Detailhandel brachten Angebot und Nachfrage bei einigen Produkten zwischenzeitlich aus dem Gleichgewicht», so Keller weiter. Gefragt waren typische Krisenprodukte etwa Frischkartoffeln, Lagergemüse, Eier, Mehl und Hackfleisch. «Die Lieferketten konnten sich jedoch dank der hohen Inlandversorgung rasch anpassen», sagt Keller. Insgesamt habe der gesamtlandwirtschaftliche Produktionswert zugenommen.
Dem gegenüber seien rückläufige Produktionsmittelkosten gegenüber gestanden. «In der Summe stiegen die Einkommen der landwirtschaftlichen Betriebe an. Damit setzte sich die steigende Tendenz der letzten Jahre fort. Das freut mich», sagte Martin Keller. Dies sei ein wichtiges Indiz dafür, dass die Fenaco den genossenschaftlichen Auftrag, Landwirtinnen und Landwirte bei der wirtschaftlichen Entwicklung ihrer Betriebe zu unterstützen, erfülle.
2021 normalisiert sich Lage
Für das aktuelle Jahr rechnet die Genossenschaft damit, dass sich die Coronapandemie erneut auf den Geschäftsgang auswirken dürfte, jedoch nicht mehr gleich stark wie 2020. Die wirtschaftliche Entwicklung im Geschäftsfeld Agrar dürfte gemäss Keller von der Pandemie weiterhin wenig tangiert sein und daher konstant positiv verlaufen. In der Lebensmittelindustrie rechnet er mit der Wiedereröffnung der Gastronomie mit einer Normalisierung.
Im Detailhandel geht Keller von einem starken Jahr aus. «Allerdings sind keine derart hohen Wachstumsraten mehr zu erwarten wie 2020», erklärt Keller. Im Geschäftsfeld Energie rechnet er mit hohem Druck auf die Brenn- und Treibstoffmärkte. Demgegenüber werden die erneuerbaren Energien weiter zulegen. «Über alle Geschäftsfelder hinweg rechnen wir mit einem leicht höheren Nettoerlös als 2020. Das Betriebs- sowie das Unternehmensergebnis werden jedoch unter dem Vorjahr liegen und sich somit wieder normalisieren», sagt Keller.