Rüebli, Salat und Beeren auswählen, online zusehen, wie alles wächst, und dann die Ernte per Post vor die Haustüre geliefert bekommen. Das ist das Konzept von MyFeld. Damit es funktioniert, leisten Bauern die Handarbeit.
Marcel Villiger ist gelernter Landwirt und Zimmermann. In Fenkrieden AG hat er derzeit viel zu tun, denn er muss rund 250 Gärten bewirtschaften. Die Kunden in der ganzen Schweiz warten derzeit auf ihre Rüebli, den Salat und die Zwiebeln – oder schon ungeduldig darauf, «ihren» Garten für die Sommersaison zu bestellen. Das tun sie aber nicht in Gummistiefeln oder Wanderschuhen in Fenkrieden, sondern online am PC. Möglich macht es das Start-up MyFeld, das im Oktober 2020 gegründet wurde. Das Konzept: Online-Gärtner kaufen ihren Garten, 16 Quadratmeter gross, und bepflanzen ihn über die Website, wobei sie eine Auswahl von über 30 Gemüsesorten, Beeren und Kräutern haben. Der Konfigurator warnt die Kunden, wenn etwa zwei Gemüsearten nicht verträglich sind oder es für Kartoffeln zwei Quadratmeter braucht. Der Feldkonfigurator in Fenkrieden wiederum berechnet, wann das Gemüse reif ist und verschickt werden kann.
Ein ähnliches Konzept hat Stefan Brunner aus Spins BE unter dem Namen «Bionär» entwickelt. Auch da kann man quadratmeterweise vom Bauern Kulturen anbauen lassen. Bionär wird 2021 aber ausgesetzt.
Die ersten Radiesli
«Diese Woche werden die ersten Radiesli und Salate und vielleicht auch bereits Erdbeeren ausgeliefert», blickt Raphaell Schär, Gründer und CEO von MyFeld, voraus. «Diese Lieferungen fallen noch in die Frühlingssaison», erklärt er, «diese dauert von April bis Ende Juni. Von Juli bis November läuft dann die Sommersaison, und auch in dieser kann man einen Garten online bepflanzen.» Wer im Frühling einen Garten «kauft», kann dann die Frühlings- und die Sommerernte «einfahren».
Wer erst im Juni startet, hat den Sommergarten und dann nächsten Frühling noch den Frühlingsgarten zum Bepflanzen. Im Winter werden alle Gärten abgebaut, und der Boden wird gepflügt. Im Frühling vor dem Start soll eine Gründüngung dem Boden Nährstoffe liefern. «Wir haben erst dieses Jahr begonnen und sind begeistert, wie gut die Bodenqualität bereits ist», so der CEO von MyFeld.
«Wir haben lediglich etwas Kompost eingesetzt und werden nun von Jahr zu Jahr schauen, wie wir die Bodenfruchtbarkeit erhalten können.» MyFeld arbeitet mit biologischen Stecklingen und Samen und hält die Biorichtlinien ein. Bisher habe man nicht einmal mit Schnecken Probleme gehabt, geschweige denn mit Schädlingen und Krankheiten. Raphaell Schär dazu: «Damit das so bleibt, setzen wir einen Franken pro Bestellung für die Anlage einer Blumenwiese ein, die die Nützlinge fördern soll.»
Reine Handarbeit
Drei Bauern und weitere Hilfsarbeiter unter der Führung von Marcel Villiger setzen aktuell die Anweisungen aus dem Online-Konfigurator um und bewirtschaften die einzelnen Gärten. Dank der Webcam können die Online-Gärtner jederzeit einen Blick auf die Felder werfen. Sobald die Ernte reif ist, schickt MyFeld die Box mit der Post direkt vor die Haustür. «Für 13 Franken pro Woche erhalten unsere Kunden eine Ernte, die für einen Haushalt von ein bis drei Personen reicht», versichert der Geschäftsführer.
17 Mal pro Jahr ist dies der Fall, wenn jemand den Frühlingsgarten und den Sommergarten «mietet». Das kostet 55 Franken pro Monat – denn das Gärtnern ist reine Handarbeit. Einzig ein Bewässerungsroboter, gekoppelt an Bodensensoren, hilft den Bauern. Der Renner im Sortiment von 33 Gemüsen, Früchten und Kräutern sind laut Raphaell Schär Rüebli, Tomaten und Randen. Maximal 16 Pflanzen können auf den 16 Quadratmetern geplant werden. «Wir haben auch Restaurants, die nur Rüebli oder nur Broccoli wollen», wundert er sich, «andere Kunden schöpfen die ganze Vielfalt aus.»
Expansion läuft
MyFeld ist derzeit am Expandieren. «Wir haben schon andere Gärten in anderen Regionen und möchten noch weitere Flächen nach unserem Konzept bewirtschaften», blickt Raphaell Schär voraus, «das würde auch die Lieferungen regional machen. Und wir haben viele Anfragen von Bauern, die auch einsteigen wollen.»


