Die Ich-Erzählerin ist aus Berlin nach Ferymont in die Schweiz heimgekehrt, um mit Erntearbeit etwas Geld für ihr Studium zu verdienen. Sie ist hier aufgewachsen und deshalb mit der Gegend zwischen den drei Seen vertraut.
Zugang zu Erntehelfer
Das unterscheidet sie von den Helferinnen, mit denen sie die Arbeit auf dem Feld oder im Folientunnel teilt. Sie bilden eine Gemeinschaft, die sich trotz Stückakkord gegenseitig auch einmal aushilft. Im Lauf der Jahreszeiten ernten sie Spargeln, pflücken Beeren und bringen Tabak ein. Am Sonntag verrichten sie Hausarbeit und ruhen sich aus, um am Montag früh wieder für die Arbeit gerüstet zu sein.
Bereitwillig fügt sich die Erzählerin in diesen Kreislauf ein und findet nach und nach Zugang zu Daria, Konrad oder Weronika, deren Heimat im Osten Europas liegt.
«Ferymont» ist ein wunderliches Debüt, in dem nichts Spektakuläres geschieht. Die Erzählerin hält das Tageswerk fest, achtet auf ihre Arbeitskolleginnen und nimmt zurückhaltend Anteil an deren Leben. Die körperliche Anstrengung, die langen Arbeitszeiten oder die Sehnsucht nach Zuhause werden ohne viel Aufhebens nur gestreift.
Rücksichtnahme und Solidarität
Der tragische Tod von Daria wird betrauert, aber nur andeutungsweise der Arbeit angelastet. Das mag verharmlosend klingen. Der Autorin scheint es jedoch um etwas anderes zu gehen. Sie zeichnet das Bild einer Arbeitsgemeinschaft, in der sich alle behutsam um eine gute Atmosphäre bemühen. Die Arbeit ist das Leben.
Vertrauen ist hier nicht das Resultat von persönlicher Intimität, sondern von Rücksichtnahme und Solidarität. Lorena Simmel beschreibt es gelassen und präzise. Sie richtet ihre Aufmerksamkeit auf die sachlichen Handgriffe, die beiläufigen Gesten und die kleinen Verlegenheiten. Zwischendurch lässt sie den Blick über das Grosse Moos schweifen, um ihn neu zu justieren. Mehr braucht es nicht, und dennoch bewahrt das Buch jederzeit eine subtile Spannung.



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