In wenigen Wochen kommt die Initiative vors Volk. Der Abstimmungskampf nimmt Fahrt auf. Der Bündner Bauernverband (BBV) legte am Dienstag auf dem Biobetrieb der Familie Obrecht dar, warum er das Begehren ablehnt.
«Verhinderungsinitiative»
Thomas Roffler, Präsident des BBV, hob hervor, dass es bei der Debatte nicht um ein generelles Ja oder Nein zur Biodiversität gehe, sondern um die Ablehnung eines extremen Initiativtextes, der die Importabhängigkeit erhöhen würde: «Ein Nein zur Initiative ist kein Nein zu mehr Biodiversität. Die gesetzlichen Grundlagen zur Förderung der Biodiversität sind bereits vorhanden.»
Ein starrer Rahmen bringe weder die Natur noch die Wirtschaft weiter. Roffler sprach bei der Biodiversitätsinitiative von einer Verhinderungsinitiative. Bei einem Ja würden Bauten oder ganze Landschaften und Ortsbilder unter Schutz gestellt, die Nutzung eingeschränkt. Der Berg- und Tourismuskanton Graubünden sei aber auf Infrastrukturen angewiesen.
Für die Landwirtschaft hätte eine Annahme gemäss Roffler zur Folge, dass eine Fläche grösser als der Kanton Graubünden aus der Produktion genommen würde. «Dies wiederum hätte eine Schwächung der inländischen Nahrungsmittelproduktion zugunsten von Importen aus dem Ausland zur Folge», warnte der BBV-Präsident.
15 Prozent weniger Kartoffeln
Astrid Derungs, Präsidentin des Bündner Bäuerinnen- und Landfrauenverbands (BBLV), wies darauf hin, dass die Bevölkerung in der Schweiz stetig wächst. «Gleichzeitig dehnt sich die Siedlungsfläche auf Kosten der Anbauflächen aus, so dass immer weniger Land für die Nahrungsmittelproduktion zur Verfügung steht», führte sie aus.
Die Annahme der Initiative würde zu einem weiteren Rückgang der Inlandproduktion führen. Sie untermauerte dies mit einem Beispiel: «Die heimische Produktion von Kartoffeln, Brotgetreide oder Raps würde bei einem Ja um rund 15 Prozent zurückgehen. Das entspricht dem Kartoffelverbrauch von 1,3 Millionen Menschen pro Jahr.» Um die Ernährungssicherheit zu gewährleisten, müssten Kompromisse eingegangen werden. «Deshalb ist es prioritär, die Qualität der Biodiversitätsflächen zu verbessern und nicht, sie zu vergrössern», machte Derungs klar.
Biodiversität für Bauern wichtig
Junglandwirtin Sina Beck aus Grüsch sagte, dass die Förderung der Biodiversität für die Bauernfamilien wichtig sei. «Rund 20 Prozent der landwirtschaftlichen Nutzfläche stehen für die Biodiversitätsförderung zur Verfügung, gefordert wären lediglich 7 Prozent. Dazu kommen zahlreiche Ressourcenprojekte zur Förderung der Biodiversität, an denen sich die Landwirtschaft landesweit beteiligt», sagte Beck.
Anschliessend zeigten Andi und Christian Obrecht anhand ihres Betriebs im Domleschg, wie die Biodiversität gefördert wird. Neben artenreichen Wiesen tragen Heckenpflege, Mahdreste, Obstbäume und viele weitere Kleinstrukturen zur Biodiversität bei. Andi Obrecht hob hervor, dass die Biodiversität auf ihrem Betrieb intakt sei.
Biodiversitätsinitiative
Die Initiative «Für die Zukunft unserer Natur und Landschaft (Biodiversitätsinitiative)» wurde Anfang September 2020 vom Trägerverein «Ja zu mehr Natur, Landschaft und Baukultur» eingereicht. Der Trägerverein wäre bereit gewesen, sein Begehren zurückzuziehen, hätte das Parlament den indirekten Gegenvorschlag des Bundesrates angenommen. Dieser hätte unter anderem 17 statt wie derzeit 13,4 Prozent der Fläche für Tiere und Pflanzen zur Verfügung stellen wollen. Auch hätten Städte und Gemeinden mehr für den Schutz der Artenvielfalt unternehmen müssen.
Die Initiative will Bund und Kantone verpflichten, die Artenvielfalt, die Landschaft und das baukulturelle Erbe besser zu schützen. Sie fordert für den Erhalt der Biodiversität mehr Flächen und mehr Gelder der öffentlichen Hand. Zahlengrössen nennt sie dabei nicht. Die Organisation Pro Natura, die im Ja-Komitee mitmacht, hat als Schutzziel 30 Prozent der Fläche genannt. Schutzgebiete von gesamtschweizerischer Bedeutung müsste der Bund festlegen und kantonale Schutzgebiete die Kantone. Ausserdem verlangt die Initiative, die Natur, vielfältige Landschaften und schöne Ortsbilder auch ausserhalb von Schutzgebieten zu schonen.
Es wird nie mehr gelogen , als vor einer Abstimmung
und nach einer Hochjagd ......