Wegen der Dürre am Horn von Afrika sind nach Angaben der Vereinten Nationen Teile Somalias von einer akuten Hungersnot betroffen. Zehntausende Menschen sind bereits an den Folgen von Unterernährung gestorben.
Was sind die Ursachen der humanitären Katastrophe?
Es gibt mehrere Gründe für die Verschärfung der Lage in dieser Region. Die anhaltende Dürre, der bewaffnete Konflikt und die damit verbundene Vertreibung der Menschen sowie der erschwerte Zugang für Hilfsorganisationen zu den betroffenen Gebieten.
Zudem befinden sich die Preise für Lebensmittel wie Getreide auf Rekordhöhe. Der Preis für rotes Sorghum ist seit vergangenem Jahr um 240 Prozent.
Wie viele Menschen leiden unter der aktuellen Hungersnot?
Über 13 Millionen Menschen sind von der Dürre betroffen und benötigen Nothilfe. In Kenia soll die Zahl der Hilfebedürftigen bis Mitte August von 1,8 auf 3,2 Millionen steigen. In Somalia sind derzeit 3,7 Millionen Menschen auf humanitäre Hilfe angewiesen. Der Grossteil von ihnen (2,2 Millionen) befindet sich im Süden des Landes und damit in einer der unzugänglichsten Regionen für Hilfsorganisation.
Wie viele Flüchtlinge gibt es in der von der Hungersnot betroffenen Region?
Die Gesamtzahl somalischer Flüchtlinge in den Nachbarländern beträgt derzeit rund 870’000. Die meisten von ihnen leben dort bereits seit Jahren. Seit Januar 2011 sind aufgrund der Dürre fast 200’000 Somalier in Kenia (125’000) und Äthiopien (77’000) eingetroffen (Stand 31. Juli 2011). Hinzu kommen rund 1,5 Millionen Binnenvertriebene in Somalia selbst. (+100’000 in den vergangenen zwei Monaten). Sie suchen Zuflucht in der Hauptstadt in Mogadischu.
Wie viele Flüchtlingslager gibt es und wo befinden sie sich?
Für die somalischen Flüchtlinge gibt es derzeit vor allem drei Flüchtlingslager (mit 400’000 Flüchtlingen) bei Dadaab, einer Ortschaft im Osten Kenias.
In Äthiopien gibt es ebenfalls drei Lager in der Gegend von Dollo Ado im Osten des Landes. Ein weiteres Camp für 60’000 Flüchtlinge ist kurz vor der Fertigstellung. In Somalia selbst leben viele hunderttausend Binnenvertriebene in Lagern.
Seit wann regnet es nicht mehr in den betroffenen Gebieten?
Die jetzige Dürre ist vor allem auf das Ausbleiben der Regenzeit von Oktober bis Dezember 2010 und der damit ausbleibenden Ernte zurückzuführen. Zudem lag 2011 in einigen Regionen im Norden Kenias sowie im Süden Somalias die Niederschlagsmenge rund 30 Prozent unter dem Durchschnitt der vergangenen 15 Jahre.
Was müssen Flüchtlinge tun, um in den Lagern an Essen und Hilfsgüter zu gelangen?
Flüchtlinge erhalten nach ihrer Ankunft eine erste Notunterstützung - Plastikplanen, Wasserkanister, Schlafmatten, Kochutensilien und eine Nahrungsmittelration für 21 Tage. Mehrere Wochen im Durchschnitt warten derzeit die Neuankömmlinge in den Flüchtlingslagern in Dadaab auf ihre offizielle Registrierung - und damit auch das Armband, mit dem sie die ihnen zustehende Ration an Lebensmitteln abholen können.
Was bekommen die Bedürftigen täglich zum Essen und Trinken?
Um die akute Mangelernährung zu bekämpfen, erhalten Kinder unter fünf Jahren eine Spezialnahrung (Supplementary Plumpy). Dabei handelt es sich um eine dickflüssige Paste zum sofortigen Verzehr. Eine Tagesration enthält 500 Kalorien.
Erwachsene erhalten je nach Bedarf Wochen- und Monatsrationen. In Somalia werden zudem sogenannte angereicherte Energie-Kekse (High-energy biscuits) ausgegeben. Ausserdem werden auch in Kenia und Äthiopien Mais, Weizen, Reis, Sorghum, Hülsenfrüchte sowie Salz und Zucker verteilt.
Woran mangelt es in den Flüchtlingslagern?
Die Aufnahmekapazitäten müssen dringend erweitert werden. Das Lager in Daadab war ursprünglich für lediglich 90’000 Menschen vorgesehen, nun leben dort über 400’000 Flüchtlinge und täglich kommen über 1000 hinzu. Die Menschen (mehrheitlich Frauen, Kinder und Jugendliche) sind vielfach in lebensbedrohlichem Masse unterernährt und müssen entsprechend konzentriert versorgt werden.
Die Trinkwasserversorgung ist ebenfalls ein zentrales Problem. In den Daadab-Lagern wird Trinkwasser derzeit aus einer Tiefe von 180 Metern gewonnen. Neue Trinkwasserreservoirs müssen erschlossen werden. In ausreichendem Masse müssen zudem sanitäre Anlagen gebaut werden, um die Ausbreitung gefährlicher Krankheiten zu verhindern.
Wie soll sich die Lage in den nächsten Tagen entwickeln?
In den kommenden vier bis sechs Wochen wird eine Ausweitung der Hungersnot auf den gesamten Süden Somalias erwartet, die voraussichtlich bis mindestens Dezember 2011 andauern wird.
Wann wird mit einer spürbaren Verbesserung der Lage gerechnet?
Die kommende Regensaison wird erst im Oktober erwartet. Mit Erträgen wird Ende 2011 und zu Beginn des kommenden Jahres gerechnet.
(Quelle: Flüchtlingshilfswerk (UNHCR) und Welternährungsprogramm der Vereinten Nationen (WFP))