Die Schweizerische Nationalbank (SNB) dürfte ein weiteres Mal an ihrer aktuellen, sehr lockeren Geldpolitik festhalten. Dank der Entwicklung an der Impfstofffront und der damit verbundenen Beruhigung an den Finanzmärkten konnte sie zuletzt gar etwas aufatmen.
Dazu beigetragen, dass das Team um SNB-Präsident Thomas Jordan vielleicht aktuell etwas besser schlafen kann als auch schon, hat aber auch der Entscheid der Europäischen Zentralbank (EZB) vom letzten Donnerstag.
Zinsabstand konstant
Demnach halten die europäischen Währungshüter zwar auch an ihrer sehr expansiven Geldpolitik fest bzw. haben diese sogar noch etwas ausgeweitet, aber es wurde zumindest nicht weiter an der Zinsschaube nach unten gedreht. Oder in anderen Worten: der Zinsabstand zwischen dem Franken und dem Euro bleibt konstant.
«Die SNB kann nach dem EZB-Entscheid jedenfalls erst einmal tief durchatmen», schreiben denn auch die Ökonomen von Raiffeisen Schweiz in einem Kommentar. Für die vierteljährliche Lagebeurteilung der SNB diesen Donnerstag gebe es somit kaum etwas anzumerken. Dank dem unveränderten EZB-Einlagensatz drohe von dieser Front aktuell kein erneuter Aufwertungsdruck für den Franken – und somit gebe es auch kein Handlungsdruck für die Nationalbank.
Weniger Aufwertungsdruck
Die hiesigen Notenbanker dürften also ihren Leitzins von -0,75 Prozent bestätigen. «Wir erwarten keine Änderung der Geldpolitik in der Schweiz», heisst es bei der Credit Suisse. CS-Ökonom Maxime Botteron betont in diesem Zusammenhang auch, dass die Devisenkäufe der SNB im vierten Quartal deutlich gefallen seien. Dies zeige auch, dass der Aufwertungsdruck auf den Franken momentan weniger hoch sei.
Konkret ist der Franken zur Gemeinschaftswährung nach den positiven News zu den Impfstoffen von Pfizer/Biontech oder Moderna Ende November/Anfang Dezember zum Franken auf den tiefsten Stand im Jahr 2020 gefallen. Oder anders ausgedrückt: Das EUR/CHF-Währungspaar stieg bis auf 1,0873, nachdem es wenige Wochen zuvor noch deutlich unter 1,07 notiert hatte. Nichtsdestotrotz werde das SNB-Direktorium aber sicherlich seine Bereitschaft zu Devisenkäufen «gebetsmühlenartig wiederholen», so Raiffeisen.
Franken wertet sich gegen Dollar auf
Das dürfte allerdings auch mit der Entwicklung des US-Dollar zu tun haben. Trotz der Abwertung des Frankens zum Euro habe es für die SNB nämlich nicht nur gute Nachrichten gegeben, schreiben die Analysten von Capital Economics. Und meinen dabei den Franken, der sich gegenüber dem US-Dollar weiter aufgewertet hat.
So fiel das USD/CHF-Währungspaar dabei letzte Woche bis auf fast 0,8850 und damit den Jahrestiefststand bzw. den tiefsten Stand seit Aufhebung des Euro-Mindestkurses im Januar 2015. Zwar sei der Anteil des Greenback am handelsgewichteten Währungskorb nur ein Drittel des Euro (15% vs. 44%), so die Analysten, doch die SNB habe immer auch den Wechselkurs zum Dollar im Blick.
Schweiz im Blick des US-Treasury
Das wiederum gefällt den USA nicht so richtig. Die Regierung um Noch-Präsident Donald Trump behält die Schweizer Währungspolitik und damit die Devisenkäufe der SNB nämlich kritisch im Auge. Das US-Finanzministerium veröffentlicht normalerweise halbjährlich einen Bericht über die Währungspolitik der wichtigsten amerikanischen Handelspartner und definiert anhand von drei Kriterien aus seiner Sicht unfaire Handelspraktiken und bezeichnet solche Staaten als Währungsmanipulatoren.
Der letzte Report datiert vom Januar 2020, womit eine Neuauflage in nächster Zeit erwartet werden kann. Sollte sie nicht mehr unter Trump erfolgen, dann wohl bald unter der neuen Administration von Joe Biden. Für die SNB ungemütlich dabei ist, dass die Schweiz aktuell wohl alle drei Kriterien des Währungsmanipulators erfüllt. Beurteilt wird dabei das Handelsdefizit zu den USA in Milliarden Dollar, der Leistungsbilanzüberschuss in Prozent des BIP sowie die Devisenmarktinterventionen in Prozent des BIP.
Keine unmittelbaren Sanktionen
Sanktionen von US-Seite drohen der Schweiz unmittelbar nach Publikation zwar nicht automatisch. Das US-Schatzamt analysiert die Währungspraktiken lediglich, nimmt darin aber keine Bewertung der Währungspolitik vor. Die US-Behörden würden in einem solchen Fall die Konsultationen mit der Schweiz rund um die Geld- und Währungspolitik aber wohl noch vertiefen, heisst es bei Beobachtern.
Die SNB bestreitet derweil den Vorwurf jeweils. Und auch bei der UBS meint man, dass die Schweiz kein Währungsmanipulator sei. Die SNB versuche lediglich die massive Überbewertung des Frankens gegenüber dem Euro nicht weiter anwachsen zu lassen, schrieb UBS-Ökonom Alessandro Bee in einer vor ein paar Wochen erschienenen Studie. Damit seien die Chancen für die Schweiz zwar intakt, eine Konfrontation mit den USA abzuwenden, glaubt Bee. Nichtsdestotrotz erschwere die damit verbundene Unsicherheit aber die Geldpolitik der Nationalbank.