Im Aktionärsbrief, den die Eigentümer der Firma Swiss Shrimp gemäss der «NZZ am Sonntag» vor kurzem erhalten haben, steht: Die Liquiditätssituation sei «äusserst schlecht geworden», ein Betreibungsbegehren liege auf dem Tisch. Wenn die Firma «nicht bis spätestens 22. April 2024 eine Finanzspritze von mindestens 500’000 Franken erhält, sieht sich der Verwaltungsrat gezwungen, die Bilanz zu deponieren und Konkurs anzumelden».
Das Swiss-Shrimp-Management bittet inständig um Hilfe: «Möchten Sie allein oder gemeinsam mit anderen Investoren die Swiss Shrimp AG retten? Dann zögern Sie keine Sekunde und melden sich bitte umgehend bei Matthias Laube, CEO.»
Die Swiss Shrimp
Im aargauischen Rheinfelden entstand 2017 die erste professionelle Schweizer Shrimps-Zucht. Swiss Shrimp baute auf dem Areal der Schweizer Salinen AG in Rheinfelden eine Produktionsanlage auf. Ab 2017 sollen dort jährlich 30 Tonnen Crevetten gezüchtet werden. Im Vollausbau sollte die Produktion auf 120 Tonnen gesteigert werden.
Der Hilferuf scheint gefruchtet zu haben: «Dank Unterstützung aus dem Aktionariat und von Partnern ist der Konkurs vorläufig abgewendet», schreibt Laube in einer E-Mail auf eine Anfrage der «NZZ am Sonntag». Sobald man Konkretes zur Reorganisation sagen könne, informiere man wieder, so Laube.
Die ganze Branche hat Probleme
Die Probleme von Swiss Shrimp, die in Rheinfelden (AG) produziert und dabei die überschüssige Wärme einer benachbarten Saline bezieht, kennt man in der ganzen Branche. Mittlerweile gibt ein halbes Dutzend Produzenten, wie zum Beispiel . Die Betriebe benötigen nicht nur entsprechende Larven, Tierfutter und Salz, sondern auch Temperaturen um die dreissig Grad.
«Shrimps in der Schweiz zu halten, ist schwierig. Alle Firmen sind am Kämpfen und müssen sich nach der Decke strecken», sagt Patrick Bregenzer, Chef von Greenfish gegenüber der «NZZ am Sonntag». Das Unternehmen betreibt eine Farm in St. Margrethen (SG). «Eine der grössten Schwierigkeiten ist, dass wir nicht einfach Frischwasser aus dem Meer holen können, sondern unser Wasser immer aufwendig rezyklieren und wiederaufbereiten müssen.»
Migros schliesst ihre Fischzucht
«Nicht nur Shrimp-Zuchtanlagen, sondern generell Aquakulturen haben in der Schweiz wirtschaftlich einen schweren Stand», erklärt Andreas Zaugg, Mitgründer von Lucky Shrimp, einer Firma aus Winterthur im Artikel. Er verweist auf die bevorstehende Schliessung der Fischzucht der Migros-Tochter Micarna in Birsfelden (BL). Dort sind jährlich 240 Tonnen Egli und Felchen aufgezogen worden.
Wildfang und Importe setzten den hiesigen Betrieben zu, da diese zu wesentlich günstigeren Bedingungen, wenn auch oft weniger nachhaltig produzierten, äussert sich Zaugg weiter. «Dazu kommt: Im Gegensatz zu anderen landwirtschaftlichen Produkten können Schweizer Produzenten nicht von staatlicher Unterstützung profitieren.»
Schweizer Shrimps? 🇨🇭🍤 Die @NZZaS berichtete. In unserem E-Magazin haben wir 2019 die Nachhaltigkeitsstudie der FHNW zu SwissShrimp vorgestellt, die mit der Abwärme der Saline Rheinfelden Crevetten produziert: https://t.co/oscEOlAfkhpic.twitter.com/PfBs03QKkW
— Fachhochschule Nordwestschweiz FHNW (@FHNW) July 22, 2022
An der Nachfrage scheitere es – so die «NZZ am Sonntag – nicht. Es gebe offenbar genügend Kunden, die sich der ökologischen Probleme herkömmlich produzierter Shrimps bewusst seien. Vielmehr sei es ein Ringen um mehr Effizienz und Grössenvorteile. Auch bei Greenfish, ist das so: «Wenn man eine Grösse verändert, dann muss man auch an anderen Stellen schrauben. Es kommt immer irgendwo zu einem Engpass. Wir lernen nach wie vor viel dazu», erklärt Bregenzer im Artikel.
Derzeit produziert die Firma zwischen drei bis vier Tonnen pro Jahr, die sie im eigenen Hofladen verkauft oder über Partnerfirmen wie Bianchi vertreibt. Letztes Jahr hat Greenfish ihre Preise anheben müssen.
Möglichst tiefem Ressourcen-Input
Ein Umfeld zu schaffen, in dem die tropischen Tiere bei möglichst tiefem Ressourcen-Input gedeihen können, ist schwierig – das sagen alle in der Branche. Lucky Shrimp sieht sich trotzdem am Ziel. Die Firma betreibt seit 2019 eine Pilotanlage, die zu den effizientesten und ökologisch nachhaltigsten in ganz Europa gehöre und deshalb weniger Ressourcen verbrauche als konventionelle Kreislaufanlagen, sagt Zaugg.
«Als interdisziplinäres Team, das sich aus Ingenieuren aus den Bereichen Umweltwissenschaften, Maschinenbau und IT zusammensetzt, konnten wir die Technologie stark optimieren. Wir skalieren dieses Jahr unsere Zuchtanlage – das würden wir natürlich nicht tun, wenn wir nicht von einem profitablen Betrieb ausgehen könnten», führt er aus.