Bei einem Neu- oder einem Umbau eines Stalles richtet sich der Fokus auf das Tierwohl. Das ist richtig. Doch Berater Christian Manser warnt davor, die Arbeitseffizienz zu vergessen. Speziell beim Entmisten und Füttern
Wer einen Stall neu oder umbauen will, tut gut daran, das Projekt gründlich zu planen. Schliesslich müssen sich im neuen Gebäude in den kommenden Jahren nicht nur die Tiere, sondern auch deren Betreuer wohl fühlen.
Tägliche Umwege
Ideal ist deshalb, wenn man sein Projekt vorgängig mit Berufskollegen und Experten im Bereich Kuhsignale besprechen kann. Beides ermöglichen die Stallbauseminare des Landwirtschaftlichen Zentrums SG in Flawil (siehe Kasten). Berater und Kuhsignaltrainer Christian Manser hat schon viele Ställe gesehen und weiss, was sich bewährt. «Ich komme im Schnitt pro Woche in zwei neue Betriebe – das sind in den letzten 13 Jahren Hunderte Milchviehställe. Leider ist unser Beratungsangebot noch immer nicht allen Rindviehhaltern bekannt.»
Dabei, so Christian Manser, lohne sich das: «Am häufigsten sehe ich, dass die Ställe zu wenig arbeitseffizient eingerichtet sind. Es ist schwerer, einen guten Stall für den Menschen als für das Tier zu machen. Steht nur eine Betonwand am falschen Ort, kostet das jeden Tag Minuten für Umwege.» Wichtig sei die Priorisierung: «Oft ist der Futtertisch zu breit, aber der Fressgang um diesen halben Meter zu schmal. Mehr Platz würde der Kuh mehr bringen als dem Traktor beim Abladen des Futters.»
Gibt keine Checkliste
In jedem Betrieb gibt es laut dem Kuhsignaltrainer gute und schlechte Punkte. «Als Berater hat man diese Erfahrung, die man bei der Planung einsetzen kann. Diese Checkliste hat der Bauer, der einmal im Leben baut, nicht. Deshalb lohnt es sich, frühzeitig Tipps zu holen.» So werde immer wieder etwa der Schwungraum bei wandständigen Liegeboxen zu kurz geplant. «Dabei weiss man, dass die Kuh Platz zum Aufstehen braucht.»
Wenn man nach zwei Jahren auf Betriebe gerufen werde, weil etwas nicht gut laufe, sei es definitiv zu spät: «Dann hat man kein Geld, um wieder umzubauen.» Christian Manser betont, er habe noch nie einen perfekten Stall gesehen. Den gibt es wohl auch nicht. «Doch die Bauern, die zu uns kommen, sind offen für Ratschläge, sie wollen gute Lösungen.» Am Stallbauseminar gibt es Teilnehmer, die um- oder neu bauen wollen. «Am einfachsten ist ein Neubau auf der grünen Wiese», stuft er dies ein.
Westseite schliessen
«In Umbauten muss man viel mehr Kompromisse machen. Doch gibt es Arbeitsabläufe, bei denen man keine Kompromisse machen darf. So muss man eine Abkalbebox zwingend maschinell entmisten können. Und bei der Fütterung sind der Transport, das Anschieben und das Entfernen der Futterreste zu beachten. Diese Abläufe müssen top gelöst sein, denn diese Arbeit wird sonst viel zu aufwendig.»
Werden Standort und Ausrichtung des Stalles geplant, kommt laut dem Berater «am meisten Ärger von Westen.» Dies in Form der Abendsonne, die Hitze in den Stall bringt. Es lohne sich, die Westseite ganz geschlossen zu gestalten. Beim Laufhof rät Christian Manser, diesen in den Stall, genauer in den Fressbereich zu integrieren: «So wird die Gesamtfläche des Stalles geringer, und trotzdem haben die Kühe an der Hauptachse, wo das grösste Gedränge herrscht, mehr Platz.» Bei der Fressachse braucht es maximale Freiheit für die Kühe: «Keine Hindernisse, damit sie einander gut ausweichen können.»
Zwei Stallbauseminare
Anfang März beziehungsweise Anfang Juni führt Christian Manser vom Landwirtschaftlichen Zentrum St. Gallen je ein Stallbauseminar durch. Im Seminar werden die Grundlagen zu Bauvorhaben vermittelt. Zudem wird Wert auf arbeitseffiziente und kostengünstige Baulösungen gelegt. Auf verschiedenen Betrieben kann man das Gehörte sehen und hautnah erleben. Mit den Betriebsleitern werden die Lösungen diskutiert. Stallbauvorhaben von Seminarteilnehmern werden vertieft analysiert und optimiert. sum
Das Seminar findet in Flawil SG statt und dauert wahlweise vom 6. bis 9. März oder vom 6. bis 9. Juni. Im Preis inbegriffen sind drei Übernachtungen im Doppelzimmer, Verpflegung sowie die Seminarpauschale. Weitere Infos und Anmeldung: LZSG in Flawil, Telefon 058 228 24 70, [email protected]. -> Hier gibts mehr Infos
Flexible Boxenbügel
Im Liegebereich habe sich in den letzten Jahren bei den Boxenbügeln und den Boxenmassen vieles verbessert. «Gesundheit für die Kühe erreicht man mit Top-Liegeboxen. Ein guter Boxenbügel ist flexibel, und das Nackenband muss genug hoch einstellbar sein, damit man darunter eine gute Matratze aufbauen kann.» Für Christian Manser sind Hochboxen kein Thema: «Ich kenne aktuell kein System, das bezüglich Komfort an die Strohmatratze herankommt – auch wenn Tiefboxen natürlich mehr Zeit für die Pflege brauchen.»
Das optimale Melksystem hängt mehr vom Landwirt als von der Kuh ab. Christian Manser schätzt, dass 90 Prozent der Neu- und Umbauten mit dem Roboter ausgerüstet werden. Für die Kuh sei dieser meist tierfreundlicher und entspannter, besonders im Hochleistungsbereich, wo drei Melkungen besser seien als zwei.
Mindestens zwei Tränken
Bei der Tränke ist wichtig, dass sie leicht gereinigt werden kann. «Ist das nicht möglich, wird es nicht gemacht. Für die Kuh muss die Tränke hindernisfrei zugänglich und die Wasseroberfläche 60cm über Boden sein. Dabei gilt, dass jede Tiergruppe zwei Tränken braucht.» Letzter Punkt ist der Stallboden, für Christian Manser neben der Hitze die grösste Herausforderung.
«Der Boden muss griffig sein. Wo die Kuh oft abdreht, macht Gummi Sinn. Sonst braucht eine gesunde Kuh keine Gummimatte zum Stehen. Ein fester Boden, der Halt gibt, etwa dank Gussasphalt oder eingefrästen Rillen, ist sinnvoller. Abzuraten ist von Stufen, Schwellen und Rampen mit Gefälle, denn dieses wird rutschig, wenn der Mist eintrocknet», so Manser.