Schon an den ersten heissen Tagen des Jahres sah man auf den Weiden da und dort Rinder, die sich unter einen Baum drängten, um im Schatten Abkühlung zu finden. Ein Grenzfall bezüglich der Tierschutzvorschriften. Denn Rindern muss genügend Schutz vor der Witterung geboten werden. Was genau gilt, hat das Bundesamt für Lebensmittelsicherheit und Veterinärwesen (BLV) in einer Fachinformation präzisiert.
Keine Grenzwerte
Vor allem Rinder mit hohem Stoffwechselumsatz wie laktierende Kühe sind demnach hitzesensibel. Hitzestress kann bei Milchkühen bereits bei 20 Grad und bei hoher Luftfeuchtigkeit auftreten. Die Unterschiede sind jedoch je nach Alter, Rasse, Nutzung, Leistung und Haarkleid gross. Grenzwerte, ab denen ein Schutz vor extremer Witterung nötig ist, existieren deshalb nicht. Entscheidend ist vielmehr vorzusorgen, dass die Tiere jederzeit vor der Hitze Schutz suchen könnten, wenn sie diesen benötigen.
Dies gilt für Milch- und Fleischrinder aller Rassen, auch für Robustrassen wie Hochlandrinder. Wenn Weiden nicht genügend natürliche Strukturen wie Bäume, Hecken oder Waldränder aufweisen, muss bei der dauernden Haltung im Freien der Witterungsschutz durch einen Unterstand realisiert werden, oder die Tiere müssen bei extremer Witterung an einen Ort mit Witterungsschutz verbracht werden
Definitionen
Unter «dauernder Haltung im Freien» wird der dauernde Aufenthalt von Nutztieren auf einer umzäunten Fläche im Freien verstanden. Die Tiere halten sich dort während 24 Stunden pro Tag auf. Abzugrenzen ist diese Haltungsform von Weidegang bzw. Auslauf, bei dem die Tiere täglich in den Stall gebracht werden oder bei Bedarf kurzfristig eingestallt werden können.
Mit extremer Witterung werden Wetterperioden bezeichnet, die sich entweder durch Hitze und starke Sonneneinstrahlung oder Kälte in Verbindung mit Nässe und Wind auszeichnen.
Als Rinder gelten domestizierte Tiere der Rindergattung einschliesslich Yaks und Wasserbüffel.
Gesetzgebung beachten
Bei der Nutzung eines natürlichen Witterungsschutzes ist die Waldgesetzgebung, bei der Erstellung eines Unterstandes sind die Gewässerschutzgesetzgebung und das Raumplanungsgesetz zu beachten. Der Witterungsschutz muss allen Tieren gleichzeitig Schatten bieten. Ein möglichst grosser Luftaustausch hilft den Tieren, sich vor Fliegen, Mücken oder Bremsen zu schützen. Unterstände ohne Wände, Schattennetze oder ausreichend grosse Baumgruppen sind hier von Vorteil.
Bäume oder der Waldbrand bieten Schutz vor der Hitze.
zvg
Unter Umständen können sie im Sommer auch als Schlechtwetterschutz genügen. «Wenn eingezäunte Flächen nicht genügend natürliche Strukturen aufweisen, muss bei der dauernden Haltung im Freien der Witterungsschutz durch einen künstlichen Unterstand realisiert werden», heisst es in der Fachinformation. Oder die Tiere müssen bei extremer Witterung an einen Ort mit Witterungsschutz verbracht werden. Bei der Nutzung eines natürlichen Witterungsschutzes ist aber die Waldgesetzgebung, bei der Erstellung eines Unterstandes sind die Gewässerschutzgesetzgebung und das Raumplanungsgesetz zu beachten.
Tägliche Kontrolle
Die Zugangsöffnungen des Witterungsschutzes sollten gemäss dem BLV ausreichend gross sein, so dass ranghohe Tiere nicht den Eingang versperren können. Bewährt haben sich insbesondere bei behornten Tieren Unterstände mit einer zur Hauptwindrichtung abgewandten offenen Längsseite. Vorteilhaft seien deshalb auch Unterstände mit mehreren Öffnungen. «Ein gut strukturierter Unterstand hilft, Auseinandersetzungen zu vermeiden und auch für rangtiefe Tiere Platz zu schaffen», so die Behörden.
Damit bei Problemen, Unfällen oder Verletzungen rechtzeitig reagiert werden kann, ist auch eine ausreichende Betreuung der Tiere notwendig. Der Gesundheitszustand und das Wohlergehen der Tiere müsse deshalb täglich kontrolliert werden. Ist die Versorgung der Tiere mit Wasser und Futter sicher gestellt, kann gemäss Tierschutzverordnung ausnahmsweise auf den Kontrollgang verzichtet werden. Sind Geburten zu erwarten respektive neugeborene Kälber vorhanden, ist mindestens zweimal täglich zu kontrollieren.
-> Die Fachinformation kann hier runtergeladen werden
Vorschriften
- Art. 6 Tierschutzverordnung (TSchV): Der Tierhalter sorgt für den notwendigen Schutz der Tiere, die sich der Witterung nicht anpassen können.
- Art. 36 TSchV: Haustiere (Rinder, Schafe usw.) dürfen nicht über längere Zeit extremer Witterung schutzlos ausgesetzt sein. Werden die Tiere nicht eingestallt, so muss ein natürlicher oder künstlicher Schutz zur Verfügung stehen, der allen Tieren gleichzeitig Platz und Schutz vor Nässe, Wind sowie vor starker Sonneneinstrahlung bietet. Es muss ein ausreichend trockener Liegeplatz vorhanden sein. Ist im Sömmerungsgebiet bei extremer Witterung kein geeigneter Schutz vorhanden, so ist durch geeignete Massnahmen sicherzustellen, dass dem Ruhe- und Schutzbedarf der Tiere entsprochen wird.
- Art. 6 Nutz- und Haustierverordnung: Kann im Sömmerungsgebiet die geforderte Fläche im Unterstand nicht erreicht werden, so ist bei extremer Witterung durch geeignete Massnahmen sicherzustellen, dass dem Ruhe- und Schutzbedarf der Tiere entsprochen wird.
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