Mit mehreren Reformen will die britische Labour-Regierung den von ihr versprochenen «New Deal» für die Landwirtschaft umsetzen.
Ruhe einbringen
Gleichzeitig erhofft sich Landwirtschaftsminister Steve Reed davon, wieder etwas Ruhe in die agrarpolitische Diskussion zu bringen, nachdem die Pläne auf eine Erbschaftssteuer für landwirtschaftliche Vermögen nach wie vor auf breiten Widerstand im landwirtschaftlichen Berufsstand stossen.
Zu den auf der traditionellen Oxford Farming Conference des englischen Bauernverbandes (NFU) vorgestellten Reformvorhaben gehören die Überwachung der derzeit in öffentlichen Einrichtungen verbrauchten Lebensmittel einschliesslich deren Herkunft. Reed hält dies für einen «wichtigen ersten Schritt», um die heimischen Landwirte zu unterstützen. Immerhin würden jährlich umgerechnet knapp 5,64 Mrd. Franken (6 Mrd. Euro) für Catering-Verträge im öffentlichen Sektor ausgegeben.
Alles vereinfachen und beschleunigen
Weiter verspricht Reed den Landwirten Reformen, mit denen der Bau von Gebäuden, Ställen und anderer Infrastruktur beschleunigt wird. Gleichzeitig will er die Farmer bei der Einkommensdiversifizierung unterstützen. Beispielsweise will der Minister, dass die Landwirte mit dem Verkauf von überschüssiger Energie aus Solar- und Windkraftanlagen zusätzliches Geld verdienen. Dafür soll deren Anschluss an das Stromnetz beschleunigt werden.
Darüber hinaus kündigt Reed mehr Fairness in der Lieferkette an. So sollen nach seinen Ausführungen im Frühjahr neue Vorschriften für den Schweinesektor in Kraft treten, die sicherstellen, dass in den Verträgen mit den Abnehmern eindeutige Vereinbarungen getroffen werden. Änderungen sollen nur mit der Zustimmung aller Vertragsparteien vorgenommen werden können. In den Bereichen Eier und Frischwaren stellte Reed ähnliche Vorschriften in Aussicht. Im Rahmen von Handelsabkommen will die Regierung laut dem Agrarminister den heimischen Landwirten mehr Schutz garantieren.
Krise der Landwirte nicht erkannt
Für Reed ist und beibt Hauptaufgabe der Landwirtschaft, Lebensmittel zu erzeugen, die die Nation ernähren. Diese Tatsache hätten zuletzt viele politische Entscheidungsträger aus den Augen verloren. «Diese Regierung setzt die Lebensmittelproduktion wieder auf die Tagesordnung», betonte der Minister. Er versprach den Landwirten eine partnerschaftliche Zusammenarbeit.
Für NFU-Präsident Tom Bradshaw enthält das in Aussicht gestellte Reformpaket zwar positive Aspekte. Aus seiner Sicht wurde aber nicht erkannt, dass sich die Landwirtschaft in einer finanziellen Krise befindet und das Vertrauen der Landwirte in die künftige Entwicklung so gering wie noch nie ist. «Viele machen sich Sorgen, ob sie es bis Ende 2025 schaffen», sagte Bradshaw.
Es braucht einen «echten Neustart»
Zu den drängendsten Sorgen der Farmer zählen dem Bauernpräsidenten zufolge die «verheerenden Änderungen bei der Erbschaftssteuer», die Erhöhung der Arbeitgeberbeiträge zur Sozialversicherung, die «lähmenden Kürzungen» bei den Direktzahlungen und die Verzögerungen bei den Umweltprogrammen. «Im Umkehrschluss bedeuten diese Belastungen, dass viele Betriebe nicht überleben werden, um vom New Deal noch zu profitieren», warnte Reed.
Bradshaw forderte die Regierung auf, sich jetzt «dem heftigen politischen Gegenwind und dem schwierigen Marktumfeld zu stellen» und ins Handeln zu kommen. Es brauche einen «echten Neustart».