Asiatische Marienkäfer, Buchsbaumzünsler und andere Tiere aus fernen Ländern richten in der Schweiz Schäden an. Umgekehrt verursachen hierzulande harmlose Tiere wie Kaninchen andernorts Probleme. Mit so genannt gebietsfremden Tieren (und Pflanzen) befassen sich heute verschiedenste Verwaltungsabteilungen.
Mitte Juni richteten die Basler Behörden um den Rheinhafen bei Birsfelden BL eine Sonderzone mit besonders intensiver Baumkontrolle ein. Ziel war, die Verbreitung des Asiatischen Laubholzbockkäfers einzudämmen. Das gleiche Tierchen zwang nur einen Monat später die Stadt Winterthur, eine ganze Allee von Bergahorn-Bäumen zu fällen.
Anderes Verhalten als zuhause
Die australischen schwarzen Schwäne auf dem Thunersee - eine Bedrohung für die einheimischen Schwäne - brachten 2008 die Gemüter in Wallung. Und in den 1990-er Jahren beschäftigte der Amerikanische Rote Sumpfkrebs in einem Zürcher Gewässer gar das Bundesgericht. Eigens freigesetzte Aale machten dem Krebs schliesslich weitgehend den Garaus.
Gebietsfremde Organismen, die sich übermässig ausbreiten, so genannte invasive Neobioten, seien in ihren Herkunftsgebieten meist völlig unauffällig, sagt Daniel Fischer, Sektionsleiter Biosicherheit in der Zürcher Baudirektion, im Gespräch mit der Nachrichtenagentur sda.
Weshalb sie sich andernorts ganz anders verhalten und zu Risiken werden können, sei in den meisten Fällen unbekannt. Beispielsweise müsse der in der Schweiz völlig harmlose Bergahorn in den USA bekämpft werden. Und die verheerenden Auswirkungen des europäischen Kaninchens in Australien seien bekannt.
Drei «verbotene» Tierarten
Die «Freisetzungsverordnung» des Bundes verbietet den Umgang mit drei Tierarten: Es sind der Asiatische Marienkäfer, der Ochsenfrosch und die Rotwangen-Schmuckschildkröte.
Der Asiatische Marienkäfer kommt in rauen Mengen vor und bedrängt den etwas kleineren einheimischen Marienkäfer. Was ihn besonders unangenehm macht: Er beisst. Und «er stinkt bestialisch, wenn man ihn zerdrückt», sagt Fischer. Wird er zusammen mit Trauben verarbeitet, kann er ganze Weinernten ruinieren.
Asiatischer Marienkäfer: Vom Nützling zur Plage
Die Ironie: Der Käfer wurde einst in US-Treibhäusern als Läusefresser eingesetzt. Er sollte wirtschaftliche Einbussen aufgrund der Läuse verhindern. Nun ist er - neben den negativen Auswirkungen auf die Biodiversität - selbst zu einem wirtschaftlichen Risiko geworden.
Der amerikanische Ochsenfrosch, bereits ein Problem in einigen süddeutschen Tümpeln, ist «hoffentlich noch nicht in der Schweiz angekommen», so Fischer. Das Verbot ist präventiv. Das bis zu seinem Kilo schwere Tier wurde vermutlich von Froschschenkel-Liebhabern freigesetzt.
Modisches Souvenir
Bei den zu erwartenden Schäden geht es einerseits um eine Pilzkrankheit für Frösche, die der Frosch verbreitet, ohne selbst zu erkranken. Anderseits, «frisst er alles, was kleiner ist als er selber, wird selbst aber nicht gefressen», so Fischer. Auch die riesigen, bis 15 Zentimeter langen Kaulquappen werden von den einheimischen Fischen nicht gefressen.
Die Rotwangen-Schmuckschildkröte aus Nordamerika war vor allem in den achtziger und neunziger Jahren ein modisches Ferienmitbringsel. Klein wie ein Fünfliber, entzückte sie die Reisenden. Was diese kaum ahnten: Das Tier wird bis zu 80 Jahre alt und 30 Zentimeter lang. Erlahmte nach einer Weile das Interesse, wurden die Schildkröten in den nächstbesten Tümpel gesetzt.
Für Biodiversität «desaströs»
Dort «fressen sie alles, womit man die Naturschutzgebiete für viel Geld aufpäppelt», so Fischer: etwa Eier von Fischen, Fröschen, Amphibien und Vögeln. Zwar pflanzen sie sich im hiesigen Klima in freier Natur nicht fort. In privaten Haltungen aber durchaus - und später werden sie - illegal - wieder freigesetzt.
Für die Biodiversität sind sie «desaströs», so Fischer. Auffangstationen, wo man die Tiere abgeben kann, sollen nun Freisetzungen verhindern.
Oft eingeschleppt
In der Schweiz gibt es zahllose gebietsfremde Tiere - Säugetiere, Vögel, Reptilien, Fische, Krebse, Muscheln, Insekten, Plankton. Manche sind ernste Bedrohungen für Schutzgüter wie Biodiversität, Gesundheit von Mensch und Tier oder Bodenfruchtbarkeit. Andere richten keine grösseren Schäden an. Sie kreuzen sich aber mit einheimischen Arten, wie etwa der Sika-Hirsch mit dem Rothirsch.
Viele der «Exoten» werden eingeschleppt mit Handelsgütern, im Gepäck von Touristen oder per Schiff: Kommen grosse Frachter in europäischen Häfen an, leeren sie ihre Brackwasser-Tanks. Viele Lebewesen kommen damit in die Hafengewässer.
Passagen wie der Rhein-Main-Donau-Kanal öffneten das gesamte Schwarzmeergebiet zu Europa hin, so Fischer. Die Erstellung von Lachstreppen im Rhein ermöglicht auch anderen Fischen den Aufstieg.
Güterabwägungen unabdingbar
Die Bekämpfung der invasiven Neobioten obliegt den Kantonen. Zentral sei eine gute Koordination, so Fischer. Jede Art ist anders, hat andere Auswirkungen auf andere Schutzgüter und es gilt andere Partner einzubeziehen.
Es lohne sich, zuerst alle Fragen genau abzuklären und abzuwägen, welche Auswirkungen was worauf habe. «Bei jeder Bekämpfung gibt es auch Kollateralschäden» - unabdingbar seien Güterabwägungen.


