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Gegenentwurf deutlich angenommen

Am Dienstagvormittag behandelte der Nationalrat zum zweiten Mal die Initiative für Ernährungssicherheit, die der Schweizer Bauernverband zusammen mit Mitstreitern aus dem Verein für eine produzierende Landwirtschaft (VPL) eingereicht hat. Die Grosse Kammer hat dem Gegenentwurf deutlich zugestimmt. Die Debatte im Nationalrat lesen in diesem Artikel.

Daniel Salzmann |

 

 

Am Dienstagvormittag behandelte der Nationalrat zum zweiten Mal die Initiative für Ernährungssicherheit, die der Schweizer Bauernverband zusammen mit Mitstreitern aus dem Verein für eine produzierende Landwirtschaft (VPL) eingereicht hat. Die Grosse Kammer hat dem Gegenentwurf deutlich zugestimmt. Die Debatte im Nationalrat lesen in diesem Artikel.

9.45 Uhr: Damit ist die Vorlage bereit für die Schlussabstimmung von nächster Woche in beiden Räten. Sagen Nationalrat und Ständerat wie erwartet Ja, zieht der Bauernverband die Initiative für Ernährungssicherheit zurück. 

9.44 Uhr: Damit kam der unveränderte Gegenentwurf zur Gesamtabstimmung. Er wurde mit 173 zu 7 Stimmen mit überdeutlicher Mehrheit angenommen. Die 7 Nein-Stimmen stammten aus SVP und FDP. Nur 11 Enthaltungen wurden gezählt, sie stammten aus der SVP, der FDP und den Grünliberalen.  

9.42 Uhr: Die Minderheit Aeschi, welche den Gegenentwurf um eine wortgetreue Umsetzung des Verfassungsbestimmung zur Zuwanderung ergänzen wollte, wird mit 138 zu 53 Stimmen bei 1 Enthaltung abgelehnt. Die SVP stimmte nicht geschlossen für Aeschi.  

9.41 Uhr: Der Einzelantrag Wasserfallen, der den ressourcenschonenden Umgang mit Lebensmitteln aus dem Gegenentwurf streichen wollte, wird mit 130 zu 61 Stimmen bei 1 Enthaltung abgelehnt. SVP und FDP stimmten nicht geschlossen für Wasserfallen (zusammen hätten die beiden Parteien auf 101 Stimmen kommen können).  

9.40 Uhr: 
Marcel Dettling (SVP/SZ) sagt, die Ausführungen des Bundesrates zur Bedeutung der Inlandproduktion seien sehr klar gewesen. Die Schweizer Bauernfamilien seien bereit, ihren Produktionsauftrag wahrzunehmen. Er zieht deshalb seinen Einzelantrag zurück. 

9.35 Uhr:
Der Bundesrat muss vor der Abstimmung diverse Fragen beantworten. 

Markus Hausammann (SVP, TG) fragt den Bundesrat. Die einheimische Produktion solle die wichtigste Säule der Ernährungssicherheit sein, sagte Feller. Schneider-Ammann habe von einem Pfeiler gesprochen. Ob das gleichwertig, ob ein Nettoselbstversorgungsgrad von 55% erhalten bleiben solle? Johann Schneider-Ammann sagt, dass die einheimische Produktion zentral sei, der gepflegt werden müsse. Auch der Bundesrat strebe 55%-Nettoselbstversorgungsgrad an. 

Hans Egloff (SVP, ZH), Präsident des Schweizer Hauseigentümerverbands, will zum Kulturlandschutz wissen, ob mit Annahme des Gegenentwurfs kein weitergehender Kulturlandschutz abgeleitet werden könne. Johann Schneider-Ammann sagt, für die Landwirtschaft seien keine zusätzlichen Gesetzesänderungen geplant. Aber es gebe die Phase II des Raumplanungsgesetzes. Da wisse Egloff besser als er selbst, in welche Richtung das gehe. 

Isabelle Moret (FDP, VD), Präsident der Lebensmittelindustrievereinigung fial, betont, die Lebensmittelindustrie produziere fast keine Abfälle. Sie sieht den Buchstaben e (ressourdenschonenden Umgang mit Lebensmitteln) kritisch. Es gebe keine zusätzlichen Vorschriften, versichert der Bundesrat, unsicher argumentierend. 

Jacques Bourgeois (FDP, FR) fragt den Bundesrat, ob er bestätigen könne, dass die Inlandproduktion der zentrale Pfeiler der Ernährungssicherheit bleibe. Schneider-Ammann sagt, der Bundesrat wolle bei 60% brutto Selbstversorgungsrad und bei 55% netto bleiben, sogar bei wachsender Bevölkerung. Also sei die Landwirtschaft zentral. 

Christian Wasserfallen (FDP, BE) will wissen, ob der Buchstabe d (grenzüberschreitende Handelsbeziehungen) die Basis für die Einführung des Agrarfreihandels mit der EU bilden könnte. Der Bundesrat antwortet, dass die Regierung nicht ausschliesse, dass es dereinst einen Agrarfreihandel mit der EU geben werde. Dass er aber auch nicht sage, dass der Bundesrat dies jetzt unbedingt anstrebe. Ueber die Weiterentwicklung der Agrarpolitik gebe es unterschiedliche Ansichten, das müsse in Zukunft ausgehandelt werden. 

09:23 Uhr: Jetzt spricht Bundesrat Johann Schneider-Ammann. Der Bundesrat unterstütze den vorliegenden Gegenentwurf, weil er einen gesamtheitlichen Ansatz verfolge. Beim Kulturlandschutz gehe es in jedem Fall um die Sicherung der Fruchtfolgeflächen, das Kulturland sei eine Grundvoraussetzung für die landwirtschaftliche Produktion. Die Kantone müssten sich mit einem schonenderen Umfang mit den Fruchtfolgeflächen auseinandersetzen. Die Schweiz verfüge über 1 Mio. ha Nutzfläche, davon 438'000 ha Fruchtfolgeflächen, plus 500'000 ha Sömmerungsflächen. Das müsse die Basis für die Zukunft sein. Die Inlandproduktion sei ein wichtiger Pfeiler der Ernährungssicherheit der Schweiz, die aber auch in Zukunft auf wesentliche Importe angewiesen sein werde. Der Gegenentwurf basiert auf dem Konzept des Bundesrates, das weiterentwickelt wurde. Das Produkt ist gut. Der Gegenentwurf berücksichtigt die Anliegen aller Partner in der Wertschöpfungskette. Er sei nicht protektionistisch. "Es gibt keinen agrarpolitischen Kurswechsel, wir gehen auf dem eingeschlagenen Weg weiter", sagt der Bundesrat. Zur Minderheit Aeschi sagt der Bundesrat Nein. Zum Einzelantrag Dettling sagt Johann Schneider-Ammann: "Wir haben im Gegenentwurf zweimal explizit und zweimal implizit die Inlandproduktion festgehalten. Das ist so gemeint wie geschrieben. Es braucht keine zusätzliche Korrektur. Der Antrag ist abzulehnen, ebenso den Einzelantrag Wasserfallen." 

09:11 Uhr: Markus Ritter (CVP, SG) spricht für die CVP-Fraktion. Der Bauernverbandspräsident sagt, die CVP werde allen Anträgen der Kommissionsmehrheit folgen. Die Unterschriften für die Initiative seien in Rekordzeit gesammelt worden. Die Ernährungssicherheit stelle eine grosse Herausforderung für die Welt und die Schweiz dar. Das Konzept des Ständerats reiche vom Feld bis zum Teller. Die CVP-Fraktion habe zur Kenntnis genommen, dass die Initianten ihre Initiative zurückziehen, wenn Nationalrat und Ständerat dem Gegenentwurf des Ständerates in der Schlussabstimmung unverändert zustimmen werden. Der Einleitungssatz sei nun besser und präziser als vom Bundesrat ursprünglich vorgeschlagen. Für die Produktion brauche es das Wissen der Bauernfamilien, Kulturland (inkl. Sömmerungsflächen) ebenso Bildung, Beratung und Forschung. Zum Boden solle Sorge getragen, dem Tierwohl ein grosses Gewicht beigelegt werden. Zur Tierzucht sagt Ritter: «Wir wollen Rassen, die das Raufutter optimal verwerten und mit wenig Kraftfutter auskommen können.» Ohne grenzüberschreitende Handelsbeziehungen könne die Schweizer Land- und Ernährungswirtschaft nicht funktionieren. Die zentrale und primäre Bedeutung der Lebensmittelproduktion hebe die CVP hervor, welche Bundesrat Johann Schneider-Ammann im Ständerat ausdrücklich betont habe. Die CVP freue sich, dass ein breitgetragener Kompromiss zu diesem wichtigen Thema gefunden worden sei. Die Minderheit Aeschi lehnt die CVP ab. ein Verweis auf eine andere Verfassungsbestimmung sei nicht nötig. Zum Einzelantrag Dettling sagt Ritter: Dieser ist nicht notwendig, damit der grosse Konsens aus Ständerat und WAK-N nicht aufgeschnürt wird. Die Produktion sei im Gegenvorschlag erwähnt, so Ritter. Den Einzelantrag Wasserfallen lehne die CVP ab, er sei nicht begründet. 

09:07 Uhr: Kathrin Bertschy (GLP, BE) sagt, die GLP habe nichts im Gegenvorschlag gefunden, das sie bekämpfen müsste. Der Gegenentwurf enthalte keine protektionistischen oder rückwärtsgewandten Elemente und keine Vorzugsbehandlung der Inlandproduktion. Er schliesse eine Intensivierung aus. Der Antrag Dettling aber sei nicht mit dem Konzept des Gegenentwurfs vereinbar. Wenn wir Grünen was daraus lesen, ist es am ehesten ein verstärkter Kulturlandschutz und eine stärkere Betonung der Handelsbeziehungen. Der Bauernverband habe mit seiner Initiative eine leere Hülle eingereicht. Er könne nicht sagen, was er genau wolle. Der Gegenentwurf sei eine bürokratische Übung. Es handle sich um eine Marketingkampagne des Bauernverbandes, die unnötig sei. 

09:05 Uhr: Landwirt Duri Campell (BDP, GR) geht ans Mikrofon. Die BDP-Fraktion unterstützt den Gegenentwurf. Damit würden Elemente in die Verfassung geschrieben werden, hinter denen die BDP gut stehen könne und wolle. Leider sei der Passus der Reduktion des administrativen Aufwandes, den die Initiative gehabt habe, nicht in den Gegenentwurf eingegangen. Denn das Anliegen sei wichtig. Es dürfe da nicht bei Lippenbekenntnissen bleiben. Den Einzelantrag Aeschi lehnt die BDP ab. 

08:58 Uhr: Prisca Birrer-Heimo (SP, LU) spricht nun für die SP-Fraktion. Die SP habe die Initiative des Bauernverbandes geschlossen abgelehnt. Es frage sich nun, ob ein Gegenentwurf nötig sei. Für verbandsinterne Anliegen dürfe die Verfassung nicht missbraucht werden. Es gebe aber gute Argumente für den Gegenvorschlag, wie ihn der Ständerat ausgearbeitet habe. Mängel der Initiative seien korrigiert. Der Handel sei explizit erwähnt, es gehe also nicht allein um die inländischen Produktion. Dieser Handel solle sich fair entwickeln, werde betont. Das nehme Anliegen der Fair-Food-Initiative auf. Ressourceneffizienz sei im Bericht der WAK-S definiert, die Belastung der Schweizer Ökosysteme dürfe nicht zunehmen. Die Emissionen sollten unter Beibehaltung des heutigen Beitrags zur Inlandproduktion reduziert werden. Das unterstütze die SP ausdrücklich. Auch dass der Aspekt Food Waste in die Verfassung komme, begrüsse die SP. Der Gegenvorschlag enthalte nichts, was die SP bekämpfen müsste. Werde er jetzt aber mit protektionistischen Elementen wie mit dem Einzelantrag Dettling ergänzt, könne ihn die SP nicht mehr unterstützen. Auch der Einzelantrag Wasserfallen gefährde die Akzeptanz des Gegenvorschlags. Der ressourcenschonende Umgang mit Lebensmitteln sei der SP wichtig. Der Antrag der SVP auf Steuerung der Zuwanderung mittels Kontingenten würde laut Birrer-Heimo wohl dazu führen, dass manche Ernte auf Feldern liegenbliebe, weil die ausländischen Arbeiter fehlen würde. Die SP unterstützt den Gegenvorschlag und zwar in der Interpretation. 

08:47 Uhr: Olivier Feller (FDP, VD) und Beat Walti (FDP, ZH) sprechen für die FDP.Liberalen. Feller sagt, der Artikel zum Schutz des Kulturlandes könnte Ängste wegen Zentralismus in der Raumplanung hervorrufen. Doch das sei nicht der Fall. Das Kulturland sei aber in jedem Fall die Basis für die Landwirtschaft. Immer mehr Konsumenten in der Schweiz würden begreifen, dass ein tiefer Preis bei den Lebensmitteln nicht das Wichtigste sei, Qualität und Sicherheit seien sehr wichtig. Die FDP unterstütze den Gegenvorschlag. Walti erinnert daran, dass die Mehrheit der FDP-Fraktion sich gegen die Initiative ausgesprochen habe. Denn es sei nicht sinnvoll, das "Zielegleichgewicht" der AP 14-17 durch einen Fokus auf die Landwirtschaft zu stören. Dem Gegenvorschlag dürfe man zugutehalten, dass er die Ernährungssicherheit loslöst von der reinen Frage der landwirtschaftlichen Produktion. Es gehe um die argumentative Lufthoheit bei den Kräften, welche den Gegenentwurf unterstützen. Auch Walti geht deshalb noch einmal alle Buchstaben des Gegenvorschlags durch. Der Gegenentwurf thematisiere sehr zu Recht die grenzüberschreitenden Handelsbeziehungen, der Selbstversorgungsgrad liege heute nur bei 50 bis 60 Prozent. Offene Märkte bei Beschaffung und Absatz seien wichtig für eine funktionierende Nahrungsmittelindustrie. Eine massive Subventionswirtschaft und ein noch stärker ausgebauter Grenzschutz wäre ökonomisch nicht nachhaltig, betont Walti. Der Buchstabe e dürfe nicht zu einem missionarischen Erziehungsprogramm gegen den Food Waste führen, da würden sich die Liberalen erbittert wehren. Den Antrag von Aeschi kommentiert Walti sarkastisch: Es sei nicht klar, ob die Landwirte keine ausländischen Arbeitskräfte mehr ins Land holen dürfen. Den Einzelantrag Dettling lehne die FDP ebenfalls ab. Käme er durch, würde die FDP das ganze Projekt ablehnen. 

08.38 Uhr: Louis Schelbert (Grüne, LU) sagt, dass die Grünen einstimmig hinter dem Gegenentwurf stünden. Der Ständerat habe gute Arbeit geleistet, das Resultat unterstütze die Ziele der Grünen. Der Schutz des Kulturlandes sei bitter nötig, der Verlust sei zum grössten Teil unumkehrbar. Die Schweiz müsse da umdenken. Ohne Lebensmittelimporte gehe es in der Schweiz nicht. Die Grünen können mit dem Begriff «Ressourceneffizienz» leben, sie hätten aber «Ressourcenschonung» bevorzugt, doch die Verwaltung habe die gestellten Fragen in ihrem Sinn beantwortet. Die Landwirtschaft müsse alle Dimensionen der Nachhaltigkeit einhalten. Eine weitere Intensivierung auf der Basis von importiertem Dünger und Kraftfutter lehnen die Grünen ab, die Grenzen des Erträglichen seien diesbezüglich bereits erreicht. Er begrüsst, dass Importe laut dem Gegenentwurf zur Nachhaltigkeit beitragen müssten. Auf die Bauern in den Herkunftsländern der Importe müsse Rücksicht genommen werden. Lebensmitteln mit abgelaufenem Datum sollten genutzt werden können. Die Grünen lehnen die beiden Einzelanträge von Wasserfallen (ressourcenschonenden Umgang mit Lebensmitteln streichen) und Dettling (stärkere Betonung der Inlandproduktion ab). Der Antrag der SVP zum Einbau der Umsetzung der Masseneinwanderung sei beliebig und willkürlich, auch dieser sei abzulehnen. 

08:34: Pierre-André Page (SVP, FR) spricht ebenfalls für die SVP-Fraktion. Er sei als Milchproduzent und Ackerbauer direkt betroffen. Die Interpretation sei wichtig. Beim Kulturland, das zu schützen sei, gehe es um alle Landwirtschaftsflächen. Aber die Raumplanung verbleibe in der Hand der Kantone. Innerhalb der Wertschöpfungskette müssten alle, also auch die Bauern, leben und ihre Produktionskosten decken können. 

08:29 Uhr: Hansjörg Walter (SVP, TG) spricht für die SVP. Die Herausforderungen rund um die Ernährungssicherheit seien weltweit gross. Die Schweizer Bauern wollten ihre Verantwortung wahrnehmen, indem sie in der Schweiz nachhaltig produzieren wollen. Bei der Ernährungssicherheit bestehe eine Verfassungslücke. Der Gegenvorschlag reiche vom Landwirt über den Detailhandel bis hin zum Konsumenten. Zum Erhalt des Kulturlandes sagt Walter explizit, Meliorationen seien zu erhalten (da regt sich Widerstand). Die Schweiz verfüge über genügend Wasser, um ressourcenschonend Lebensmittel produzieren zu können. Grenzüberschreitende Handelsbeziehungen tragen zur Versorgungsautonomie bei und zur Ergänzung der Schweizer Produktion mit Lebensmitteln, die in der Schweiz nicht oder nicht in genügender Menge hergestellt werden könnten. Die Inlandproduktion sei ein Hauptpfeiler der Ernährungssicherheit. Bezüglich Einzelantrag seines Parteikollegen Marcel Dettling zur stärkeren Betonung der Ernährungssicherheit ist Walter auf die Ausführungen des Bundesrats Johann Schneider-Ammann gespannt.  

08.28 Uhr:
Nationalrat Thomas Aeschi (SVP, ZG) begründet den Minderheitsantrag, den die SVP in der Kommission einbrachte. Sie will den Gegenentwurf mit einer wortgetreuen Umsetzung der Verfassungsbestimmung ergänzen. Es gehe um den Selbstversorgungsgrad, und der hange nicht nur von den verfügbaren Lebensmitteln ab, sondern auch von der Anzahl der Konsumenten. Die Bauernverbandsvertreter in FDP und SVP hätten bei der Begrenzung der Zuwanderung überhaupt nicht geholfen.  

08.26 Uhr: Christian Wasserfallen (FDP, BE) will von Jans wissen, ob die einzelnen Buchstaben des Gegenvorschlags Gesetzesänderungen nach sich ziehen. Er sorgt sich insbesondere darum, dass das Kulturland für die Landwirtschaft gegenüber der Beanspruchung von Gewerbe Vorrang haben könnte. Jans sagt, der Gegenvorschlag löse keine Gesetzestätigkeit aus. 

08.15: Uhr Kommissionssprecher Beat Jans (SP, BS) erläutert die Entstehungsgeschichte des Gegenentwurfs. Der Bundesrat habe von Anfang an die Initiative abgelehnt. Aber er zog einen Gegenentwurf in Betracht, um in der Verfassung ein ausgewogenes und umfassendes Konzept zur Ernährungssicherheit zu verankern, so Jans. Die WAK-S habe dann gleich vier Sitzungen zur Initiative abgehalten und habe die drei anderen Landwirtschaftsinitiativen (Fairfood, Ernährungssouveränität, Hornkuh) ebenfalls in Betracht gezogen. Dann sei sie zum Schluss gekommen, dass ein Gegenvorschlag sinnvoll sei. Denn die Sensibilität für Ernährungsfragen in der Bevölkerung sei gewachsen. Das Ziel der WAK-S sei gewesen, den Weg der AP 14-17 fortzuführen, Protektionismus zu vermeiden, die ganze Wertschöpfungskette einzubeziehen und die Konsumenten zu nachhaltigem Verhalten zu bewegen, ohne sie zu bevormunden. Die Inlandproduktion sei vorrangig, zitiert Jans den Kommissionssprecher im Ständerat. Die Importe müssten zum Nutzen der Schweizer Land- und Ernährungswirtschaft sein. Die neue Verfassungsbestimmung werde keine Gesetzesänderung auslösen, die Agrarpolitik werde in ihrer bisherigen Ausrichtung weitergeführt. Die Ernährungssicherheit habe es verdient, in die Verfassung zu kommen, sie sei von globaler Tragweite. Dass der Handel fair sein solle, sei ein Zugeständnis an die Initianten der Fair-Food-Initiative. Die Belastung der natürlichen Ressourcen solle nicht zunehmen, die Tragfähigkeit der Ökosysteme dürfe nicht gefährdet werden. Der Kampf gegen den Food Waste sei ein wichtiger Aspekt des Gegenvorschlags, auch dies sei ein Entgegenkommen an die Initianten der Fairfood-Initiative. Und während der Debatte in der Kommission habe Bauernverbandspräsident Markus Ritter versprochen, die Initiative zurückzuziehen, falls der Gegenvorschlag so angenommen werde – die nötigen Unterschriften aus dem Initiativkomitee seien bereits eingeholt. 

08.05 Uhr: Christian Lüscher (FDP, GE) erinnert an die Einreichung der Initiative für Ernährungssicherheit im Sommer 2014 und dass der Bundesrat schon am Anfang einen umfassenderen Gegenvorschlag vorgelegt habe. Nun komme der Ständerat mit einem Gegenvorschlag. Die vorberatende Wirtschaftskommission habe mit 21 zu 2 Stimmen dem Gegenvorschlag ebenfalls zugestimmt. Vorgesehen sei ein neuer Artikel 104a mit dem Titel «Ernährungssicherheit», der den Artikel 104 zur Landwirtschaft ergänze. Er verstärke damit die multifunktionale Rolle der Schweizer Landwirtschaft. Das Konzept des Gegenvorschlags laute: de la fourche à la fourchette (von der Heugabel zur Essgabel). Lüscher geht die einzelnen Artikel des Gegenvorschlags durch. Er nennt die nachhaltige Intensivierung der Landwirtschaft, die nötig sei. Nur eine einheimische Produktion, welche die natürlichen Lebensgrundlagen dauerhaft erhalte, könne langfristig die Ernährungssicherheit garantieren. Die Produktion der Land- und Ernährungswirtshaft müssten sich an den Konsumenten orientieren. Zu den grenzüberschreitenden Handelsbeziehungen, die in Buchstaben d genannt sind, sagt Lüscher, es gehe um Produktionsmittel, die es hier nicht gebe, und um Lebensmittel, welche die Schweiz nicht produzieren könne – aber die Importe müssten zu einer nachhaltigen Schweizer Land- und Ernährungswirtschaft beitragen. Nachhaltigkeit heisse auch, dass die Schweizer Bauernfamilien auf ihren Höfen überleben können müssen. In Buchstabe e gehe es gegen die Lebensmittelverschwendung, die Konsumenten hätten auch eine Verantwortung für die Ernährungssicherheit. Lüscher empfiehlt Zustimmung zum Gegenvorschlag – auch weil der Schweizer Bauernverband versprochen habe, dass er die Initiative bei einem Ja zur Gegenvorschlag zurückziehen werde. Er lehnt den Antrag der SVP um Ergänzung mit der Masseneinwanderungsinitiative ab, das habe nichts mit Ernährungssicherheit zu tun. 

08.00 Uhr:
Nationalratspräsident Jürg Stahl eröffnet die Sitzung des Nationalrats. Die Initiative für Ernährungssicherheit und der Gegenvorschlag sind das erste Traktandum. Er begrüsst Bundesrat Johann Schneider-Ammann und die beiden Kommissionssprecher Beat Jans (SP, BS) und Christian Lüscher (FDP, GE). Es folgt eine Eintretensdebatte, in welcher die Fraktionen je 10 Minuten Redezeit haben. 

Vom Ständerat kommt ein Gegenvorschlag 

Im ersten Umgang hat der Nationalrat dank der Enthaltung der Grünen mit Stimmen von SVP und CVP der Initiative zugestimmt. Doch in der Wirtschaftskommission des Ständerates (WAK-S) lief die Initiative auf Grund. Die WAK-S verabschiedete einen Gegenvorschlag (vgl. Text unten) und empfahl die Initiative zur Ablehnung. Der Ständerat folgte seiner vorberatenden Kommission mit 38 zu 4 Stimmen sehr deutlich.

Die Wirtschaftskommission des Nationalrates beschloss mit grosser Mehrheit, sich dem Ständerat anzuschliessen. Für diese Kommissionsmehrheit sprechen am Dienstag die Nationalräte Beat Jans (SP, BS) und Christian Lüscher (FDP, GE). Stimmt der Nationalrat dem Gegenvorschlag des Ständerates zu und bestätigt er dies in der Schlussabstimmung, wird das Initiativekomitee rund um SBV-Präsident Markus Ritter die Initiative zurückziehen. Ueber den Gegenentwurf würde dann abgestimmt, voraussichtlich am 24. September 2017.

Drei Aenderungsanträge

Gleichzeitig liegen drei Abänderungsanträge vor: 

1) Nationalrat Marcel Dettling (SVP, SZ) will die einheimische Produktion betont haben. Er beantragt im Einleitungssatz die Ergänzung: «Zur Sicherstellung der Versorgung der Bevölkerung mit Lebensmitteln, INSBESONDERE AUS INLÄNDISCHER PRODUKTION, schafft der Bund Voraussetzungen für…» Die Schweizer Bauernfamilien müssten hier Klarheit haben, schreibt Dettling in der Begründung seines Einzelantrags, den die SVP unterstützen wird, wie sie in der Fraktion beschlossen hat.

2) Nationalrat Christian Wasserfallen (FDP, BE) will den Buchstaben e streichen («ressourcenschonenen Umgang mit Lebensmitteln»). Begründung liefert er in seinem Einzelantrag keine. Vermutlich fürchtet er als Liberaler Kampagnen gegen das Fleischessen, rote Ampeln auf ressourcenintensiven Produkten wie Butter oder für die Wirtschaft teure Vorschriften zur Vermeidung von Food Waste (Lebensmittelverschwendung).

3) Aus der Kommission stammt der Antrag der SVP, dass der Gegenentwurf des Ständerates um einen Buchstaben f ergänzt wird. Darin wird die wortgetreue Umsetzung von Artikel 121a der Bundesverfassung «Steuerung der Zuwanderung» gefordert. Das heisst, die vom Volk angenommene Initiative gegen die Masseneinwanderung soll umgesetzt werden, wie es die Verfassung verlangt: mit Höchstzahlen und Kontingen, mit einem Inländervorrang und mit einer selbstständigen Steuerung der Zuwanderung.

 

Der Initiativtext 

Die Bundesverfassung wird wie folgt geändert:

Art. 104a Ernährungssicherheit

1 Der Bund stärkt die Versorgung der Bevölkerung mit Lebensmitteln aus vielfältiger und nachhaltiger einheimischer Produktion; dazu trifft er wirksame Massnahmen insbesondere gegen den Verlust von Kulturland einschliesslich der Sömmerungsfläche und zur Umsetzung einer Qualitätsstrategie.

2 Er sorgt dafür, dass der administrative Aufwand in der Landwirtschaft gering ist und die Rechtssicherheit und eine angemessene Investitionssicherheit gewährleistet sind.

Art. 197 Ziff. 11 11. Übergangsbestimmung zu Art. 104a (Ernährungssicherheit) Der Bundesrat beantragt der Bundesversammlung spätestens zwei Jahre nach Annahme von Artikel 104a durch Volk und Stände entsprechende Gesetzesbestimmungen. 

 

 

 

Der Gegenvorschlag des Ständerats

Die Bundesverfassung wird wie folgt geändert:

Art. 104a Ernährungssicherheit 

 «Zur Sicherstellung der Versorgung der Bevölkerung mit Lebensmitteln schafft der Bund Voraussetzungen für: 

a) die Sicherung der Grundlagen für die landwirtschaftliche Produktion, insbesondere des Kulturlandes;

 b) eine standortangepasste und ressourceneffiziente Lebensmittelproduktion; 

c) eine auf den Markt ausgerichtete Land- und Ernährungswirtschaft; 

d) grenzüberschreitende Handelsbeziehungen, die zur nachhaltigen Land- und Ernährungswirtschaft beitragen;

 e) einen ressourcenschonenden Umgang mit Lebensmitteln.

 

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