Im «Radar Bulletin» des Bundesamts für Lebensmittelsicherheit und Veterinärwesen (BLV) werden Informationen zur internationalen Lage und Ausbreitung der bedeutendsten Tierseuchen und Tierkrankheiten, die für die Schweiz relevant sind, bewertet und zusammengestellt.
Im jüngsten Bulletin vom März wird die Situation bei der Afrikanischen Schweinepest (ASP) als gefährlich taxiert. Für die Schweiz wird das Risiko einer Einschleppung der ASP durch menschliche Aktivitäten als hoch eingestuft. Schweinehalter werden zur strikten Einhaltung von Biosicherheitsmassnahmen aufgerufen
Seuche kommt immer näher
Sollte die Krankheit in Schweinebetrieben ausbrechen, hat die massive Konsequenzen. Notschlachtungen wären die Folge. Der Vorstoss von Nationalrat Leo Müller (Mitte/LU) fordert finanzielle Massnahmen, sollte die Seuche grossflächig auftreten. Er will mit seiner Motion den Bundesrat beauftragen, für behördlich verordnete Schliessungen bzw. angeordnete Notschlachtungen von verseuchten Tierbeständen raschmöglichst eine Entschädigungslösung für die entstandenen Mehraufwände der jeweiligen Schlacht-, Zerlegungs-, Verarbeitungs- und Entsorgungsbetriebe zu schaffen.
Die Seuche rücke immer näher an die Schweiz heran, hält Müller in seinem Vorstoss fest: «Es stellt sich nicht mehr die Frage ob, sondern wann das ASP-Virus, das «nur» Wild- und Hausschweine befällt und für den Menschen unbedenklich ist, auch hierzulande auftritt.»
«Rückstau» von schlachtreifen Tieren
Ein Seuchenausbruch hätte für die Verarbeitungsbetrieb grosse Auswirkungen, warnt Müller. Behördliche Einschränkungen könnten rasch Mehraufwand bei der Fleischverarbeitung zur Folge haben und die Kosten dafür die Existenz der Betriebe gefährden. «Diese Betriebe müssen in solchen Fällen über eine gewisse Zeit geschlossen werden, da sie gereinigt, desinfiziert und neu aufbereitet werden müssen», sagte Müller im Rat. Es gehe um grosse Betriebe mit Klumpenrisiko, aber auch kleinere Betriebe, so Müller weiter. Bei Schliessungen könne es zu einem «Rückstau» von schlachtreifen Tieren führen. Dieser könne das Tierwohl gefährden.
«Mit Blick auf die potenzielle Gefahr von tierschutzrelevanten Tierstaus in den verbleibenden Schlachtbetrieben ist damit ein zu grosses und dadurch systemrelevantes Klumpenrisiko für den gesamten Sektor verbunden», schreibt Müller. Schäden an Tieren würden zwar vergütet, nicht aber die Ertragsausfälle für Betriebsunterbrüche. «Das ist eine Lücke, die es zu schliessen gilt», führte Müller aus. Für die Finanzierung schlägt er die Schaffung einer Entschädigungslösung vor. Ein Fonds lässt sich gemäss Müller aus den nicht zweckgebundenen Einnahmen der Versteigerung von Teilzollkontingenten bei der Fleischeinfuhr realisieren.
So stimmten die bäuerlichen Vertreter
Ja: Didier Calame (SVP/NE), Marcel Dettling (SVP/SZ), Sylvain Freymond (SVP/VD), Andreas Gafner (EDU/BE), Martin Haab (SVP/ZH), Alois Huber (SVP/AG), Martin Hübscher (SVP/ZH), Thomas Knutti (SVP/BE), Andreas Meier (Mitte/AG), Leo Müller (Mitte/LU), Jacques Nicolet (SVP/VD), Pierre-André Page (SVP/FR), Katja Riem (SVP/BE), Markus Ritter (Mitte/SG), Hans Jörg Rüegsegger (SVP/BE), Thomas Stettler (SVP/JU), Manuel Strupler (SVP/TG), Vroni Thalmann-Bieri (SVP/LU), Ernst Wandfluh (SVP/BE), Priska Wismer-Felder (Mitte/LU)
Nein: Kilian Baumann (Grüne/BE)
Nicht teilgenommen: Christine Badertscher (Grüne/BE)
Entschuldigt: Christine Bulliard-Marbach (Mitte/FR)
Bundesrat gegen Motion
Der Bundesrat lehnt den Vorstoss ab. Bund und Kantone könnten nicht alle unternehmerischen Risiken abdecken, schrieb er in seiner ablehnenden Stellungnahme. Bei einer branchenspezifischen Lösung für Schlacht-, Zerlegungs-, Verarbeitungs- und Entsorgungsbetriebe wären andere Betroffene wie die Tierhaltenden oder bei anderen Tierseuchenausbrüchen auch weitere Betroffene wie Milchverarbeitungs- oder Futtermittelherstellungsbetriebe) benachteiligt, weil dort solche Regelungen fehlten.
Gesundheitsministerin Elisabeth Baume-Schneider sagte, der Bundesrat wolle keine ungleiche Behandlung innerhalb der Branche. Eine knappe Mehrheit sah das anders. Der Nationalrat entschied sich mit 96 zu 89 Stimmen und mit zwei Enthaltungen für die Motion. Nun ist der Ständerat an der Reihe. Er hatte bereits 2022 eine Motion gleicher Stossrichtung angenommen.
Schweinepest
Die Afrikanische Schweinepest gehört zu den hochansteckenden Tierseuchen. Sie ist aber weit weniger ansteckend als etwa die Maul- und Klauenseuche oder die klassische Schweinepest. Allerdings verläuft sie bei mehr als 90 % der angesteckten Schweine tödlich.
Das Virus kommt im Blut, Kot, Urin, Speichel sowie in der Muskulatur und in den Organen eines erkrankten Tieres vor. Es kann im Fleisch, im Tierkadaver oder in der Umwelt lange überleben. Der Erreger wird durch direkten Tierkontakt übertragen. Der Erreger kann sich auch indirekt über Geräte und Transportfahrzeuge oder weggeworfene, erregerhaltige Fleischabfälle verbreiten. Für die Verschleppung der ASP über weite Distanzen sind meist menschliche Aktivitäten verantwortlich. Die Ausbreitung durch Wildschweine erfolgt nur langsam und über kurze Distanzen. Quelle: BLV
Symptome:
- Akuter Verlauf: Bei mehreren Tieren hohes Fieber, plötzliche Todesfälle, Blauverfärbung der Ohrspitzen und Extremitäten, Blutungen auf der Haut.
- Chronischer Verlauf: Bei mehreren Tieren unspezifische klinische Symptome wie Fieber, Kümmern, Durchfall, Aborte, schlechte Mastleistung, Hautrötungen und Blutungen, gehäufte Infektionen mit Tierverlusten im Bestand.