Der Schweizer Tierschutz will Bundesgelder für Fleischwerbung nicht untersagen. Er fordert aber, dass nur noch Werbung für Fleischprodukte von Tieren aus dem Tierwohlprogramm Raus finanziell gefördert wird. Eine Motion, dies das forderte, wurde vom Nationalrat versenkt.
Gemäss Artikel 12 Absatz 1 des Landwirtschaftsgesetzes (LWG) kann der Bund nationale oder regionale Massnahmen zur Förderung des Absatzes schweizerischer Landwirtschaftsprodukte im In- und Ausland mit Beiträgen unterstützen. Gemäss Agrarbericht wird die Fleischwerbung mit rund 5,75 Millionen Franken pro Jahr unterstützt.
1) Der Bund kann nationale oder regionale Massnahmen der Produzenten und Produzentinnen, der Verarbeiter oder des Handels zur Förderung des Absatzes schweizerischer Landwirtschaftsprodukte im In- und Ausland mit Beiträgen unterstützen.
2)Zu diesem Zweck kann er auch die Kommunikation zu den von der Landwirtschaft erbrachten gemeinwirtschaftlichen Leistungen unterstützen.
3) Er kann für die Koordination der unterstützten Massnahmen im In- und Ausland sorgen und namentlich ein gemeinsames Erscheinungsbild festlegen.
4)Der Bundesrat legt die Kriterien für die Verteilung der Mittel fest.
Absatz ankurbeln
Der Schweizer Tierschutz (STS) möchte hier Korrekturen anbringen. Er stört sich daran, dass in der Werbung Bilder von weidenden Tieren gezeigt werden. Den Konsumenten werde so eine «Schein-Idylle» vorgegaukelt. Viele Tiere hätte keinen Auslauf und keinen Weidegang.
Deshalb fordert der STS, dass nur noch Werbung für Fleischprodukte von Tieren aus Tierwohlprogrammen finanziell gefördert wird. Damit soll der stagnierende oder gar rückläufige Absatz von tierfreundlicherem Labelfleisch bekämpft werden.
Heute sei lediglich beim Tierwohlprogramm RAUS (Regelmässiger Auslauf im Freien) eine tiergerechtere Haltung garantiert. «Allerdings beträgt der RAUS-Anteil bei Schweinen nur 51 Prozent, bei Mastpoulets 8 Prozent. Von den 2021 in der Schweiz geschlachteten Tieren hatten über 70 Millionen Tiere keinen regelmässigen Auslauf», schreibt der STS.
Geld nur für Raus-Programm
Nationalrätin Marina Munz (SP/SH) wollte mit ihrer Motion «Fleischwerbung nur für Produkte der Tierwohlprogramme» die Forderung des Tierschutze umsetzen. Der Vorstoss soll den Bundesrat beauftragen, die Absatzförderung von tierischen Produkten auf Produkte von Tieren, die regelmässigen Auslauf im Sinne des RAUS-Programmes gehabt haben, zu beschränken.
«Mit der Beschränkung der Fördermassnahmen auf tierfreundlich produziertes Fleisch wird nicht der Fleischkonsum allgemein ankurbelt, sondern gezielt die Nachfrage nach tierfreundlich produzierten Produkten aus der Schweiz», hielt Munz in ihrem Vorstoss fest. Zudem würden die Staatsgelder für Fleischwerbung so eingesetzt, wie es den Konsumentinnen und Konsumenten in der Werbung vorgegaukelt wird.
Der Nationalrat wollte davon aber nicht wissen. Er lehnte den Vorstoss mit 70 Ja zu 100 Nein ab. Die Motion ist nun vom Tisch.
So stimmten die bäuerlichen Vertreter
Ja
Kilian Baumann (Grüne/BE)
Nein
Andreas Aebi (SVP/BE), Jacques Bourgeois (FDP/FR), Marcel Dettling (SVP/SZ), Esther Friedli (SVP/SG), Andreas Gafner (EDU/BE), Jean-Pierre Grin (SVP/VD), Martin Haab (SVP/ZH), Alois Huber (SVP/AG), Leo Müller (Mitte/LU), Jacques Nicolet (SVP/VD), Pierre-André Page (SVP/FR), Markus Ritter (Mitte/SG), Albert Rösti (SVP/BE), Manuel Strupler (SVP/TG), Erich von Siebenthal (SVP/BE), Priska Wismer-Felder (Mitte/LU)
Enthalten
Heinz Siegenthaler (Mitte/BE)
Nicht teilgenommen
Christine Badertscher (Grüne/BE), Christine Bulliard-Marbach (Mitte/FR)
Bundesrat: Nicht in Wettbewerb eingreifen
Auch der Bundesrat stellte sich gegen den Vorstoss. «Der Bundesrat ist der Meinung, dass mit den bestehenden Instrumenten im Bereich der Tierwohlprogramme gute Voraussetzungen dafür bestehen, dass sich die so erzeugten Produkte auch am Markt in Wert setzen lassen», schrieb er in seiner Antwort.
Es sei auch in der Verantwortung der Akteure der gesamten Wertschöpfungskette Fleisch und der Konsumentinnen und Konsumenten, die Absatzmöglichkeiten für besonders tiergerecht erzeugtes Schweizer Fleisch zu verbessern. «Hinzu kommt, dass «RAUS» heute nicht als Label am Markt auftritt. Vielmehr besteht im Marktsegment der Tierwohllabels, welche zum Teil «RAUS» als Voraussetzung vorschreiben, ein lebhafter Wettbewerb. Bei einer Konzentration der Absatzförderungsmittel «RAUS» hier eingreifen.», so die Landesregierung weiter.
STS: Marktversagen
Mit der Argumentation des Bundesrates kann der Tierschutz nicht viel anfangen. «Es ist genau nicht so, dass die bestehenden Instrumente im Bereich der Tierwohlprogramme gute Voraussetzungen schaffen», sagt Stefan Flückiger, STS-Geschäftsführer Agrarpolitik. «Der Absatz von tierfreundlich erzeugtem Labelfleisch ist ins Stocken geraten, sinkt sogar in verschiedenen Tierkategorien», führt er aus.
Konsumentinnen und Konsumenten seien durchaus bereit, einen höheren Preis für Labelfleisch zu zahlen. «Aber der hohe Preis kommt beim produzierenden Landwirt nicht an, wie eine Studie von Agroscope belegt. Die Grossverteiler erzielen ungleich höhere Margen bei Labelfleisch als beim konventionellen Schweizer Fleisch, geben diese allerdings nicht an die Produzenten weiter», kritisiert der Tierschutz. Der Aufpreis fliesse in die Kassen der Grossverteiler. Der STS spricht von einem Marktversagen.
Mit der Beschränkung der Absatzförderung auf tierfreundlich produziertes Fleisch werde gezielt die Nachfrage nach tierfreundlich erzeugten Produkten aus der Schweiz gefördert. «Dies ist im Sinne des Tierschutzes und der Botschaft zur Agrarpolitik AP 22+, in welcher der Bund tierfreundliche Haltung mit Weidegang vermehrt fördern will», so der Tierschutz weiter.
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