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Gemeinsamer Gendefekt von Braunvieh und Fleckvieh

Eine Genmutation führt zu Atemwegserkrankungen bei Kälbern. Forscher haben sie aufgespürt: In reinerbigem Zustand verändert sie den Aufbau der Flimmerhärchen der Atemwege – und zwar bei Braun- und Fleckvieh.

Susanne Meier |

 

 

Eine Genmutation führt zu Atemwegserkrankungen bei Kälbern. Forscher haben sie aufgespürt: In reinerbigem Zustand verändert sie den Aufbau der Flimmerhärchen der Atemwege – und zwar bei Braun- und Fleckvieh.

Gesunde Kälber sind für die Rinderzucht entscheidend. Verbreitete Rinderrassen in Süddeutschland, Österreich und der Schweiz sind Fleckvieh und Braunvieh. In beiden Rassen werden züchterisch interessante Tiere über das komplette Genom hinweg genotypisiert,   um ihre Erbanlagen zu erfassen. Auf diese Weise offenbaren sich individuelle Veränderungen, die zeigen, welche Anlagen ein Tier vererbt – sowohl positive als auch negative wie etwa genetisch bedingte Krankheiten.

Umfangreichste Analyse

So zum Beispiel Atemwegserkrankungen. Eine Veränderung auf Chromosom 19 ist verantwortlich für solche wiederkehrendenden Probleme mit den Atemwegen und dem frühen Tod von Kälbern. Die Veränderung auf Chromosom 19 wurde beim Braunvieh bereits vor einigen Jahren entdeckt. Jetzt wurde sie auch beim Fleckvieh vorgefunden.

«Es ist nun erstmals der Nachweis gelungen, dass die Genmutation wahrscheinlich bereits vor der Aufspaltung in die Rassen Braun- und Fleckvieh entstanden ist», sagt Hubert Pausch von der Technischen Universität München (D). Das von ihm koordinierte Team – dem auch das Kompetenzzentrum für Informatik & Genetik der Schweizer Zuchtorganisationen, die Arbeitsgemeinschaft österreichischer Rinderzüchter und die Rinderkliniken der Wiener und Züricher Universitäten angehörten – untersuchte die Genom-Sequenzen von 290 ausgewählten Tieren und damit mehrere tausend Gigabyte Daten. 

Kranke Kälber gesucht

Bei der Durchsicht der Genom-Datenbanken der Rinderzuchtverbände fiel dem Team von Pausch auf, dass die Mutation nahezu nie reinerbig zu finden war. «Wenn der Vater und die Mutter Träger der schadhaften Genvariante waren, war die Überlebenswahrscheinlichkeit der Nachkommen deutlich geringer. Reinerbige Nachkommen sind kurz nach der Geburt verendet und wurden somit auch nicht in die Genom-Datenbank aufgenommen.»

Um dennoch die Ursache für die hohe Kälbersterblichkeit aufzuklären, mussten die Forscher aber gerade die in den Datenbanken fehlenden reinerbigen Kälber untersuchen. Dafür galt es, die reinerbigen Tiere rechtzeitig, also unmittelbar nach der Geburt aufzuspüren und zu charakterisieren. «Diese zu finden, war nicht einfach», erinnert sich Pausch. Zwölf reinerbige Kälber konnten die Wissenschaftler letztlich ausfindig machen: Fünf wurden tot geboren, drei starben innerhalb von 30 Tagen und vier konnten an die Rinderkliniken nach Wien und Zürich gebracht werden.

Zuchtverbände schliessen Trägertiere aus

Diese vier Kälber waren deutlich untergewichtig und litten an wiederkehrenden Atemwegserkrankungen. Aufgrund der  Verschlechterung ihres Gesundheitszustandes mussten die Tiere nach wenigen Wochen eingeschläfert werden. Die pathologischen Untersuchungen zeigten Veränderungen am Aufbau der Flimmerhärchen in den Atemwegen.

Seit die Ergebnisse der Studie bekannt sind, schliessen die Zuchtverbände Trägertiere dieser Mutation von der Zucht aus. Hubert Pausch hält diese Entscheidung für «sehr radikal» und mittelfristig nicht praktikabel. Er gibt zu bedenken: «Jedes Individuum trägt schadhafte Gene in sich.» Für Pausch ist die Strategie der Zuchtverbände aber auch nachvollziehbar: «Ein Zuchtstier mit sehr guten Erbanlagen hat zwischen 10'000 und 100'000 Nachkommen, und rezessive Varianten wie etwa die Mutation auf Chromosom 19 können sich so rasch in der Population anreichern.»  

Keine Risikopaarungen

Pausch hält es für wesentlich ratsamer, eine Verpaarung mit Kühen zu vermeiden, die ebenfalls die Genmutation in sich tragen. Denn ein nicht reinerbiges (heterozygotes) Kalb, das nur eine Variante des schadhaften Gens in sich trägt, erkrankt nicht. Momentan werden weibliche Tiere allerdings nicht genotypisiert. Der TUM-Wissenschaftler erwartet hier aber eine baldige Änderung der bisherigen Erfassung.

Sobald auch weibliche Tiere flächendeckend genotypisiert sind, kann über genombasierte Anpaarungsstrategien verhindert werden, dass Anlageträger verpaart werden. So liessen sich züchterisch interessante Mutationsträger weiter  einsetzen, ohne dass reinerbige Nachkommen mit wiederkehrenden Atemwegserkrankungen geboren werden.

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