Der Riss des elf Monate alten Kalbes auf der Alp Ännetseeben in Glarus Süd wurde an Samstagmorgen vom Älpler gemeldet. Die Abklärungen der Wildhut haben ergeben, dass das Tier von einem oder mehreren Wölfen getötet und teilweise gefressen worden ist. Das Rind war 11 Monate alt und wog rund 250 Kilo.
«Weidetiere permanent gefährdet»
Die Alp befindet sich im Jagdbanngebiet Kärpf. Deshalb gehen die Behörden davon aus, dass die Wölfe zum Kärpfrudel gehören. Die restlichen 40 Kälber wurden in eine andere Weide gebracht. Der Glarner Bauernverband zeigt sich enttäuscht. «Was wir schon länger befürchtet haben, ist nun eingetroffen», heisst es in der Mitteilung. Eine weitere, «massive» Schwelle der Bedrohung der Nutztiere sei überschritten worden.
Alp Ännetseeben
Die Alp Ännetseeben liegt im ältesten Wildschutzgebiet Europas und ist zu Fuss oder mit der Luftseilbahn Kies-Mettmen erreichbar. Die Alp ist gemäss Angaben von Glarner Alpkäse AOP eine der grössten Alpen im Glarnerland und wird von der Familie Hefti mit vier Angestellten bewirtschaftet.
Die Alp ist in drei Stafel aufgeteilt und ist mit Strassen erschlossen. Die Weiden liegen zwischen 1400 und 1900 m ü.M. Meist verbringen 60 Milchkühe, 150 Rinder, 28 Schweine und 3 Ziegen den Sommer auf der Alp.
Der Bauernverband hat grosse Zweifel, dass der Kanton Glarus den «geforderten Ansprüchen für ein aktives Wolfsmanagement gerecht werden wird.» So habe er vor drei Jahren kommuniziert, dass ein Angriff auf Grossvieh unwahrscheinlich sei. Zudem hat der Kanton den Bauern gemäss Verband versprochen, dass bei einem Angriff rasch gehandelt wird. «Wir aber müssen ernüchtert und frustriert feststellen, dass nun offenbar auch bei uns sämtliche Weidetiere permanent gefährdet sind», heisst es in der Mitteilung. «Wichtige Informationen sind nicht oder nur mangelhaft vorhanden und es fehlt bisher auch der Wille, an diesen Umständen etwas zu ändern», hält der Bauernverband fest.
Kanton zu langsam
Dass der Kanton nun wohl zügig ein Abschussgesucht einreichen wird, stimmt den Bauernverband wenig optimistisch. Er verweist auf das Jahr 2022. Die Schadschwelle wurde im Mai erreicht. Bis zum Einreichen des Regulationsgesuches des Kärpfrudels sei der gesamte Sommer verstrichen, moniert der Verband.
Und er übt weitere scharfe Kritik: «Der Kanton ist nicht in der Lage, wichtige Arbeiten schneller zu erledigen, um innert weniger Tage ein Abschussgesuch beim Bund einzureichen.» So fehlten beispielsweise die erforderlichen Nachweise für die Schäden auf Mürtschen und dem Krauchtal vom Juni und Juli dieses Jahres.
Regierungsrat verweigert Gespräch
Nicht erfreut ist der Glarner Bauernverband auch über Regierungsrat Kaspar Becker. Dieser habe das Gespräch mit direkt betroffenen Landwirtinnen und Landwirten verweigert. Fragen bezüglich fairer Entschädigung von gerissenen und vermissten Tieren müssten mit den Tierhaltenden diskutiert werden. Jagdverwaltung und Regierung hätten zum Schutz der Weidetiere und der Alpwirtschaft nur das absolute Minimum unternommen. «Wir Tierhalter aber sind permanent in der Pflicht, die ständig steigenden Auflagen und Anforderungen 365 Tage im Jahr zu erfüllen», so der Verband.
Die Forderung der Bauern ist eindeutig: Noch während der Weidesaison müsse eingegriffen werden, um weitere Schäden zu verhindern.
Zwei Rudel
Im Kanton Glarus gibt es zwei Rudel. Das Kärpf-Rudel hat sich 2019 gebildet. 2020 gab es den ersten Nachwuchs. 2021 und 2022 hat es sich reproduziert. Auch für 2023 geht der Kanton davon aus, dass das Rudel Nachwuchs erhalten hat. 2023 hat das Schilt-Rudel im Raum Ennenda gemäss dem Kanton erstmals Nachwuchs erhalten. Das Rudel hat sich 2022 gebildet. Damit dürften im Kanton Glarus über 10 Wölfe leben.
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