Selenskyj hoffte auf eine Perspektive für die Ausfuhr von Getreide über die ukrainischen Häfen am Schwarzen Meer. «Die Welt weiss, dass die Sicherheit der Schwarzmeerhäfen der Schlüssel zu Frieden und Stabilität auf dem globalen Lebensmittelmarkt ist», sagte er im Vorfeld in einer Videoansprache in Kiew.
Angriffe verurteilt
Nach dem Treffen des neuen Nato-Ukraine-Rats hat Selenskyj den Vertretern der anderen Staaten für ihre Unterstützung gedankt. «Ich danke Ihnen allen für die substanzielle Arbeit», sagte er in seiner abendlichen Videoansprache am Mittwoch. Bei dem Treffen, um das er selbst kürzlich nach dem Ende des Getreide-Abkommens gebeten hatte, seien die jüngsten russischen Angriffe gegen ukrainische Häfen am Schwarzen Meer scharf verurteilt worden. Ausserdem seien Möglichkeiten diskutiert worden, mit denen die Sicherheit in der Region erhöht werden könnte.
Der Nato-Ukraine-Rat hatte vor zwei Wochen beim Nato-Gipfel in Litauen auf Ebene der Staats- und Regierungschefs erstmals getagt. Er traf sich nun auf Ebene der ständigen Vertreter der Mitgliedstaaten im Hauptquartier des Bündnisses. Russland hatte Mitte Juli seine Sicherheitsgarantien für ukrainische Agrarausfuhren über das Schwarze Meer zurückgezogen.
Russland will Beziehung zu Afrika stärken
Russland wiederum bereitete sich auf ein Gipfeltreffen mit afrikanischen Staaten ab Donnerstag in St. Petersburg vor. Viele arme Länder in Afrika leiden darunter, dass Getreide- und Düngerlieferungen aus der Ukraine und aus Russland wegen des Krieges ausfallen. Präsident Wladimir Putin kündigte einen Ausbau der russischen Zusammenarbeit mit Afrika an.
Russland wolle die Beziehungen mit Staaten des afrikanischen Kontinents ausbauen, schrieb Putin in einem Grussschreiben an die Teilnehmer des Gipfels von Staats- und Regierungschefs. Es solle eine engere Kooperation im Kampf für Ernährungssicherheit, gegen Armut und Klimawandel angestossen werden. «Afrika behauptet sich heute immer stärker in seiner Eigenschaft als einer der Pole einer sich formierenden multipolaren Welt», schrieb der Kremlchef. Er will den Gipfel einmal mehr als Forum für seine Kritik am Westen nutzen und auch zeigen, dass er trotz seines Angriffskrieges gegen die Ukraine nicht isoliert ist.
Häfen bombardiert
Seitdem hat die russische Armee nächtelang die Hafenstadt Odessa bombardiert, aber auch ukrainische Häfen an der Donau angegriffen, die als alternative Exportwege wichtig sind. Das Getreide-Abkommen hatte es der Ukraine seit Sommer 2022 ermöglicht, trotz des russischen Angriffskriegs fast 33 Millionen Tonnen Getreide und Lebensmittel über den Seeweg in andere Länder zu verkaufen.
Die russische Schwarzmeerflotte bringt sich nach Angaben britischer Militärs derweil für eine Blockade ukrainischer Häfen in Stellung. Das geht aus dem Geheimdienstbericht des Verteidigungsministeriums in London hervor. Demnach patrouilliert die moderne russische Korvette «Sergej Kotow» bereits auf der Route zwischen dem Bosporus und Odessa. Sie könnte Teil eines Marineverbandes werden, der Handelsschiffe auf dem Weg in die Ukraine abfangen soll.
EU: Könnten fast alle Ukraine-Getreideexporte abwickeln
EU-Agrarkommissar Janusz Wojciechowski meinte indes, nahezu das gesamte für den Export bestimmte ukrainische Getreide könnte über eigens von der EU und der Ukraine ausgebaute Handelswege laufen. «Wir sind bereit, über die Solidaritätsspuren fast alles zu exportieren, was die Ukraine braucht», sagte der Kommissar in Brüssel. Nach Angaben der EU-Kommission wurden im April 2,1 Millionen Tonnen, im Mai 3,4 Millionen Tonnen und im Juni 3 Millionen Tonnen Getreide über diese Wege exportiert. Der bisherige Höchststand lag im November 2022 bei 4,2 Millionen Tonnen.
Auch das Nachbarland Slowakei bietet dabei Unterstützung an, wie Landwirtschaftsminister Jozef Bires am Mittwoch sagte. Die fünf östlichen EU-Staaten Polen, Slowakei, Ungarn, Rumänien und Bulgarien lassen ukrainisches Getreide aber nur im Transit passieren. Ihre eigenen Märkte haben sie bis mindestens zum 15. September gesperrt und wollen die Sperre verlängern.