Gut fünf Monate nach dem Beginn des russischen Angriffskriegs ist das erste Schiff mit Getreide an Bord aus der Ukraine am Dienstag auf dem Weg in Richtung Türkei. Das lang geforderte Ende der Getreide-Blockade löste weltweit ein positives Echo aus. Auch die politische Führung in Kiew äusserte sich vorsichtig optimistisch.
Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj zeigte sich nach der Wiederaufnahme der Getreideexporte vorsichtig optimistisch, die globale Versorgungskrise lösen und die eigene Wirtschaft ankurbeln zu können. «Der Hafen hat begonnen zu arbeiten und dies ist ein positives Signal dafür, dass es eine Chance gibt, die Entwicklung der Nahrungsmittelkrise in der Welt zu stoppen», sagte Selenskyj am Montagabend in seiner täglichen Videobotschaft. Seinen Angaben nach warten 16 weitere Schiffe in den Häfen darauf, abgefertigt zu werden.
Selenskyj machte deutlich, dass die Umsetzung des Getreideabkommens, das ein Ende der russischen Seeblockade vorsieht, auch für die Ukraine von enormer Bedeutung ist. Es gehe nicht nur um Milliarden an Deviseneinnahmen. «Ungefähr eine halbe Million Ukrainer sind am Anbau der landwirtschaftlichen Exporterzeugnisse beteiligt, und wenn wir verwandte Industrien hinzufügen, dann sind das noch eine Million Arbeitsplätze zusätzlich», sagte er.
Ein Sprecher des russischen Militärs versicherte am Montagabend, dass Russland seine Verpflichtungen zur Umsetzung des Abkommens einhalten werde. Moskau habe alle Massnahmen ergriffen, um die Sicherheit des Schiffsverkehrs im Schwarzen Meer zu garantieren. Für die ukrainischen Häfen seien entsprechende Korridore geschaffen worden.
In New York begrüsste Aussenministerin Annalena Baerbock das Auslaufen des ersten Getreidefrachters als «kleine Geste der Humanität». Bundesagrarminister Cem Özdemir betonte indes die Notwendigkeit für den Ausbau alternativer Transportwege für Getreide aus der Ukraine. «Es geht um permanente Alternativen, nicht um temporäre», sagte der Grünen-Politiker am Dienstag der «Rheinischen Post». «Ich will die EU-Kommission dafür gewinnen, den Ausbau alternativer Exportrouten zu forcieren.» Die Ukraine dürfe in der Frage nicht weiter auf Russland angewiesen sein.