Der Nationalrat möchte, dass bei der Renaturierung der Gewässer die Interessen der Bauern höher gewichtet werden. Er hat am Dienstag eine Motion angenommen, mit welcher der Bundesrat beauftragt werden soll, die gesetzlichen Regeln anders umzusetzen.
Der Rat hiess die Motion seiner Raumplanungskommission mit 94 zu 89 Stimmen bei 3 Enthaltungen gut. Nun muss noch der Ständerat entscheiden. Die vom Bundesrat erlassene Verordnung zum revidierten Gewässerschutzgesetz stösst vor allem bei den Bauern auf Kritik. Auch die Kantone sind unzufrieden.
Es habe sich rasch gezeigt, dass die Verordnung zu Unsicherheiten und Unmut führe, sagte Daniel Fässler (CVP/AI) im Namen der Nationalratskommission. Es brauche flexiblere Regeln. Die Gegner argumentierten vergeblich, die Verordnung setze lediglich die Regeln um, welche das Parlament selbst beschlossen habe - als indirekten Gegenvorschlag zur Volksinitiative «Lebendiges Wasser» der Fischer.
Frühere Beschlüsse missachtet
Umweltministerin Doris Leuthard rief den Rat dazu auf, frühere Beschlüsse nicht rückgängig zu machen. Die Fischer hätten ihre Initiative im Vertrauen auf die Einhaltung parlamentarischer Versprechen zurückgezogen, gab sie zu bedenken. «Dieses Gesetz hat eine Geschichte.»
Neben der Initiative der Fischer hätten bei der Ausarbeitung des Gesetzes auch Hochwasserkatastrophen eine Rolle gespielt. Die von Bundesrat erlassene Verordnung entspreche exakt der parlamentarischen Diskussion. Über die nötige Breite des Gewässerraums etwa sei damals diskutiert worden.
Deal mit den Bauern
«Die Auswirkungen auf die Landwirtschaft waren bekannt», sagte Leuthard. Deshalb sei auch der Landwirtschaftskredit um 20 Millonen pro Jahr aufgestockt worden. «Das war der damalige Deal. Solche Deals können Sie nicht jedes Jahr wieder rückgängig machen.»
Verärgert zeigte sich auch Beat Jans (SP/BS). Beim Vollzug des Gesetzes gebe es noch offene Fragen, räumte er ein. Die Motion der Raumplanungskommission aber sei «ein Coup des Bauernverbandes und nichts anderes». Der Bauernverband behaupte, die Verordnung gehe über das Gesetz hinaus, und die Bauern würden Einbussen erleiden. Beides sei falsch, sagte Jans. Die Bauern könnten die Flächen nämlich als Ökoflächen anmelden und würden dann entschädigt.
Mehr Freiheiten für Kantone
Die Gegner der Motion befürchten, dass das Gleichgewicht zwischen Schutz und Nutzung der Gewässer wieder in Frage gestellt wird. Sagt auch der Ständerat Ja, muss der Bundesrat den Kantonen mehr Freiheiten einräumen.
Gemäss der Motion sollen die Kantone innerhalb des Baugebietes den Gewässerraum unter Abwägung der verschiedenen Interessen flexibel festlegen können. Geändert werden müsste zudem die Definition der extensiven Bewirtschaftung des Gewässerraumes.
Fischereiverband beharrt auf Pufferzonen
Der Schweizerische Fischerei-Verband stellt sich gegen eine solche Verwässerung. Der Bauernverband versuche, die Parlamentsbeschlüsse zu hintertreiben, kritisierte Verbandspräsident Roland Seiler an der Delegiertenversammlung. Das Fischsterben könne aber nur mit Pufferzonen zwischen Landwirtschaftsland und Gewässern vermindert werden.
Um ihrem Anliegen Nachdruck zu verschaffen, verabschiedeten die Delegierten eine Resolution. Darin beharren sie auf der Durchsetzung der extensiven Gestaltung und Bewirtschaftung des Gewässerraums. Die Initiative «Lebendiges Wasser» hatte der Verband 2006 lanciert.