Der Kampf der Fischer um den Gewässerschutz hat am Donnerstag einen Rückschlag erlitten. Der Nationalrat will die erst vor zwei Jahren erkämpften Regeln für den Gewässerraum bereits wieder lockern. Für die Fischer ist das inakzeptabel.
Das Ja des Nationalrates zur Motion von Leo Müller (CVP/LU), die minimale Breite des Gewässerraumes flexibel zu handhaben, ist für die Fischer ein Schlag ins Gesicht. «Die Folge ist ein totaler Vertrauensverlust ins Parlament», sagte Philipp Sicher, Geschäftsführer des Schweizerischen Fischerei-Verbandes der Nachrichtenagentur sda.
Seit 2011 in Kraft
Die Regeln des Gewässerschutzes sind seit 2011 in Kraft. Beschlossen hatte das Parlament sie als indirekten Gegenvorschlag zur Volksinitiative «Lebendiges Wasser» des Fischerei-Verbandes. Zentrales Element des Kompromisses war die Festlegung des Gewässerraumes.
Der Kompromiss bestand vor allem darin, dass nur 4000 der insgesamt 15'000 Kilometer stark verbauten Gewässer revitalisiert werden müssen. Dafür muss auch dort, wo nicht revitalisiert wird, der Gewässerraum für den Hochwasserschutz und die natürlichen Funktionen ausgeschieden werden.
Treu und Glauben verletzt
Mit der Zustimmung zur Motion von Leo Müller (CVP/LU) wird dieser Kompromiss nun zunichte gemacht. Sogar der Bundesrat hielt in seiner ablehnenden Antwort zur Motion fest: «Eine Änderung der gesetzlichen Bestimmungen würde den politischen Kompromiss unterlaufen.»
«Wir haben in Treu und Glauben mit dem gegenseitig ausgehandelten Kompromiss im Gegenvorschlag zur Initiative unser Anliegen zurückgezogen», erklärt Sicher und wirft dem Nationalrat vor, die Interessen der Landwirtschaft vor die Interessen des Gewässerschutzes zu stellen. «Das ist nicht akzeptabel». Sicher erinnert auch daran, dass die Landwirtschaft aufgrund des Kompromisses Kompetensationszahlungen erhielt. «Und nun wollen die Bauern den Fünfer und das Weggli, das Bundesgeld und ein abgeschwächtes Gewässerschutzgesetz.»
Referendum sicher
Der Nationalrat hiess die Motion mit 104 zu 82 Stimmen bei 4 Enthaltungen gegen den Willen des Bundesrates gut. Stimmt auch der Ständerat zu, wird der Bundesrat beauftragt, das Gesetz so zu ändern, dass die minimale Breite des Gewässerraumes unterschritten werden kann.
Für den Geschäftsführer des Fischerei-Verbandes ist daher klar, dass der Verband das Referendum ergreifen wird, sollte der Ständerat der Motion ebenfalls zustimmen.