Die Bundesämter für Raumentwicklung und für Landwirtschaft kritisieren öffentlich das Bundesamt für Umwelt (Bafu). Dass die Bundesämter hinter den Kulissen erbittert um Einfluss und Gelder rangeln, ist bekannt. Selten wird dies an die Öffentlichkeit getragen.
An der letzten Delegiertenversammlung des Schweizer Bauernverbands war dies jedoch der Fall. Maria Lezzi, Direktorin des Bundesamts für Raumentwicklung (ARE), sagte wörtlich: «Es ist ein offenes Geheimnis, dass wir nicht unbedingt nur glücklich sind mit den Gewässerschutzbestimmungen und deren Umsetzung in der Gewässerschutzverordnung.»
«Unföderalistisch»
Und dann zielte sie direkt auf das Bundesamt für Umwelt (Bafu): «Nicht zuletzt auch macht uns Schwierigkeiten, wie der Gewässerraum jetzt von unserem Schwesteramt einfach fixiert wird. Das entspricht nicht unseren Vorstellungen der föderalistischen Zusammenarbeit.» Damit gibt Lezzi dem Widerstand gegen die Gewässerschutzverordnung neue Nahrung.
Seit die neue Gewässerschutzverordnung am 1. Juni 2011 in Kraft getreten ist, rebellieren eine Vielzahl von Kantonen, bürgerlichen Politikern und Landwirtschaftsvertretern dagegen. Zehn Kantone, von Schwyz bis Bern, reichten Standesinitiativen ein, die Umweltkommission des Nationalrates lancierte eine Motion, die Nationalräte Leo Müller (CVP, LU) und Guy Parmelin (SVP, VD) leisten im Parlament mit eigenen Vorstössen Widerstand. Denn die Gewässerschutzverordnung macht nicht nur schweizweit exakte Vorgaben zur Grösse des Gewässerraums, sondern schreibt gleich auch vor, dass dort kein Dünger und keine Pflanzenschutzmittel ausgebracht werden dürfen.
«Uferschutz hat Appetit»
Auch im Bundesamt für Landwirtschaft (BLW) stören sich hohe Vertreter an den Extensivierungsbestrebungen des Bafu. Laut ihnen wollen die Umweltschützer das Kulturland mittlerweile stärker in Anspruch nehmen als die Baubehörden. BLW-Direktor Bernard Lehmann liess sich gegenüber dem «Schweizer Bauer» wie folgt zitieren: «Derzeit habe ich den Eindruck, dass der Appetit auf das Kulturland von bestimmten Umweltanliegen her, etwa für den Uferschutz, ebenso gross ist wie von denjenigen, die über die Ausscheidung von Bauland befinden.» Lehmann mahnte auch: «Wenn man den Boden aushungert, dauert es auch 30 Jahre, bis er wieder voll ertragsfähig ist.»
Was sagt das Bafu zu dieser Kritik? Nicht viel. Eliane Schmid, Sektionschefin Medien beim Bafu, verweist darauf, dass die Umsetzung der Gewässerschutzverordnung in Zusammenarbeit mit den kantonalen Bau-, Planungs-, Umwelt- und Landwirtschaftsdirektoren konkretisiert werde. Sie betont, dass das Bafu die gemeinsam und partnerschaftlich erarbeiteten Kompromisse umsetze.