Die Europäische Kommission will die am 15. Dezember auslaufende Zulassung des Pflanzenschutzmittelwirkstoffs Glyphosat zunächst um genau ein Jahr verlängern.
Über den Vorschlag werden die Mitgliedstaaten im Ständigen Ausschuss für Pflanzen, Tiere, Lebensmittel und Futtermittel (SCoPAFF) am 13. Oktober oder am 14. Oktober zu befinden haben. Der vor kurzem vorgelegte Entwurf basiert auf aktuellen Zulassungskriterien.
Der Wirkstoff Glyphosat wurde im Jahr 2001 mit qualifizierter mehrheitlicher Zustimmung der EU-Mitgliedstaaten genehmigt. Diese Genehmigung wurde 2017 für fünf Jahre bis zum Dezember 2022 erneuert.
«Ausreichend Zeit» für Neubewertung
Die Kommission will den Prüfbehörden «ausreichend Zeit» für eine Neubewertung geben. Die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) und die Europäische Chemikalienagentur (ECHA) hatten bereits im Mai dieses Jahres mitgeteilt, dass sie erst im Juli 2023 in der Lage seien, eine finale Stellungnahme an die Mitgliedstaaten und die EU-Kommission zu übermitteln.
Ursprünglich war eine Präsentation der Ergebnisse einer Neubewertung spätestens im Herbst dieses Jahres anvisiert worden. Diese Frist sei aufgrund der umfangreichen Rückmeldungen im Bewertungsprozess nicht einzuhalten, so die damalige Erklärung der EFSA. Derweil hatte die ECHA bereits im Zuge der neuen Risikobewertung in ihrer Ende Mai dieses Jahres vorgelegten Untersuchung klargestellt, dass die Einstufung von Glyphosat als krebserregend «nicht gerechtfertigt» sei.
Damit hatte die EU-Behörde in Helsinki ihre Einschätzung aus dem Jahr 2017 bestätigt, die mit zur Wiederzulassung von Glyphosat beigetragen hatte.
Wie wirkt Glyphosat?
Glyphosat wird durch alle grünen Pflanzenteile (nicht verholztes lebendes Pflanzengewebe wie Blätter und Stängel) aufgenommen. Glyphosat verteilt sich in der ganzen Pflanze und führt zu einem vollständigen Verwelken und Absterben der Pflanzen.
Der Wirkstoff ist nicht selektiv, das heisst er wirkt nicht nur im Unkraut, sondern auch in jeder getroffenen Kulturpflanze. Glyphosat kann daher nicht während des Wachstums von Kulturpflanzen angewendet werden, da es auch diese schädigen oder abtöten würde.
Ablehnung wird nicht erwartet
Im Weiteren kam die ECHAin diesem Jahr zu dem Schluss, dass die verfügbaren wissenschaftlichen Erkenntnisse nicht die Kriterien für eine Einstufung von Glyphosat als zielorganspezifische Toxizität oder mutagene beziehungsweise reproduktionstoxische Substanz erfüllen. Zudem sollte die bestehende Einstufung, wonach der Wirkstoff «schwere Augenschäden verursacht und für Wasserlebewesen giftig ist», beibehalten werden. Insgesamt rechnen Beobachter in Brüssel nicht damit, dass der Entwurf der Brüsseler Behörde über eine Verlängerung von einem Jahr abgelehnt wird.
Die EU-Ausschüsse der Bauernverbände (COPA) und ländlichen Genossenschaften (COGECA) erklärten gegenüber Agra-Europe, dass man die Entscheidung der Kommission, den Wirkstoff Glyphosat zunächst für ein Jahr zu verlängern, aufgrund der Verspätung durch die EFSA bei der Risikobewertung teile. Man hoffe nun auf eine Genehmigung vor dem 15. Dezember. Des Weiteren wurde seitens der beiden Dachverbände klargestellt, dass die Infragestellung des wissenschaftlich fundierten Entscheidungsprozesses zum einen negative Auswirkungen auf die Glaubwürdigkeit der EU-Behörden habe und zum anderen schädlich für den eigenen Sektor sei.