Für den Anbau von Waldstaudenroggen wird Daniel Böhler mit dem Innovationspreis Grand Prix Bio Suisse ausgezeichnet. Waldstaudenroggen ist ein robustes Brotgetreide, das auch wertvolles Futter liefert und den Boden lockert.
Angesichts des trockenen Herbstes sind der Waldstaudenroggen, der Alexandriner-, der Perser- und der einjährige Ackerklee erstaunlich schön aufgelaufen. Gesät hat Daniel Böhler sie gemeinsam Ende August. Nun sticht er in den Acker und greift in eine Erdscholle. Locker ist der Boden, fein krümelig, ein Regenwurm windet sich. «Ist das Wurzelbild nicht faszinierend?», fragt er.
Der Waldstaudenroggen hat ein kräftiges und feines Wurzelsystem, und überhaupt ist der Roggen ein Tiefwurzler. So hinterlässt der Waldstaudenroggen ein lockeres Saatbett, das sich gut für den Gemüseanbau eignet. Zum Beispiel für Speisekürbis, wie es Böhler auf einem seiner vier Waldstaudenroggenfelder plant. Auf 4 Hektaren wächst derzeit bei ihm dieser besondere Roggen.
«Es ist ein Ausprobieren»
Der Waldstaudenroggen oder Urroggen ist eine mehrjährige Kultur, die Körner des Getreide können im ersten oder im zweiten Jahr geernet werden. Das fasziniert Böhler. Im ersten Jahr könne man ihn als Viehfutter einsilieren, oder zugunsten des Bodenaufbaus auch nur mulchen – je nachdem, was die Parzelle brauche. Gemäht wird vor der Ährenbildung. «Wir müssen in Zukunft stärker auch an die Lebewesen denken, die im Boden leben», sagt Böhler, der den Familienbetrieb 1995 im Alter von 20 Jahren übernommen hat.
Als Agronom und Berater für reduzierte Bodenbearbeitung und extensive Weidemast am Forschungsinstitut für biologischen Landbau (FiBL) weiss er, wovon er spricht. Beim Waldstaudenroggen sei es im Moment ein Ausprobieren. Aktuell hat er zum Vergleich Waldstaudenroggen alleine und zusammen mit den drei genannten Kleearten gesät. Geplant ist, dass Alexandriner- und Perserklee erfrieren und sich der Roggen und der Ackerklee im nächsten Jahr durchsetzen für die Futterproduktion.
Alternative zu Brotweizen
Auf den Waldstaudenroggen ist Böhler im Internet gestossen. Er war für sich auf der Suche nach einer Alternative für den Brotweizen. Angesichts der gestiegenen Anforderungen an dessen Proteingehalt sind seine Ackerflächen zur Grenzertragslage geworden.
So bezog er von einem Demeterbetrieb in Österreich das Waldstaudenroggensaatgut, das er seither selbst vermehrt hat. Bei der ersten Körnerernte von 1500 kg war die Richemont-Fachschule der Hauptabnehmer, die den speziellen Roggen in Kursen einsetzte und ein Brotrezept entwickelte. Heuer gab es 3000 kg Körner, die bei ihm zu Hause lagern.
«Nicht nur Körner sehen»
«In Zusammenarbeit mit der Neuhof Bäckerei GmbH, welche ab Febraur in Schlieren ZH ist, und der Fredy's AG in Baden wollen wir Gebäcke mit Waldstaudenroggen auf den Markt bringen», so Böhler. Der Preis muss stimmen, denn der Ertrag ist beim Waldstaudenroggen mit 15–20 kg/a nur etwa ein Drittel so hoch wie beim heutigen Zuchtroggen. Dafür hat er Vorteile beim Gehalt an Ballaststoffen, Proteinen, Spurenelementen und B-Vitaminen und nicht zuletzt im Geschmack.
Auch die ganze Familie Böhler hat ausprobiert, was man mit den Körnern machen kann: Brote, Rogotto, Teigwaren. Das Preisgeld von Bio Suisse in der Höhe von 10000 Franken soll deshalb in die Verarbeitung investiert werden. Entscheidend ist für Böhler, dass der Waldstaudenroggen nicht auf die Körner reduziert wird. Ebenso wichtig sind ihm der Nutzen als gehaltvolles Viehfutter, als Gründünger und als Strohlieferant, wovon er angesichts des Tiefstreus in seinem Laufstall viel braucht, und eben: als Getreide, das die Bodenstruktur verbessert und Lebensraum für die Bodenlebewesen schafft.