Bio Weide-Beef ist gefragt, neue Produzenten werden gesucht. Wer beim Label neu einsteigen kann und was es an Futter, Tieren, Stall und Wissen dazu braucht, erfuhren Intessierte am FiBL-Kurs in Urnäsch AR.
Etwas ist klar: Für die Produktion von Bio Weide-Beef braucht es in erster Linie Gras. Und dieses ist in den Hügeln um Urnäsch AR reichlich vorhanden. So erstaunt es nicht, dass der Kurs «Bio Weide-Beef: Arbeitsaufwand reduzieren und die gewonnene Zeit neu einsetzen» auf dem Haldenhof von Ueli Mettler stattfand. Organisiert wurde er vom Forschungsinstitut für biologischen Landbau (FiBL), konkret von Bio-Weide-Beef-Pionier, FiBL-Berater und Biobauer Eric Meili.
Keine Überschüsse
«Wir führen dieses Jahr drei Kurse durch», sagte dieser gleich zu Beginn, denn noch suchen wir Biobauern, die Weide-Beef produzieren wollen.» Sobald dies nicht mehr der Fall sei, biete man auch keine Kurse mehr an. Überschüsse wolle man keine provozieren, fügte er mit Seitenblick auf den Milchmarkt an. Trotzdem: «Bio Weide-Beef ist ein interessanter Betriebszweig für Ackerbaubetriebe, denn der Arbeitsaufwand hält sich in Grenzen. Es stellt aber auch eine Option dar für Biomilchbauern, die ihren Stall den Tierschutzvorschriften anpassen müssten.» Diese könnten dank Weide-Beef ihre Kühe weiter nutzen.
Zwei Wege zum Ziel
Weniger klar als Gras als Futtergrundlage ist die Produktionsmethode. Hier haben die Bauern die Wahl: Entweder halten sie Mutterkühe und verkaufen deren Nachzucht als Weide-Beef. Oder sie kaufen abgetränkte Remonten aus der Milchviehhaltung zu und mästen diese aus – wobei mit «Mast» immer die Weide gemeint ist. Kälber selber abtränken ist für Meili keine gute Option, denn die Gefahr ist gross, dass Tränker beim Verstellen krank werden und Antibiotika brauchen. Ideal ist ein Gewicht von etwa 200kg beim Zukauf – auch wenn solche Tiere, zumal in Bioqualität, ziemlich teuer sind. Aus arbeitstechnischen Gründen und für die Fleischqualität (mehr Fett) sollten die Munikälber kastriert werden.
Je nach Futtergrundlage dauert es laut Meili 15 bis 24 Monate, bis ein Bio Weide-Beef schlachtreif ist: «Grundsätzlich erreicht man mit einer reinen Grasfütterung optimale Schlachtkörper. Je nach Grasqualität und Rassenintensität kann man aber kurz vor der Schlachtung noch einige Kilo Mais oder Getreide füttern.»
Heu auch im Sommer
Biobauer Ueli Mettler konnte diese Aussage voll und ganz bestätigen. Ohne ein Gramm Kraftfutter erreicht er bei seinen Weide-Beef-Tieren einen hohen Anteil C-Tiere. «Ich füttere auch im Sommer Heu im Stall», verriet er eines seiner Rezepte, «so habe ich nicht nur eine kontrollierte Fütterung auch in Regenperioden. Ich schone auch das Grünland und habe zudem genug Mist für die Wiesen.»
Über die Hälfte seiner Weide-Beef kauft Mettler als Remonten von Milchbetrieben zu, die übrigen stammen von den eigenen Mutterkühen. «Wenn ich die Qualität der Schlachtkörper weiter steigern wollte, müsste ich den Anteil zugekaufter Remonten mit Milchrassengenetik senken», so sein Fazit.
Auch bei zugekauften Remonten gilt: In jedem Fall müssen die Schlachttiere mindestens 50 Prozent Fleischrassenanteil aufweisen. «Am produktivsten sind natürlich Tiere mit 75 Prozent Fleischrassenanteil», sagte Meili aus seiner eigenen Erfahrung als Produzent. «Wenn man eine Kuh, MilchrasseAngus, mit einem Limousinstier belegt, hat man beim Kalb den doppelten Heterosiseffekt und das Maximum an Milch und Fleisch.» Abstammungszertifikate sind aber keine nötig. Die Haltung ist einfach, aber genau geregelt: Vorgeschrieben sind mindestens acht Stunden Weidegang pro Tag während der Vegetationsperiode (auch Nachtweide ist möglich, witterungsbedingte Ausnahmen sind erlaubt), täglich Auslauf im Winter und ein BTS-konformer Laufstall mit eingestreuter Liegefläche. «Gute Verlademöglichkeiten sind wichtig», lautete eine weitere Erkenntnis des Bauern Meili, «ich stelle zwei Tage vor dem Schlachttermin schon den Wagen hin und lege darin einige Maiswürfel aus. So gehen die Tiere selber rein und raus und werden am Schlachttag nicht gestresst.» Geschlachtet wird mit 500 bis 550kg Lebendgewicht, entsprechend 270 bis 300kg Schlachtgewicht (mindestens 220, höchstens 330kg). Maximal zwei Schaufeln sind erlaubt.
Fünf Vermarkter
Auch nach der Schlachtung ist beim Label alles geregelt. Die Vermarktung übernehmen die Linus Silvestri AG, die Fidelio Biofreiland AG, die Pro Beef GmbH, die Beef Pool Management GmbH und die IPS Kuvag. Sie sind alle Mitglied in der IG Bio Weide-Beef – zusammen mit allen Produzenten, für die eine Mitgliedschaft ebenfalls bindend ist. «Pflicht ist für alle Produzenten auch ein Zusammenarbeitsvertrag mit uns oder einem anderen Vermarkter», ergänzte Linus Silvestri am Weide-Beef-Kurs. «Die Migros legt jährliche Abnahmemengen fest, und wir machen darauf basierend eine Mengensteuerung für unsere 300 Bio-Weide-Beef-Mäster.» Wer die Preise im Griff haben wolle, müsse auch die Mengen im Griff haben, warnte der Vermarkter – mit einem Seitenblick auf die Milchbauern und mit dem Wissen, dass die Weide-Beef-Produzenten so schnell nicht in dieselbe Situation geraten werden.
FiBL-Merkblatt Bio Weide-Beef online herunterladen: www.bioaktuell.ch, Rubrik Tierhaltung. Weitere Infos sind auch unter www.bioweidebeef.ch zu finden