In den 1990er-Jahren kehrte der Wolf in die Schweiz zurück. Seither nimmt der Bestand laufend zu. Die Population wurde Mitte Juni 2023 vom Bundesrat auf 250 Wölfe und 26 Rudel beziffert.
Risse 2022 verdoppelt
Besonders gut sind offenbar die Lebensbedingungen im Kanton Graubünden. Gemäss dem Amt für Jagd und Fischerei lebten Ende 2022 zehn Wolfsrudel auf Kantonsgebiet sowie zwei weitere Rudel an der Kantonsgrenze und im angrenzenden Kanton respektive Ausland. Der Bestand in Graubünden wurde auf mindestens 94 Individuen geschätzt.
In den vergangenen Monaten und Jahren gab es eine Vielzahl an Nutztierrissen. Wie der Kanton im Februar 2023 bekannt gab, wurden 2022 insgesamt 517 Nutztiere in Zusammenhang mit 150 bestätigten Wolfsangriffen entschädigt. Es handelte sich um 497 Schafe, 13 Ziegen, 6 Rinderartige und ein Lama. «Damit haben sich die Nutztierschäden gegenüber dem Vorjahr verdoppelt. Erstmals wurden dabei ein Lama sowie zwei ausgewachsene Mutterkühe gerissen», hielt der Kanton fest. 2021 wurden 239 Schafe und Ziegen sowie Rinderartige getötet.
Wölfin mit Schrott beschossen
Im vergangenen Jahr wurden mehrere Wölfe zum Abschuss freigegeben und erlegt. In Graubünden wurden die geschützten Wölfe auch schon illegal erlegt.
Im März 2016 wurde auf dem Gemeindegebiet von Sils i.D. ein Kadaver eines Wolfes entdeckt.
Das Raubtier starb an den Folgen mehrerer Schrottschüsse. Anfang 2014 war bei Tamins, am Fusse des Calandamassivs, ein Wolf tot aufgefunden worden. Das Tier wurde angeschossen und hat tagelang gelitten. Täter konnten in beiden Fällen keine ermittelt werden.
Wie nun SRF News berichtet, wurden seit 2020 weitere drei Tiere illegal beschossen.
Ins Rollen brachte die Fälle der Naturfotograf Peter Dettling. Er hat einen achtseitigen Bericht publiziert, in welchem er von «massiver Widlerei» in der Surselva spricht. Ein Fall soll sich im Januar 2020 zugetragen haben.
In der Nacht auf den 1. Januar 2020 wurde bei Bonaduz ein weibliches Tier von einem Zug erfasst
. Gemäss Dettling wurde die Wölfin F53 des Beverinrudels zuvor mit Schrot angeschossen. Diesen Sachverhalt bestätigt Arno Puorger vom Amt für Jagd und Fischerei: «Die Wölfin wurde für die Untersuchung nach Bern geschickt. Dort stellte sich heraus, dass vor dem RhB-Unfall ein Beschuss mit Schrot stattgefunden hat», sagte er zum Regionaljournal Graubünden.
Zwei Tiere des Wannaspitz-Rudels
Und der Kanton hat gemäss SRF zwei weitere Fälle von versuchter Wilderei entdeckt.
Anfang Oktober 2022 erlegte die Wildhut hat in Lugnez im Bündner Oberland einen Jungwolf erlegt.
Es handelte sich um ein Weibchen des Wannaspitz-Rudels. Untersuchungen haben ergeben, dass die Jungwölfin einige Tage zuvor illegal beschossen wurde.
Einige Monate zuvor, im März 2022, erlegte die Wildhut auf dem Gebiet der Gemeinde Vals einen verletzten Wolf.
Es handelte sich hierbei um den Leitwolf des Wannaspitz-Rudels. Wie Puorger gegenüber SRF sagte, seien die Verletzungen möglicherweise auf einen Beschuss zurückzuführen.
Kritik an Informationspolitik
Naturfotograf Peter Dettling kritisiert gegenüber «SRF» die Informationspolitik des Kantons: «Insgesamt wird sehr wenig kommuniziert.» Gemäss Dettling findet hier «potenziell Wilderei in grossem Massstab statt». Deshalb sei er aktiv geworden. Er beschäftigt sich nach eigenen Angaben bereits seit 20 Jahren mit dem Wolf, Wilderei sei immer ein Thema.
Puorger hält fest, dass man aufgrund der laufenden Ermittlungen zugewartet habe. Eine Veröffentlichung der beiden Fälle von versuchter Wilderei sei auf den nächsten Quartalsbericht geplant. Das Jagdamt hat gemäss einem Bericht der «Südostschweiz» bei der Kantonspolizei Graubünden zwei Anzeigen gegen unbekannt eingereicht. Beide Strafanzeigen sind gemäss Puorger noch offen. Anita Senti von der Kantonspolizei Graubünden bestätigt, dass die zwei Anzeigen eingegangen seien. «Die Ermittlungen sind im Gang», sagte die Leiterin Kommunikation zur Zeitung.